Glaubwürdig nachhaltig –
nachhaltig glaubwürdig

Fake news, Verschwörungstheorien, die Leugnung des Klimawandels, all das führt zu Unverständnis, Irritation, Verunsicherung und Skepsis. Umso wichtiger ist, dass Volkshochschulen jene Einrichtungen und Lernorte sind, auf die sich Menschen verlassen können, und die eine hohe Seriosität genießen. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten die Grundpositionen von Volkshochschulen, die in ihren Prinzipien und Ausrichtungen seit ihrer Gründung vor über 130 Jahren konstant sind. Drei zentrale Prinzipien sind:

  • Wissenschaftsorientierung
  • Demokratieorientierung
  • Menschenrechtsorientierung 

Gerade Nachhaltigkeitsthemen, die nicht monokausal betrachtet werden können und die entlang der Social Development Goals (SDGs) sowie entlang der Dimensionen von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu diskutieren sind, machen die Bedeutung des Selbstverständnisses von Volksbildung deutlich. Das Mission Statement von Volkshochschulen „Bildung für alle“ bedeutet in Zusammenhang mit Bildung für nachhaltige Entwicklung, dass niemand zurückgelassen werden darf, dass von den Themen alle betroffen sind und dass dabei ökologische, ökonomische und soziale Dimensionen von Nachhaltigkeit zueinander in Verbindung gesetzt werden. 

Wie im Grundsatzpapier des Pädagogischen Ausschusses des VÖV „Bildung für nachhaltige Entwicklung an Volkshochschulen in Österreich“1 dargelegt, sind Nachhaltigkeitsthemen kein „nice to have“, sondern eine Querschnittsmaterie, die einem ganzheitlichen Ansatz folgt. Dieser Ansatz umfasst folgende Bereiche:

  • BNE ist im Alltag der VHSn und in den Bildungsangeboten verankert
  • BNE ist Teil der Mitarbeiter*innenführung und Personalentwicklung
  • BNE ist Teil der Bewirtschaftung der VHSn (Beschaffungen, Mobilität etc.)
  • BNE spielt in der Kooperation mit Partner*innen eine Rolle

In der Folge wird nun exemplarisch gezeigt, wie Nachhaltigkeitsansätze und -konzepte an den Wiener Volkshochschulen konkret umgesetzt werden. Der Blick wird dabei auf die programmatische Ebene, die Ebene von Bildungsangeboten und die Organisationsebene gelegt.

Die Positionierung der Wiener Volkshochschulen zu Nachhaltigkeit 

Nachhaltigkeit ist in sämtlichen programmatischen Papieren der Wiener Volkshochschulen verankert. Im „Leitbild der Wiener Volkshochschulen“2 wird auf die Bedeutung hingewiesen, die der aktiven gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen beigemessen wird. Die Wiener Volkshochschulen verstehen sich als eine Bildungs- und Begegnungsstätte für alle Menschen. Und weiter: „Wir legen unser Augenmerk insbesondere auf die Ermächtigung von Gruppen, die benachteiligt werden. Handlungsanleitend […] [sind] uns etwa das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung und die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen.“ (Leitbild 2023, S. 1) Damit wird bereits im Leitbild sowohl auf die SDGs als auch auf die BNE referenziert. In Bezug auf die Ressourcen der Wiener Volkshochschulen wird ausgeführt: „Unsere Infrastruktur modernisieren wir laufend in Bezug auf Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Barrierefreiheit.“ (Ebd., S. 2) Bei der Definition gelungenen Lernens wird der Begriff der Nachhaltigkeit nochmals in einen anderen Kontext gestellt: „Gelungenes Lernen führt auf individueller und kollektiver Ebene bei den am Prozess Beteiligten zu einer nachhaltigen Veränderung im Wissen, Denken und in der Haltung.“ (Ebd.)

Die unterschiedlichen Dimensionen und Handlungsebenen von Nachhaltigkeit spiegeln sich somit im Leitbild wider.

Ein weiteres Dokument, das für die Bildungsplanung den Rahmen vorgibt, ist das „Positionspapier zur Planung von Bildungs-, Beratungs- und Lernangeboten an den Wiener Volkshochschulen“3 des Geschäftsbereichs Pädagogik & Entwicklung. Dieses Papier gibt den Rahmen für die Planung von Bildungsangeboten der Wiener Volkshochschulen vor und beinhaltet die relevanten Referenzdokumente der Die Wiener Volkshochschulen GmbH sowie des VÖV (z. B. „Bildung für nachhaltige Entwicklung an Volkshochschulen in Österreich“), Ö-Cert, EAEA u. a. Nachhaltigkeit als gesellschaftlich relevantes (Bildungs-)Thema ist in diesem Positionspapier sowohl als explizite Themenstellung als auch als fachbereichsübergreifender Bildungsauftrag verankert. 

Schließlich soll an dieser Stelle noch auf eine weitere Verankerung von Nachhaltigkeit hingewiesen werden. Im Rahmen der Rezertifizierung nach LQW wurde 2023 im Rahmen der strategischen Entwicklungsziele Nachhaltigkeit als eines von drei strategischen Entwicklungszielen definiert und vereinbart. Nachhaltigkeit wird als Querschnittsmaterie etabliert, Verantwortlichkeiten werden festgelegt, relevante Handlungsfelder und Ziele definiert und deren Erreichung überprüft. 

Bildung für nachhaltige Entwicklung an den Wiener Volkshochschulen

Nachhaltigkeitsthemen haben an den Wiener Volkshochschulen eine lange Tradition. Aus Bildungsprojekten zu Umwelt und Nachhaltigkeit ist bereits vor Jahrzehnten die Umweltberatung entstanden, die heute ein wesentlicher Teil der Wiener Volkshochschulen ist und die aus den mittlerweile auf kommunaler, aber auch nationaler Ebene entstandenen Netzwerken nicht mehr wegzudenken ist. Als gutes Beispiel für die Zusammenarbeit unterschiedlicher Geschäftsbereiche der VHS kann der Energieführerschein erwähnt werden. Dieser wurde von der Umweltberatung entwickelt und in der Folge auch von Teilnehmenden der e-PSA-Lehrgänge (Lehrgänge zur Erreichung des erwachsenengerechten Pflichtschulabschlusses) absolviert. 

Das Demontage- und Recycling Zentrum (DRZ) wird von der VHS als sozio-ökonomischer Betrieb geführt. Im Sinne sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit werden pro Woche etliche Tonnen Elektroschrott verwertet – learning by doing.

Die Bildungsangebote an den VHS-Standorten sind vielfältig und als Querschnittsthema über die Fachbereiche hinweg etabliert. Dies reicht von Kochkursen, Upcyclingangeboten bis zu Italienischkursen mit einem Themenschwerpunkt zu Nachhaltigkeit. In einem gemeinsamen Projekt des Bereichs Pädagogik & Entwicklung mit Citizen Science wurden entlang von Nachhaltigkeitsthemen deren Implementierung sowie eine methodisch-didaktische Aufbereitung der Themen für den Deutschunterricht entwickelt. Die entstandenen Materialien stehen nun den Kursleitungen zur Verfügung. 

Eine wesentliche Rolle bei der Vermittlung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse spielen Science-Vorträge, ein seit 25 Jahren bestehendes Kooperationsprojekt der VHS mit zahlreichen Universitäten, die auch Nachhaltigkeitsthemen multidisziplinär aufbereiten. 

VHS-Standorte treten jedoch nicht nur als Orte für nachhaltige Bildung in Erscheinung, sondern auch als aktive Akteurinnen in gesellschaftlichen Partizipationsprozessen. Beispiel dafür sind die Wiener Klimateam Bezirke . Seit 2022 werden jährlich in drei Wiener Bezirken von den Klimateams im Rahmen von Beteiligungsverfahren Projekte entwickelt, die einen nachhaltigen Beitrag zur Klimaverbesserung in den Bezirken leisten. Die Volkshochschulen sind als wichtige Multiplikatorinnen in diese Prozesse eingebunden und wirken aktiv an der Ideenfindung sowie an der Konkretisierung der Vorhaben mit.

2020 war der Jahresschwerpunkt der Wiener Volkshochschulen dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet. Von diesem Schwerpunkt gingen wichtige Impulse nicht nur für die Programmplanung aus, sondern insbesondere auch für die Weiterbildungen für Kursleiter*innen und Mitarbeiter*innen. Auch der Blick auf die eigene Organisation hat sich dadurch noch einmal geschärft.

Nachhaltigkeit in der Organisation

Wie bereits ausgeführt, haben die Wiener Volkshochschulen Nachhaltigkeit als strategisches Entwicklungsziel im Qualitätsmanagement nach LQW verankert. Darüber hinaus gibt es schon seit vielen Jahren VHS-Standorte, die sich intensiv mit Nachhaltigkeitsfragen befassen und sich an dem Förderprogramm der Stadt Wien „ ÖkoBonus“ bzw. „OekoBusiness“ beteiligen. Aktuell sind dies folgende Standorte:

  • VHS Donaustadt (Umweltzeichen für Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen), Erstauszeichnung: 2003
  • DIE UMWELTBERATUNG (ÖkoBonus), Erstauszeichnung: 2009, drei Wiederauszeichnungen 
  • VHS Hietzing (ÖkoBonus), Erstauszeichnung: 2004, zwei Wiederauszeichnungen 
  • VHS Meidling (ÖkoBonus), Erstauszeichnung: 2005, vier Wiederauszeichnungen
  • VHS Brigittenau (ÖkoBonus), Erstauszeichnung: 2007, drei Wiederauszeichnungen
  • VHS Urania (ÖkoBonus), Erstauszeichnung: 2010, zwei Wiederauszeichnungen

Darüber hinaus haben im Laufe der Jahre 21 VHS-Standorte in irgendeiner Form eine geförderte Beratung durch die Umweltberatung in Anspruch genommen (ÖkoBonus, Umweltcheck, Umweltzeichen…).

Größere Veranstaltungen, aber auch interne Feiern und Feste werden ebenfalls an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet. Diese orientieren sich an den Vorgaben für ÖkoEvents. Die Veranstaltungen werden als ÖkoEvents eingereicht und werden vor Ort dann auch als solche sichtbar gemacht bzw. gekennzeichnet.5

Sowohl für ÖkoBonus als auch ÖkoEvents ist die Umweltberatung erste Anlaufstelle. Die Mitarbeitenden sind Beratende für Betriebe und begleiten diese bei der Auszeichnung. Zudem betreut und koordiniert die Umweltberatung das Beratungsangebot für OekoBusiness Wien.6

Doch wie glaubwürdig wäre eine Bildungseinrichtung, würde sie nicht auch entsprechende Weiterbildungen für ihre Mitarbeitenden der unterschiedlichen Funktionsgruppen sowie ihre Unterrichtenden durchführen. In diesem Sinne sind bei den Wiener Volkshochschulen ökologische, ökonomische und soziale Themen der Nachhaltigkeit in den Weiterbildungen sowohl als Querschnittsmaterie als auch als explizite Weiterbildungsthemen verankert, welche seitens der Personalentwicklung für angestellte Mitarbeiter*innen und seitens Pädagogik & Entwicklung für Kursleiter*innen durchgeführt werden.  

Entscheidend ist, dass wir als Bildungseinrichtung Nachhaltigkeitsthemen selbst glaubwürdig umsetzen. Dies trägt maßgeblich dazu bei, von Kund*innen als seriöse und fachlich kompetente Bildungsanbieterin wahrgenommen zu werden, der dann auch das nötige Vertrauen entgegengebracht wird. Die Volkshochschulen sind gefordert, gesellschaftliches Engagement und Verantwortung zu zeigen. //

1   Das Grundsatzpapier findet sich unter: https://www.vhs.or.at/sites/default/files/themen/Grundsatzpapier-Bildung-fuer-nachhaltige-Entwicklung-an-Volkshochschulen-in-Oesterreich-2022.pdf

2   Das Leitbild der Wiener Volkshochschulen (Stand Juni 2023) und die daraus entnommenen und hier im Folgenden zitierten Passagen können nachgelesen werden unter: https://www.vhs.at/files/downloads/uYhir0pqEngLJTlhAYwmOvGohRNSi455D9H2sB6G.pdf

3   Das Positionspapier (aktualisiert 2021) findet sich unter:  https://adulteducation.at/sites/default/files/textarchiv/Positionspapier-zur-Angebotsplanung-der-Wiener-Volkshochschulen-10.2021.pdf

4    Mehr dazu unter: https://klimateam.wien.gv.at/

5    Mehr dazu unter: https://www.oekoevent.at

6    Mehr dazu unter: https://www.umweltberatung.at/oekobusiness-beratung

Schuster, Walter (2024): Glaubwürdig nachhaltig – nachhaltig glaubwürdig. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2024, Heft 283/75. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

Kommentare

Neuen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Zurück nach oben