Carl Naughton: Die Kraft der Neugier. Länger leben, leichter leisten, lustvoller lernen.

Carl Naughton: Die Kraft der Neugier. Länger leben, leichter leisten, lustvoller lernen.
Berlin: Econ 2024, 255 Seiten.

Neugier hat einen Bildungsauftrag. In „neugierfreundlichen Gesellschaften“ sollte lebenslanges Lernen zu einer Lebensweise werden. Carl Naughton, deutsch-amerikanischer Arbeits- und Wirtschaftspsychologe, Neugierforscher, „Umdenkpionier“ sowie erfolgreicher Journalist und Autor, lässt Leserinnen und Leser nicht lange warten. Schon in der Einleitung formuliert er überzeugt: Neugier, „der persönliche und emotionale Ausdruck eines Wunsches, Ignoranz zu beseitigen“ (S. 13), erfordert Aufmerksamkeit und Anerkennung gegenüber anderen Menschen – „eine lebendige Öffentlichkeit“. Der Autor listet auf, warum Neugier auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zurzeit besondere Beachtung gebührt.

Eine „neugierfreundliche Gesellschaft“ sollte:

  • in ein Bildungssystem investieren, das mehr offene Fragen bezüglich realer Probleme – „Bessere Städte gestalten? Gutes Leben führen?“ – stellt, schülergesteuertes Lernen forciert und Kreativität herausfordert;
  • Arbeitsplätze als Orte verstehen, an denen Fragen nicht als lästig, sondern als innovative Kraft empfunden werden;
  • Regierungen und öffentliche Politik als Anreger sehen, damit ihre Bürger*innen in allen Bereichen des Gemeinwesens (u. a. Gesundheit, Verkehr) kooperative Lösungen und neue Denkweisen entfalten;
  • Medien verlangsamen – „slow journalism“ –, um mittels gründlicher Recherchen reflektierte Auseinandersetzungen zu ermöglichen;
  • eine Kultur fördern, die Vielfalt und Ambiguität, kritisches Denken und Infragestellen von Traditionellem mittels unterschiedlicher Kunst-Aktivitäten erleben lässt;
  • im Hinblick auf die Umwelt, Nachhaltigkeit durch Neugier erreichen, indem wir neu denken, wie „wir im Einklang mit dem Planeten“ (S. 25) (über-)leben können.

Seine Recherchen zum „Innovationsmotor Neugier“ gliedert der Autor in vier Abschnitte.

Kapitel 1 umfasst „Neugier im Alltag“. Neugier kann als Mittel gegen die Angst, beurteilt zu werden oder Negatives im gesundheitlichen Bereich beziehungsweise andere kritische Rückmeldungen zu hören, wirken. Gegen solche Strategien der Vermeidung (FOFO – Fear Of Finding Out) setzt der Autor auf positive Effekte. Neugier kann anregen, Freundschaften zu retten, Lebensfreude zu bringen sowie nicht zuletzt, Ungewissheiten und Krisen zu überwinden.

Wie auch in den folgenden Kapiteln sichert Carl Naughton seine Aussagen mit wissenschaftlichen Studien ab und bleibt durch viele Beispiele, Hinweise und auch Selbsttests sehr praxisbezogen und lebensnah.

Kapitel 2 verbindet „Neugier mit Leidenschaft“. Die aktuelle Forschung zeigt Neugier in ihrer Komplexität, in ihren unterschiedlichen Dimensionen und in ihren verschiedenen Typen. Die Differenzierungen sollen helfen, das individuelle Potenzial Neugier besser zu stärken. 

In Kapitel 3, „Neugier im Beruf“, stellt der Autor anhand aktueller Forschungen Zusammenhänge zwischen neugierigen Menschen und ihrer höheren „geistigen und emotionalen Geschicklichkeit“ her. Konkrete Vorschläge bietet Carl Naughton für das Erstellen von Lehrmaterialien, die Neugier und Interesse wecken sollen: vielfältige Komplexität einbauen, Verstehbarkeit gewährleisten, Neuheit und Relevanz betonen. Neugier, bestätigt Carl Naughton, ist übrigens kein Privileg der Jugend. Nur, junge Erwachsene befriedigen sie eher mit Interaktionen, ältere eher passiv, lesend. Neugierige Menschen, interpretiert der Autor verschiedene Studien, erweisen sich als gewissenhafter, nicht nur an Neuem interessiert, „sie wollen es auch verstehen“ (S. 185). Wo Neugier nicht beantwortet wird, warnt Carl Naughton, kann das am Arbeitsplatz zu Einsamkeit und Leistungsabfall führen. 

„Neugier im Unternehmertum“, Kapitel 4, beantwortet die Frage, wie Neugier gefördert werden kann, um in Organisationen innovativ zu wirken. Antworten gehen u. a. in folgende Richtung: Entdeckerfreude und Anpassungstoleranz pflegen, erfahrene, schon länger beschäftigte Mitarbeiter*innen unterstützen, sich neu zu positionieren, starre Hierarchien lockern, Gleichgültigkeit vermeiden, Partizipation praktizieren. Insgesamt zeigt das Kapitel, wie „neugierorientierte Führung“ zum Erfolg beitragen kann. 

Das Buch erklärt „Neugier“ als individuelles, unternehmerisches und gesellschaftliches Lernprojekt, als Motiv für lebensbegleitenden Anreiz, um Interesse an der „Welt“ zu äußern sowie sich individuell und in sozialem Kontext kontinuierlich weiterzubilden.

Neugier, kann man die Publikation von Carl Naughton resümieren, erhöht die Chancen für lösungsorientiertes Denken, Verstehen und Handeln. Wertendes Urteilen über Absichten und Ziele der mittels Neugier gefundenen Möglichkeiten menschlichen Handelns wird im Buch nicht erörtert. Nicht alles, was möglich erscheint, ist auch sinnvoll, zu realisieren, sollten uns unser historisches Bewusstsein und unsere Lebenserfahrungen mahnend nahelegen. Diesbezügliche Fragen und Antworten bleiben einem kritischen Lesepublikum vorbehalten.

Das Buch eignet sich generell in der Erwachsenenbildung für Planungen zum didaktischen Design für Lehre und Lehrmaterial sowie deshalb auch für die Professionalisierung. Es ist speziell geeignet in berufsbezogenen Kursen sowie für die Fortbildung von Führungskräften. //

Lenz, Werner (2025): Carl Naughton: Die Kraft der Neugier. Länger leben, leichter leisten, lustvoller lernen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Frühjahr 2025, Heft 284/76. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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