Maren Urner: Raus aus der ewigen Dauerkrise. Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen.

Maren Urner: Raus aus der ewigen Dauerkrise. Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen.
München: Droemer Verlag 2021, 281 Seiten.

Freundlich aber bestimmt liest sich einleitend: „Die Veränderung und die Rettung beginnt bei uns.“ Die Autorin, Hochschulprofessorin in Köln für Medienpsychologie mit neurowissenschaftlicher Expertise, spricht „uns“ direkt an. „Wir“ leben in Krisen, meint die Autorin, weil wir nicht merken, dass die Krisen – Flüchtlinge, Klima, Finanzen – längst dauerhafte Zustände geworden sind. In die Krise „rutscht“ man, aber Zustände können „wir“ aktiv mitgestalten. Wie? Mit „neuem Denken“ – denn wozu haben wir ein Gehirn! Aber auch mit einer Methode, die Maren Urner propagiert: „Alles nur in deinem Kopf“, also damit beginnen, sich von den vielen Ablenkungen zu befreien und zu fragen: „Worum geht es wirklich?“ Das ist die zentrale Frage im ersten Teil des Buches. 

Die Autorin unterscheidet drei Formen von Krisen. Die erste bezeichnet sie als „persönliche Krise“, die sich in der Suche nach Glück äußert. Drei Irrtümer dabei sind: Geld löst alle Probleme; erreichtes Glück ist eine unveränderbare Insel; Glück ist etwas Einmaliges und Intensives – im Gegenteil, meint Maren Urner. Die oftmalige Frequenz kleiner Freuden im Alltag erhöht das Glücksempfinden. 

Zweitens konstatiert sie eine „wissenschaftliche Krise“. Sie ist ebenfalls von Irrungen gekennzeichnet durch den Wunsch nach Objektivität, dem Verwechseln von Meinungen und Fakten – das Recht auf eigene Meinung wird mit dem Recht auf eigene Fakten verwechselt. Schließlich wird fälschlicherweise Emotionalität von Rationalität getrennt.

Die dritte Form umfasst „gesellschaftliche Krisen“. Diese begründen sich im Lagerdenken. „Wir“ gegen „die anderen“. Wir wissen nicht, was uns wirklich gut tut; und meistens wissen wir auch nicht, dass wir das nicht wissen.

Neues, dynamisches Denken ist notwendig, das von der Vorstellung von „In-Groups“ und dem Ausschluss „der anderen“ wegführt. Krisen, schlägt die Autorin vor, sind als Wendepunkte zu verstehen. Deshalb ruft sie im dritten Teil ihres Buches auf, vom statischen zum dynamischen Denken zu finden. „Was kann ich tun?“, lautet die Kernfrage in diesem Abschnitt. Ein Plädoyer für dynamisches Denken wird vorgetragen. Wir verändern uns ständig, wir sind ein Abbild unseres bisherigen Austauschs mit unserer Umgebung und können uns stets in viele Richtungen entwickeln. Dynamisches Denken hilft, versichert die Autorin, bessere Fragen zu stellen, das Lagerdenken zu überwinden und „neue Geschichten“ zu ­erzählen.

Drei Chancen, die wir handelnd wahrhaben können, benennt Maren Urner:

– kooperieren, einem übertriebenen Individualismus abschwören und vom intensiveren Austauch profitieren;

– die Fähigkeit der Selbstreflexion nutzen – vor dem Hintergrund der einzigen Sicherheit, dass es keine Sicherheit gibt;

– eine offene und wohlwollende Kommunikation führen, mit der Bereitschaft, andere anzuhören und gegen den Drang, nur die eigene Position durchzusetzen.

Mutig dynamisch zu denken, bedeutet nicht nur zu hoffen, sondern aktiv die Welt mitzugestalten. Zu beachten gilt, dass wir als soziale Wesen in ständiger Wechselwirkung mit unserer Umwelt stehen. Die Autorin entlässt „uns“ mit einer Frage (S. 252): „Wie können wir Strukturen schaffen, die es jedem Individuum besonders einfach machen, gesund und glücklich zu leben?“

Das Buch ist wohl bewusst Leserin und Leser „ansprechend“ verfasst. Es popularisiert wissenschaftliche Erkenntnisse, verpackt einige Aussagen in Form von Rezepten (alles in Dreier-Schritte konzipiert) und bemüht sich, didaktisch strukturiert um die Aufmerksamkeit der Lesenden.

Inhalte und didaktische Vermittlung empfehlen das Buch zur individuellen Lektüre sowie für Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung, die die gemeinsame soziale Gestaltung des Daseins unterstützen wollen. //

Lenz, Werner (2021): Maren Urner: Raus aus der ewigen Dauerkrise. Mit dem Denken von morgen die Probleme von heute lösen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2021, Heft 274/72. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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