Für empirische Forschung ist die Erwachsenenbildung ein, wenn auch noch immer mit vielen weißen Flecken durchsetztes, vertrautes Gelände. Das war, wie im gesamten Bildungsbereich, nicht immer so. Ausgewiesener Wendepunkt für die Akzeptanz empirischer Forschung war die sogenannte „realistische Wende“ in den 1960er-Jahren – durch Begriffe wie Qualifikation, Curriculum, später auch „evidence-based-policy“ charakterisiert. Empirische Grundlagen galten auch als Voraussetzung, so dachten (und denken?) zumindest emanzipatorisch gesinnte BildungsarbeiterInnen, gleichberechtigten Zugang zum Bildungswesen zu eröffnen.
Die Begriffe Bildung, Erwachsenenbildung und Volksbildung wurden abgelöst: Lernen, Weiterlernen, Training, Lifelong Learning traten an ihre Stelle und repräsentieren eine Epoche der internationalen Ökonomisierung von Bildung. Historisch gesehen hat im letzten halben Jahrhundert ein Wandel von einer geistes- zu einer sozialwissenschaftlichen Analyse und Betrachtung von (Erwachsenen)Bildung stattgefunden. Forschung, die Entscheidungen stützt, wie und in welchem Ausmaß in Bildung zu investieren ist – auf internationaler Ebene besonders von der OECD befördert – und welchen „Wert“ solche Investitionen für Individuen und Gesellschaft bringen, hat sich in dieser Zeit, sie wird heute mit Neoliberalismus bezeichnet, etabliert.
Mit zunehmender Verwissenschaftlichung und Akademisierung ist es selbstverständlich geworden, in den Sozialberufen wissenschaftliche Ergebnisse interpretieren und bewerten zu können, aber auch in akademischen Abschlussarbeiten oder in praxisorientierter Forschung ein entsprechendes wissenschaftliches Instrumentarium anzuwenden. Es ist inzwischen nicht mehr möglich, Ausbildungs- und Studiengänge zu absolvieren, ohne sozialwissenschaftliche Methoden zu erlernen und zu erproben.
Allerdings hat der Einsatz formalwissenschaftlicher Methodik teilweise eine besondere Vorrangstellung bekommen. Das lässt manchmal fragen, ob philosophische, historische oder soziopolitische Fragestellungen, die Diskussion von Wert- und Zielsetzungen beinhalten, im Bildungssektor weniger Bedeutung erhalten, als die Wahl der „richtigen“ Methode. Motto: Erst kommt die Methode, dann die Problemstellung.
Wissenschaftlichkeit beruht zwar unter anderem auf ausgewiesenen Methoden (methodos – griechisch: Weg; Vorgehensweise). Aber vorrangig für die Wahl eines Forschungsthemas und des Festlegens einer Forschungsfrage bedarf es eines Problembewusstseins und der Kommunikation über die Forschungsintention. Forschung – als kommunikativer Prozess – erschöpft sich daher nicht in der Vorgabe und Auswahl einer Methode. Sondern umgekehrt: Die Problemstellung im Rahmen ihrer sozialen Bezüge bedingt, welche Erhebungsinstrumente auszuwählen und anzuwenden sind.
Natürlich gilt es, von Fall zu Fall, Einverständnis mit der betreuenden Person und relative Übereinstimmung mit den institutionellen Gepflogenheiten herzustellen. Aber auf so etwas achtet man auch bei der Auswahl von Zahnärzten, beim Besuch eines Restaurants oder beim Kauf von Kleidung. Bei mangelnder Übereinkunft einen Wechsel vorzunehmen soll in der Wissenschaft schon vorgekommen sein.
Die Bedeutung wissenschaftlicher Methoden findet auf dem Büchermarkt seit Jahren ihren verkaufsträchtigen Niederschlag. Drei aktuelle Neuerscheinungen kommen nachfolgend zur Auswahl. Sie sind nicht speziell für die Erwachsenenbildung geschrieben. Aber es fällt sicherlich leicht, Bezüge herzustellen. Gilt der Wissenschaftsbereich Erwachsenenbildung/Weiterbildung/lebenslanges Lernen doch als Querschnittsbereich, etwas elaborierter ausgedrückt: als ein Sektor mit interdisziplinärer Orientierung. Deshalb ist er in seinen Forschungen einem breitem methodischem Spektrum gegenüber aufgeschlossen.
Die Bücher eignen sich für forschende PraktikerInnen, die wissenschaftlich orientiert und sozialisiert sind. Sie sind auch zweckmäßig für Verantwortliche und Tätige im Bereich Erwachsenenbildung/Weiterbildung, die sich professionell und aufgrund der beruflichen Gegebenheiten mit wissenschaftlichen Erkenntnissen, Forschungen und ihren Interpretationen beschäftigen. //
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