Mit der Weiterentwicklung der Volkshochschularbeit steht die Statistik vor der Herausforderung, neue Tätigkeitsbereiche zu erfassen, aber auch Fragestellungen aufzugeben, die an Bedeutung verloren haben oder deren Relevanz in Frage gestellt wird.
Lange Jahre konzentrierte sich die statistische Erhebung auf den Kursbetrieb in Volkshochschulen, nachdem der Bereich der Einzelveranstaltungen (Vorträge etc.) an Bedeutung verloren hat. Seit der letzten Erhebung zum Arbeitsjahr 2012/13 werden die Einzelveranstaltungen wieder – wie die Kurse – nach Fachbereichen getrennt erfasst. Weitere Änderungen in den letzten Jahren betreffen die Erfassung der Volkshochschularbeit im Bereich der Bildungsberatung, die Erhebung von Projekten und Publikationen, und im Bereich der Fachbereiche wurden zusätzliche Differenzierungen vorgenommen. So werden beispielsweise Basisbildungskurse gesondert als Teil des Fachbereichs 2, Grundbildung und Zweiter Bildungsweg, erfasst. Den Trend hin zu einer verstärkten Abschlussorientierung im Bereich der Erwachsenenbildung wurde durch eine differenzierte Erfassung von Zertifikatskursen Rechnung getragen.
Insgesamt entwickelt sich die Volkshochschulstatistik also hin zu einer breiteren Erfassung der Tätigkeit ihrer Einrichtungen, während im Hinblick auf die Differenziertheit von Bereichen kaum Abstriche gemacht wurden. In Bezug auf letzteres sei hier nur das Aufgeben der Erhebung der sozialen Struktur der TeilnehmerInnen (genauer: Teilnahmen) im Kursbereich hingewiesen. Hier hat sich gezeigt, dass die verwendeten Erhebungskategorien (z.B.: ArbeiterInnen, Angestellte, etc.) nur mehr in beschränktem Ausmaß dazu genutzt werden konnten, brauchbare Analysen über den sozialen Hintergrund der Lernenden bereit zu stellen. Als Alternative dazu wurde vom Verband Österreichischer Volkshochschulen eine bundesweite Befragung der TeilnehmerInnen in Auftrag gegeben, die erstmals im Herbstsemester 2013/14 vom Market-Institut durchgeführt wurde. Vorausgesetzt, es findet eine sorgfältige Erarbeitung der Fragestellungen statt, kann dieses Mittel der Stichprobenbefragung durchaus auch als Alternative zu einer immer weiteren Differenzierung der Volkshochschulstatistik gesehen werden, die aufgrund der zunehmenden Komplexität und des damit verbundenen Erhebungsaufwandes an ihre Grenzen stößt.
In diesem Zusammenhang sei auf die zeitliche und räumliche Dimensionen der Volkshochschulstatistik hingewiesen: Einer der technisch ambitioniertesten Teile des vor über zehn Jahren gestarteten Projektes Knowledgebase Erwachsenenbildung (www.adulteducation.at) war die Gestaltung des Umstiegs auf eine EDV-gestützte statistische Erhebung und Auswertung. Dieser Umstieg hat sich als wesentlicher Motor bei der Weiterentwicklung der Volkshochschulstatistik erwiesen. Heute kann zentral auf Leistungsdaten nahezu sämtlicher Volkshochschulen in Österreich zugegriffen werden. Zudem stehen mit dem entwickelten technischen Auswertungsinstrumentarium einfache Möglichkeiten zur Verfügung, Leistungsdaten in ihrer zeitlichen Entwicklung darzustellen.
Der Nutzen der Volkshochschulstatistik
Angesichts der Fülle an Daten, auf die zurückgegriffen werden kann, stellt sich zunehmend die Frage des strategischen Nutzens dieser Informationen für die pädagogische Planung, für die Weiterentwicklung des Kursprogrammes und der Volkshochschulen insgesamt im Wettbewerb mit anderen Anbietern. Die Auswahl und Darstellung von Daten, ohne von einer erdrückenden Überfülle überfordert zu werden, kann dabei nur gelingen, wenn gezielte Fragestellungen an die Statistik herangetragen werden. Welche Daten sind von Interesse, welche Vergleichszeiträume und welche räumliche Gliederung soll herangezogen werden?
Neue Erkenntnisse aus der Volkshochschulstatistik: Einzelveranstaltungen
Für die Statistik 2014 (sie bezieht sich auf das Arbeitsjahr 2012/13) wurden erstmals seit über zehn Jahren wieder die Einzelveranstaltungen nach Fachbereichen getrennt erhoben. Dabei wurde das Fachbereichsschema, das im Kursbereich verwendet wird, herangezogen. Zwar geschah diese Erhebung noch auf freiwilliger Basis, die Umstellung ist in vielen Bundesländern aber relativ reibungslos verlaufen. Mit der aktuellen Statistik 2015 kann damit erstmals wieder ein zeitlicher Vergleich angestellt werden.
Insgesamt fanden 2013/14 10.573 Einzelveranstaltungen mit 283.607 BesucherInnen statt (im Vergleich dazu die Zahlen aus dem Kursbereich: 45.781 Kurse, 480.732 Teilnahmen). Dabei können über 90 Prozent der Einzelveranstaltungen und Besuche einzelnen Fachbereichen zugeordnet werden.
Inhaltlich bietet die Erhebung ein erstaunlich neues Bild der Volkshochschularbeit, weichen die Daten doch wesentlich vom Ergebnis im Kursbereich ab. Beispielsweise entfallen im Kursbetrieb der Volkshochschulen nur ein Prozent der Teilnahmen auf den Fachbereich Naturwissenschaft, Technik und Umwelt, während er im Bereich der Einzelveranstaltungen mit 38 Prozent der Besuche den zweiten Platz einnimmt. (Mit 2.400 Veranstaltungen und 95.000 Besuchen hat die Astronomie Wien einen großen Teil zu diesem Ergebnis beigetragen). Die Teilnahmen im Fachbereich Politik, Gesellschaft und Kultur machen im Kursbereich 6,4 Prozent der Teilnahmen aus, im Bereich der Einzelveranstaltungen 39 Prozent der Besuche.
Besuche bei Einzelveranstaltungen nach Fachbereichen im Arbeitsjahr 2013/14
Quelle: www.adulteducation.at; Knowledgebase Erwachsenenbildung
Bildungsberatung
Bildungsberatung hat in den letzten Jahren einen großen Stellenwert in der Erwachsenenbildung bekommen. Die systematische Bündelung der unterschiedlichen regionalen Anbieter für Berufs- und Bildungsberatung kann durchaus als einer der zentralen gelungenen Bausteine in der Weiterentwicklung des lebensbegleitenden Lernens angesehen werden. Auch das seit 2011 erscheinende Online-Magazin „Bildungsberatung im Fokus“1 zeugt von dieser Entwicklung.
Darüber hinaus darf aber nicht übersehen werden, dass Bildungsberatung immer schon ein integraler Bestandteil der Arbeit in der Erwachsenenbildung vor Ort war. Diese vielfach und vor allem bei kleinen Einrichtungen auch „nebenbei“ und meist informell erbrachten Leistungen in ihrem Umfang zu erfassen, stellt nach wie vor eine Herausforderung für die Volkshochschulstatistik dar. Trotzdem oder gerade deshalb haben sich die Volkshochschulen 2008 auf eine differenzierte Erfassung ihrer Tätigkeit in der Bildungsberatung verständigt. So wird zwischen umfangreicher Bildungsberatung, der Beratung zur Information und Orientierung (Kurzberatung) und E-Mail-Beratung unterschieden. Zusätzlich wird zwischen Beratung, die auf das VHS-Angebot abzielt und institutionenübergreifender Beratung, sowie zwischen Geschlechtern differenziert. Insgesamt ist für die Erfassung vor Ort vor allem wichtig, Bildungsberatung von allgemeinen Auskünften und Kursberatungen abzugrenzen. Angesichts der Schwierigkeiten der Erfassung, auf die hingewiesen wurde, sollen die folgenden Zahlen daher vor allem als Größenordnungen verstanden werden: So wurden in der aktuellen Statistik im Bereich der ausführlichen Bildungsberatung rund 60.000 Beratungsfälle, bei der Kurzberatung 75.000 Beratungsfälle und in der E-Mail-Beratung 30.000 Beratungsfälle erfasst.
Trends im Kursbereich
Der Kurs ist nach wie vor die vorherrschende Veranstaltungsform im Bildungsangebot der Volkshochschulen: rund 45.000 Kurse mit 480.000 Teilnahmen. Veränderungen und Trends lassen sich mit einem Blick in die einzelnen Fachbereiche ausmachen. Im Folgenden wird versucht Entwicklungen anhand der Teilnahmezahlen in den Fachbereichen zu skizzieren:
- Politik, Gesellschaft und Kultur (33.000 Teilnahmen, 7 Prozent Teilnahmenanteil, Angaben i.d.F. gekürzt, beziehen sich auf die Erhebung 2015): Der erste Fachbereich entwickelt sich stabil. Der Fachbereich spielt bei den Einzelveranstaltungen eine große Rolle.
- Grundbildung und Zweiter Bildungsweg (44.000, 9 Prozent): Der Fachbereich hat sich in den letzten sieben Erhebungsperioden verdoppelt und weist als einziger Fachbereich eine ungebrochene Steigerung, teilweise im zweistelligen Prozentbereich auf.
- Naturwissenschaft, Technik und Umwelt (4.500, 1 Prozent). Der kleinste Fachbereich hat insbesondere in den letzten Jahren wieder Zuwächse zu verzeichnen. Die Zahlen im Bereich der Einzelveranstaltungen zeigen aber, dass es nicht an einem prinzipiellen Interesse mangelt. Der Kurs als Veranstaltungsformat in diesem Fachbereich kann sich aber nach wie vor nicht im größeren Maßstab etablieren.
- Berufliche und berufsorientierte Bildung (20.000, 4 Prozent): Der Fachbereich hatte in den letzten fünf Jahren eine fallende Tendenz aufzuweisen. Ob die Erholung bei der letzten Erhebung auf eine Trendumkehr hinweist, werden die folgenden Jahre zeigen. Mehr als die Hälfte der Teilnahmen entfällt auf EDV.
- Sprachen (120.000, 25 Prozent): Insgesamt ist dieser zweitstärkste Fachbereich, gemessen an den Teilnahmen, relativ stabil, wenngleich zu beobachten ist, dass die Nachfrage im Fremdsprachenlernen seit zehn Jahren eine negative Tendenz aufweist. Ausgeglichen wird der Rückgang durch die kontinuierliche Zunahme des Angebots im Bereich der Deutschkurse.
- Kreativität und Gestalten (53.000, 11 Prozent): Wie in der beruflichen Bildung, sehen wir auch hier eine kontinuierliche negative Entwicklung mit einem leichten Aufwärtstrend in der letzten Erhebung.
- Gesundheit und Bewegung (200.000, 43 Prozent): Der teilnahmenstärkste Fachbereich war in den letzten Jahren hauptverantwortlich für die relative Stabilität der Teilnahmen in Volkshochschulkursen insgesamt. Seit zehn Jahren war eine ungebrochene Zunahme zu beobachten, der in der Statistik 2013 mit 220.000 Teilnahmen vielleicht einen Höhepunkt erreicht hat. In den letzten zwei Erhebungen wurde ein Rückgang der Teilnahmen gemeldet. Der Entwicklung in diesem Fachbereich wird daher wohl einige Aufmerksamkeit geschenkt werden müssen. Es ist zu vermuten, dass mit neuen Anbietern, deren Angebote sich vor allem an ein weibliches Publikum richten, eine zusätzliche Konkurrenz zum Kursangebot in Volkshochschulen entstanden ist. //
Quelle: Knowledgebase Erwachsenenbildung,
www.adulteducation.at, eigene Berechnung
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