Seit 1987 vergibt der Verband Österreichischer Volkshochschulen alle zwei Jahre den Ludo-Hartmann-Preis und den Ludo-Hartmann-Förderungspreis für herausragende Arbeiten im Interesse der österreichischen Volkshochschulen. Bis zum Jahr 2013 erhielten insgesamt 42 Personen den Preis, und zwar für theoretische und praxisbezogene Arbeiten.
Doch wer ist Ludo Moritz Hartmann, nach dem der Preis benannt wurde?
Hartmann, dessen Todestag sich 2014 zum 90. Mal jährte, war einer der bedeutendsten Wegbereiter und Funktionäre der österreichischen Volkshochschulen. Er setzte sich mit ganzer Person für eine wissenschaftszentrierte Volksbildung ein und forderte sowohl in der Forschung als auch in der Wissensvermittlung einen möglichst objektiven Zugang, den er selbst in beiden Tätigkeitsbereichen konsequent einhielt.
Ludo Moritz Hartmann an seinem Schreibtisch in der Deutsch-Österreichischen Gesandtschaft in Berlin.
Quelle: Österreichisches Volkshochschularchiv
Mit der Gründung der ersten Abendvolkshochschule auf dem europäischen Festland schuf Hartmann ein prototypisches Modell für die Entstehung weiterer Volkshochschulvereine und -gebäude in Europa. Darüber hinaus war Hartmann auch politisch aktiv – als sozialdemokratischer Bildungsreformer, Publizist und als außerordentlicher Gesandter Deutschösterreichs in Berlin (1918–1920).
Hartmann wurde am 2. März 1865 in Stuttgart geboren und erfuhr als Sohn des 1848-er Revolutionsdichters Moritz Hartmann eine Erziehung im Geiste aufklärerisch-sozialreformerischer Ideen. Nach seinem Studium bei Theodor Mommsen in Berlin habilitierte er sich 1889 schließlich an der Universität Wien für römische und mittelalterliche Geschichte.
Über seine Tätigkeit als Universitätslehrer hinaus trat er mit großem persönlichen Einsatz für die Einrichtung von Volksbildungseinrichtungen auf Basis moderner Bildungsmethoden ein: So initiierte er im Wiener Volksbildungsverein, dessen Vorstand er ab 8. April 1889 angehörte, die sogenannten „Sonntagsvorträge“, an denen er selbst ab 1890 als Vortragender mitwirkte. In seiner organisatorischen Funktion im Vortragsausschuss des Wiener Volksbildungsvereins regte Hartmann an, die bis dahin üblichen Einzelvorträge in ein System aufeinanderfolgender Kurse überzuführen. 1890 fanden erstmals sieben „Unterrichtscurse“ (mit sechs bis 32 Einheiten) statt. Zwar musste dieses Vortragsangebot wegen Geldmangels eingestellt werden, doch wurden nach dem Modell dieser Unterrichtskurse, die ihr Vorbild in den extra-muralen Studienlehrgängen in England hatten, einige Jahre später – nach einer Eingabe 1893 durch Emil Reich und Ludo Moritz Hartmann an der Universität Wien – die „Volkstümlichen Universitätskurse“ eingerichtet. Diese Vortragsreihen sollten eine systematische, intensive Beschäftigung mit den verschiedensten Wissensgebieten in aufeinander aufbauenden Vorträgen ermöglichen. Ab 1895 wurden Vorträge von Universitätslektoren außerhalb der Mauern der Universität gehalten. Hartmann war im Ausschuss für volkstümliche Universitätsvorträge an der Universität Wien und als Sekretär für die Organisation der Universitätskurse zuständig. Zwecks Verstetigung des Bildungsangebotes und der Schaffung regelmäßiger Zusammenkünfte an einem fixen Ort griff Hartmann die Anregung von Hörer/innen der volkstümlichen Universitätskurse nach einem intensivierten Bildungserwerb auf, und initiierte die Gründung einer eigenständigen „Volksuniversität“. Am 24. Februar 1901 wurde der Verein Volkshochschule „Volksheim“ Ottakring gegründet und bereits am 5. November 1905 konnte das Volkshochschulgebäude mit Bibliothek, Lesesaal, „Fachgruppen“ und mit Laboratorien und Studienräumen feierlich eröffnet werden.
Für Frauen war bis 1918 das Studium an Universitäten nur eingeschränkt zugänglich. Der „Verein für Abhaltung wissenschaftlicher Lehrkurse für Frauen und Mädchen – Athenäum“ (inoffiziell als Frauenhochschule bezeichnet), an dessen Gründung Hartmann im Jahr 1900 beteiligt war, eröffnete Frauen außerhalb der Universität bereits zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt den Zugang auf dem Gebiet der Natur- und Staatswissenschaften.
Hartmann sprach sich für eine parteipolitisch und konfessionell neutrale Volksbildung aus, das heißt, er lehnte jegliche „weltanschauliche“ und ideologische Einflussnahme auf die Bildungsarbeit ab, auch wenn dies den Verzicht auf Subventionen zur Folge haben konnte. Über die Arbeit an den Volkshochschulen hinaus setzte sich Hartmann im Verein „Freie Schule“ für die Trennung von Schulunterricht und Religion im staatlichen Bildungswesen ein.
Für die Volkshochschularbeit bezeichnete Hartmann drei Voraussetzungen als unabdingbar: die Elementarbildung der Teilnehmer/innen, ein qualifiziertes Lehrpersonal (in Forschung und Vermittlung) sowie private Subventionen. Volksbildung sollte mit modernsten Unterrichtsmitteln und modernster Ausstattung (z. B. Laboratorien) betrieben werden. Volksbibliotheken und Vorträge bildeten hierbei eine einander ergänzende Einheit. Die Vermittlung auch komplexen Wissens ermögliche den Lehrenden, so Hartmann, Anschaulichkeit und Verständlichkeit des Vortrags zu erlernen und von der Hörerschaft Rückmeldung auf die eigenen Forschungsergebnisse zu erhalten.
Hartmann vereinte in sich den Intellektuellen mit dem tatkräftigen Bildungsreformer und Organisator, der auch Mäzene für die Volksbildung zu gewinnen vermochte. Er war bestrebt, der Bevölkerung – insbesondere der Arbeiterschaft – Zugang zu Wissenschaft, Kunst und Literatur zu ermöglichen. Hartmanns Maxime lautete: „Denken lehren und lernen“ – auf diesem Weg sollten die Menschen Klarheit auch in weltanschaulichen und politischen Fragen abseits des bloßen Meinens entwickeln. Gemäß seinem Leitspruch „Dem ganzen Volk die Wahrheit, dem Volk die ganze Wahrheit!“ sollten die Bildungsaktivitäten den Menschen auf ihrem Weg von der Fremd- zur Selbstbestimmung und von der Unmündigkeit zur Mündigkeit unterstützen.
Ludo Moritz Hartmann verstarb am 14. November 1924 in Wien. //
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