Grundbildung für Alle!

Seit der PIAAC-Studie1 der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wissen wir relativ genau, wie viele Menschen in Österreich niedrige Kompetenz im Bereich des sinnerfassenden Lesens, der Alltagsmathematik und des Problemlösens mit Computer und Internet haben. Hierbei handelt es sich um grundlegende Kulturtechniken, deren Niveau sich auf die Beschäftigungsfähigkeit, auf die Teilhabe an Gesellschaft, auf die Akzeptanz von Demokratie aber auch auf die soziale Einbettung und auf die eigene Gesundheit und das Gesundheitsbewusstsein auswirkt.

Hierzulande sind nicht weniger als 970 tausend Menschen von niedrigen Lesekompetenzen betroffenen, 811 tausend Personen verfügen nur über geringe alltagsmathematische Fertigkeiten und 879 tausend Menschen haben ungenügende Computerkenntnisse. Rund 640 tausend Menschen befinden sich in allen drei getesteten Domänen auf einer niedrigen Stufe.

Diese Befunde geben wichtige Begründungen für die „Initiative Erwachsenenbildung“ ab, welche die kostenfreie Basisbildung und den ebenfalls kostenfreien erwachsenengerechten Pflichtschulabschluss beinhaltet. Das Ziel der „Initiative Erwachsenenbildung“ ist es daher, Voraussetzungen für die „Teilnahme an den gesellschaftlichen, kulturellen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen“ zu schaffen sowie „allen Menschen eine chancengerechte Teilhabe an der Wissensgesellschaft zu ermöglichen und jede Einzelne bzw. jeden Einzelnen zu befähigen, die Veränderungsprozesse des eigenen Lebensumfeldes aktiv mitzugestalten“2 .

Für die beiden Programme im Rahmen der Initiative wurde die Zielgruppengröße berechnet: 243.000 Personen für die Basisbildung und rund 220.000 Personen für den Pflichtschulabschluss.3 Die Zielgruppengrößen variieren nach Bundesländern, Bedarfe gibt es allerdings in allen Bundesländern und insgesamt können wir im Rahmen der „Initiative Erwachsenenbildung“ von 463.000 Personen für beide Programmbereiche ausgehen, die Bedarf an Höherqualifizierung haben. In der ersten Programmperiode von 2012 bis 2014 haben rund 21.000 Personen an beiden Maßnahmen teilgenommen.4 Für die zweite Periode 2015 bis 2017 liegen naturgemäß noch keine Zahlen vor, wir gehen von einer Verdoppelung der Kursplätze aus. Demnach werden bis Ende 2017 rund 63.000 Personen an den Maßnahmen der Initiative Erwachsenenbildung teilgenommen haben. Das wären dann rund 14 Prozent der gesamten Zielgruppe, die in sechs Jahren die Programme absolviert hätte. Um den Bedarf zu decken wären bei gleichbleibender Anzahl von Kursplätzen weitere 42 Jahre notwendig. Der neu entstehende Bedarf ist allerdings noch nicht berücksichtigt.

Es wird daher dringend notwendig sein, die für die „Initiative Erwachsenenbildung“ benötigten Mittel deutlich anzuheben und Lehrkräfte auszubilden, damit der Bedarf in überschaubarer Zeit wenigstens einigermaßen bedeckt werden kann.

Übrigens: Die Initiative Erwachsenenbildung ist ein gutes Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Forschung zur Entwicklung von Programmen eingesetzt werden kann. Es wäre an der Zeit, auch Bildungsangebote auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung und Erkenntnisse weiter zu entwickeln.

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Im Schwerpunkt dieser Ausgabe der ÖVH (Die Österreichische Volkshochschule) wird das Thema „Digitale Kompetenz und Medienkompetenz“ behandelt. In einem grundlegenden Beitrag von Peter Baumgartner et al. wird der Frage nachgegangen, warum beide Kompetenzen als gleichwertig zu betrachten sind. Ein konkretes Beispiel, wie die Umsetzung erfolgen kann, wird aus den Vereinigten Staaten gebracht, in einem weiteren Beitrag wird die Umsetzung im Unterricht mit Erwachsenen diskutiert. Dem Verständnis der verwendeten Begriffe und der dahinter liegenden Inhalte widmet sich ebenfalls ein eigener Beitrag.

Von der VÖV-Hauptversammlung werden zwei grundlegende Referate abgedruckt, eines zum Thema „digitales Lernen“ sowie die Grundsatzrede des VÖV-Präsidenten zur Demokratiebildung. 

Programme for the International Assessment of Adult Competencies.

Siehe Programmplanungsdokument Initiative Erwachsenenbildung 2015–2017, S. 16. Verfügbar unter: https://www.initiative-erwachsenenbildung.at/fileadmin/docs/PPD_2015-2017_Stand_11_12_2015.pdf [22.11.2016].

Im Detail siehe:  Steiner, Mario &  Vogtenhuber, Stefan (2014): Grundlagenanalysen für die Initiative Erwachsenenbildung. Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) Wien im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur. Verfügbar unter:  https://www.initiative-erwachsenenbildung.at/fileadmin/docs/BLI-PPD-Grundlagenanalysen-end.pdf  [22.11.2016].

Stoppacher, Peter &  Edler, Marina (unter Mitarbeit von Karin Reinbacher-Fahrner) (2014): Evaluation der ersten Periode der Initiative Erwachsenenbildung. Institut für Arbeitsmarktbetreuung und Forschung, Graz. Im Auftrag der neun Bundesländer und des Bundesministeriums für Bildung und Frauen. https://www.initiative-erwachsenenbildung.at/fileadmin/docs/Evaluation_Abschlussbericht.pdf [22.11.2016].

Bisovsky, Gerhard (2016): Grundbildung für Alle! In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. November 2016, Heft 259/67. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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