Im vergangenen Jahr ist es den Volkshochschulen gelungen, vermehrt ort- und zeitnahe Orientierungs- und Bildungsangebote für Asylsuchende, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Österreich zu schaffen und somit den Grundstein für ein eigenverantwortliches Handeln im persönlichen, sozialen und beruflichen Umfeld zu ermöglichen. Gleichzeitig wurden Maßnahmen gesetzt, um auch die Mehrheitsbevölkerung für diese neue Situation und die damit verbundenen Fragen zu sensibilisieren und in ihrer Handlungsfähigkeit zu unterstützen.
Im Schwerpunkt dieser Ausgabe haben wir Artikel zusammengestellt, die das Thema „Flucht – Migration – Bildung“ aus verschiedenen, in anderen Medien vielleicht noch nicht so umfassend dargestellten Perspektiven und Aspekten beleuchten: wiederkehrende Merkmale des Phänomens Flucht, Flucht aus historischem Blickwinkel, Dolmetschen im Bereich Asyl- und Fremdenwesen, Empfehlungen zu rassismuskritischer Sprache und aktuelle weltweite Zahlen und Hintergrundinformationen zum Thema Flucht. All diesen Artikeln zugrunde liegt das Ansinnen, eine möglichst umfassende Sichtweise zu erlangen, um den gegenwärtigen und (möglichst weitblickend) auch zukünftigen Herausforderungen mit geeigneten Angeboten und Maßnahmen zu begegnen.
Anknüpfend daran finden sich im Bereich „aus der Praxis“ einige Good-Practice-Beispiele der letzten Monate, welche die sehr intensive Arbeit der Volkshochschulen in diesem Bereich dokumentieren und auch zeigen, wo bereits positive Impulse gesetzt werden konnten.
Im Folgenden sollen die wichtigsten Aufgabenbereiche kurz zusammengefasst und beleuchtet werden:1
1. Ausbau der Sprachförderangebote, Orientierungskurse zum Zusammenleben in Österreich
Ausreichende Sprachkenntnisse zählen zu den wichtigsten Integrationsvoraussetzungen. Hierzu gehört selbstverständlich der Ausbau von unterschiedlichsten Angeboten der Landessprache Deutsch. Neben der teilweise notwendigen Alphabetisierung in lateinischer Schrift sollte zumindest ein Erreichen des Sprachniveaus A2 nach dem „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen“ (GER) ermöglicht werden.
Integraler Bestandteil der Sprachförderangebote sind Themen, die sich mit dem Zusammenleben in Österreich befassen und Orientierung zur österreichischen Kultur und Gesellschaft geben. Dabei geht es auch um die Vermittlung europäischer Werte und Fragen zur österreichischen Gesellschaftsordnung.
Im letzten Jahr konnten unter der Ägide der Volkshochschulen nicht nur Kurse, sondern auch niederschwellige Angebote wie Lernhilfe für Personen, die eine Schule bzw. einen Kurs besuchen, Unterstützungen für selbstorganisierte Lerngruppen mit ehrenamtlichen Unterrichtenden, Lern- und Konversationsräumen, Arbeitsmaterialien oder etwa Lesepatenschaften ins Leben gerufen werden.
Die entsprechenden Qualifikationen, fachlichen Kompetenzen und Ausbildungen der Unterrichtenden sind neben deren persönlichem Engagement insbesondere im Zweit- und Fremdsprachenunterricht die wichtigste Grundvoraussetzung für gelungenen Unterricht. Diesbezügliche Aus- und Weiterbildungen für Kursleitende wurden im vergangenen Jahr ebenfalls ausgebaut und vermehrt von den TrainerInnen genutzt.
2. Kompetenzchecks und Kursmaßnahmen zur beruflichen Integration
Einen immer höheren Stellenwert erhalten berufsspezifische Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, sowie Beratungs- und Coaching-Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene. In diesem Bereich ist vor allem darauf zu achten, Personen mit ihren spezifischen Begabungen, Kompetenzen und ihrem Vorwissen entsprechend zu fördern. Die Volkshochschulen führen auch Validierungsverfahren durch (bzw. sind an solchen beteiligt), welche die vielfältigen Kompetenzen der Menschen sichtbar und beruflich anrechenbar machen. Dabei sind auch funktionierende Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Schul- und Ausbildungsangeboten einerseits und zwischen diesen und den beruflichen Anforderungen andererseits entscheidend.
3. Deutschkurse für Personen in Grundversorgung
Die Volkshochschulen kooperieren eng mit Hilfsorganisationen wie Caritas oder Diakonie und staatlichen Stellen, um den Bedarf der Ehrenamtlichen zu ermitteln und diese direkt ansprechen zu können.
Der Einsatz und das Engagement von Freiwilligen sind in Krisenzeiten besonders gefragt und in derartigen Ausnahmesituationen auch angebracht, da der Ad-hoc-Bedarf nicht nur von qualifizierten Fachkräften gedeckt werden kann. In diversen Unterstützungsmaßnahmen, wie etwa einem Einführungsworkshop oder einem Online-Ressourcen-Pool2, werden freiwillige HelferInnen von der Volkshochschule auf ihre Arbeit mit den Flüchtlingen vorbereitet bzw. dabei von ExpertInnen unterstützt. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Ehrenamtliche, die bedarfsgerecht für Personen in der Grundversorgung sprachliche und gesellschaftliche Orientierung anbieten, in denen die ersten wichtigsten Informationen zum Leben in Österreich vermittelt werden.
4. Zusammenleben und Werte: maßgeschneiderte Integrationsprojekte vor Ort
Die Volkshochschulen führen in den Regionen und vor Ort Integrationsprojekte durch, die ein respektvolles Zusammenleben fördern. Dabei wird lokal und regional mit vielen Stakeholdern, MultiplikatorInnen und Communities zusammengearbeitet.
5. Basisbildung und Bildungsabschlüsse
Angebote im Bereich Basisbildung und das Ermöglichen von Bildungsabschlüssen sind in den letzten Jahren zu einem weiteren wichtigen Aufgabengebiet der Volkshochschulen geworden und erhalten durch den Zustrom unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen zusätzlichen Stellenwert.
Die Volkshochschulen führen zahlreiche Maßnahmen durch, die Personen mit Migrationshintergrund, Asylsuchende und Asylberechtigte sowie subsidiär Schutzberechtigte unterstützen und weiterqualifizieren, wobei gleichzeitig die ansässige Bevölkerung in den Prozess integriert wird. Und auch die Aus- und Weiterbildung von Unterrichtenden in diesem Bereich (wie etwa die fachspezifische Erstausbildung für BasisbildnerInnen) steht im Fokus unserer Bildungsarbeit.
Um den sozialen Zusammenhalt sicherzustellen, sind im Bereich der Erwachsenenbildung Maßnahmen zu fördern, welche die Integration neuer Bevölkerungsgruppen gewährleisten, das Zusammenleben vor Ort unterstützen und einen vorurteilsfreien Umgang miteinander ermöglichen. Für diese Aufgaben sind ausreichend Mittel von öffentlicher Seite zur Verfügung zu stellen. //
Kommentare