Erwachsenenbildung – unverzichtbar zur Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Herausforderungen

Die Aufgabe der Erwachsenenbildung besteht heute darin, die Demokratieentwicklung zu fördern, zur persönlichen Weiterentwicklung, zum Wohlergehen und zum sozialen Zusammenhalt beizutragen sowie die Beschäftigungsfähigkeit, die Weiterqualifizierung und die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. Erwachsenenbildung ist somit unverzichtbar für einen aktiven Umgang mit gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen.

Die in der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs vertretenen Institutionen der gemeinnützigen Erwachsenenbildung leisten schon heute wichtige Beiträge zum Umgang mit gesellschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftlichen Aufgabenstellungen und sind ein kompetenter Partner, gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen mittels Bildung, die die Handlungskompetenz der Menschen fördert, mitzugestalten.

Erwachsenenbildung umfasst den zeitlich längsten Lebensabschnitt und unterstützt die Menschen in vielen und verschiedenen Lebensphasen, vom Ende der Erstausbildung bis in das hohe Alter. Erwachsenenbildung ist ein zentraler Teil des lebensbegleitenden Lernens und umfasst neben der berufs- und arbeitsmarktorientierten Erwachsenenbildung das Nachholen von Bildungsabschlüssen, die allgemeine, politische und kulturelle Weiterbildung sowie die kreative und gesundheitliche Bildung. Die nicht-formale Erwachsenenbildung bietet eine Vielzahl von Lerngelegenheiten und fungiert als Brücke zum formalen Teil des Bildungssystems sowie zu Arbeitsmarkt und Gesellschaft.

Die Aufgabe der Bildung und der Erwachsenenbildung wird heute nicht mehr nur in der Sicherstellung der Beschäftigungsfähigkeit und der Verbesserung der Wirtschaftsleistung gesehen, sondern vermehrt auch darin, dass Bildung zur Bekämpfung der Armut beitragen soll, dass durch Bildung mehr Gleichheit und mehr Chancengleichheit realisiert werden sollen, dass Bildung wesentlich dazu beitragen kann, Vorurteile und Diskriminierung abzubauen und dass grundsätzliche Werte aufrechterhalten werden, interkulturelle Kompetenzen entwickelt und die aktive Staatsbürgerschaft unterstützt wird.

Dazu ist eine Erwachsenenbildung erforderlich, die flächendeckend tätig ist und ein breites Programmspektrum hat, das allen Menschen zugänglich ist. Um die Zugänglichkeit für alle sicherzustellen, ist eine öffentliche Bezuschussung der Erwachsenenbildung notwendig und sie darf keinesfalls ausschließlich dem Markt überlassen werden.

Herausforderungen für die Gegenwart und die Zukunft – Beiträge der Erwachsenenbildung

Zusammenleben, sozialer Zusammenhalt und Toleranz

Die gemeinnützige Erwachsenenbildung Österreichs spricht alle Bevölkerungsgruppen an. Mit einem breiten Programm werden die Interessen und Bedarfe der Menschen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen berücksichtigt. Persönlichkeitsbildung hat einen hohen Stellenwert in der Erwachsenenbildung. Das Lernen in der Gruppe ist ein konstituierendes Merkmal der Erwachsenenbildung, viele Gruppen sind sehr vielfältig und divers zusammengesetzt und spiegeln die gesellschaftliche Wirklichkeit wider. Die Gruppe in der Erwachsenenbildung stellt einen wichtigen Raum zum Probehandeln dar. So können Einstellungen und Haltungen Änderungen und Ergänzungen erfahren.

Beiträge der KEBÖ:

  • mehr als 34.000 Kurse zu sozialer Kompetenz und Persönlichkeitsbildung;
  • durchgängige Berücksichtigung von Gender und Diversity;
  • mehr als 12.000 Kurse zu kultureller Kompetenz;
  • verstärkte Einbeziehung von MigrantInnen in den mehr als 1.500 Eltern-Kind-Gruppen des Forums Katholischer Erwachsenenbildung.

Demokratiefähigkeit und Teilhabe

Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf politische Prozesse und der Mitgestaltung sind mehr geworden. Maßnahmen der BürgerInnen-Beteiligung wurden und werden geschaffen, nicht zuletzt sind es die sozialen Medien, die die politische Handlungsfähigkeit verbessern. Die Chancen werden aber vielfach von Menschen in Anspruch genommen, die die günstigeren Voraussetzungen besitzen, die sich meist im Bildungsniveau und im sozialen Status darstellen. Die Institutionen der gemeinnützigen Erwachsenenbildung vermitteln Wissen zur besseren Orientierung, stärken die eigene Urteilsfähigkeit und das kritische Denken. Sie unterstützen ein auf europäischen Werten, Humanität, Dialog und Toleranz basierendes Zusammenleben und sie sind Treffpunkt für Menschen aus den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten, unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Hintergründen.

Beiträge der KEBÖ:

  • mehr als 8.000 Kurse und Vorträge zur politischen Bildung;
  • 4.000 Teilnahmen im Bereich der „Community Education“;
  • mehr als 1.200 Veranstaltungen zur BürgerInnen-Beteiligung im Rahmen der Regionalentwicklung des Rings Österreichischer Bildungswerke und der österreichischen Volkshochschulen;
  • „Antirassismuskoffer“ des VÖGB, Seminare und Veranstaltungen zu „Vielfalt im Betrieb“ und „Hetzer stoppen“.

Bildungsgerechtigkeit

HochschulabsolventInnen sind rund dreimal so häufig weiterbildungsaktiv wie Personen mit Pflichtschulabschluss. Bildungskarrieren werden in vielen Fällen vererbt. Mit sozial verträglichen Teilnahmebeiträgen aber auch mit speziellen Angeboten für bildungsbenachteiligte Personen stellen die Einrichtungen der KEBÖ sicher, dass niemand aus finanziellen Gründen vom Wissens- und Kompetenzerwerb und von weiterführender Bildung ausgeschlossen wird. Der geografischen Benachteiligung wirken die in der KEBÖ vertretenen Institutionen durch ein dichtes Netz an Standorten entgegen. Insgesamt wird so ein flächendeckendes Angebot erfolgreich umgesetzt.

Älteren Menschen in der nachberuflichen Lebensphase stehen meist keine Weiterbildungsförderungen offen. Besonders alleinstehende ältere Frauen sind überproportional von Armut betroffen. Aktives Altern zu fördern heißt daher auch, den älteren Menschen Zugang zu leistbarer Weiterbildung zu ermöglichen.

Bildungsgerechtigkeit herzustellen ist ein wichtiges Anliegen der gemeinnützigen Erwachsenenbildung Österreichs, dabei kommt der Basisbildung ein hoher Stellenwert zu. Mit dem „Zweiten Bildungsweg“ können Bildungsabschlüsse dann nachgeholt werden, wenn es für die Menschen passend ist.

Beiträge der KEBÖ:

  • mehr als 6.200 örtliche Einrichtungen;
  • 7.700 Kurse zu Basisbildung und zum Zweiten Bildungsweg;
  • mehr als 6.500 Kursplätze in der Initiative Erwachsenenbildung (Basisbildung und Pflichtschulabschluss) durch die KEBÖ-Organisationen;
  • zahlreiche Maßnahmen für ältere Menschen und zu intergenerationeller Bildung.

Nachhaltigkeit

Die gemeinnützige Erwachsenenbildung Österreichs bietet zahlreiche Kurse, Vorträge und Seminare für einen sorgsamen und nachhaltigen Umgang mit den zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen, aber auch für einen an Nachhaltigkeit orientierten Lebensstil an. Umweltverträglicher Konsum, Energieeffizienz, Müllvermeidung, umweltschonender Verkehr sind Themen in der Erwachsenenbildung, die Einstellungs- und Verhaltensänderungen bewirken wollen. Neue Fertigkeiten („new skills“) können in der Erwachsenenbildung erworben werden und für „green jobs“ gibt es zahlreiche Weiterbildungsangebote.

Beiträge der KEBÖ:

  • Energieführerschein der Umweltberatung;
  • Demontage- und Recylingzentrum der Wiener Volkshochschulen;
  • europäische VGÖ-Kooperation zur Identifizierung umweltbezogener Kompetenzen als Entwicklungspotenzial für „Green Jobs“;
  • BFI-Ausbildungen zur Recyclingfachkraft und Green-Jobs-Lehrgänge zur Höherqualifizierung von TechnikerInnen, um energiefreundliche Gebäude herzustellen;
  • „Green Skills“ – Aus- und Weiterbildungen in den WIFIs in den Bereichen Bauwesen, erneuerbare Energie, E-Mobilität und Abfallwirtschaft;
  • aktive Einbindung der Nachhaltigkeit in die Organisation in Bildungshäusern und zahlreichen anderen EB-Organisationen.

Potenziale und Qualifikationen, unternehmerische Kompetenz

Erwachsenenbildung setzt an den Interessen und Potenzialen der Menschen an und unterstützt so die vielfältigen Motive, die Erwachsene zum Weiterlernen bewegen. Die eigene (intrinsische) Motivation ist der beste Stimulus für erfolgreiches Lernen. Mit verschiedenen Maßnahmen werden die Menschen unterstützt, zu erkennen, was sie können, was sie bereits gelernt haben und welche Potenziale sie haben.

Die Hebung des Qualifikationsniveaus von Beschäftigten und von Arbeitsuchenden erfolgt durch verschiedene Maßnahmen im arbeitsmarktpolitischen Kontext und durch zahlreiche, frei zugängliche Angebote.

Die KEBÖ-Einrichtungen sind ein bedeutender Bildungspartner zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich und zur Verbesserung der Qualifikationen der BürgerInnen.

Beiträge der KEBÖ:

  • mehr als 100.000 Bildungs- und Berufsberatungen;
  • 13.000 Potenzialanalysen und Fähigkeitschecks der Wirtschaftsförderungsinstitute;
  • Kompetenzprofile der Volkshochschulen und Kompetenzportfolios des Rings Österreichischer Bildungswerke;
  • 32.000 Angebote für unternehmerische Kompetenz;
  • 2.200 Unternehmerkurse des LFI für den ländlichen Raum;
  • mehr als 21.000 Weiterbildungsangebote zur Sicherung der Beschäftigungs- und Wettbewerbsfähigkeit;
  • mehr als 4.800 Ausbildungsplätze in der überbetrieblichen Lehrausbildung des BFI, davon fast 900 Plätze für integrative Berufsausbildung;
  • Jugendcoaching und Arbeitsassistenz der Volkshochschulen in Wien.

Gesundheit und Wohlergehen

Die Erwachsenenbildung unterstützt die Menschen, im Alltag eigenverantwortliche Entscheidungen für die Förderung der Gesundheit zu treffen. Bewegung, Entspannung, Stressabbau, Selbstverteidigung und gesunde Ernährung werden von allen Bevölkerungsgruppen angenommen. Besonders benachteiligten Gruppen wird der Zugang zu leistbarer Gesundheitsbildung ermöglicht.

Das „Wohlergehen“ („well-being“) ist ein wichtiger Faktor zur Förderung des Selbstwertgefühls und auch der Mobilität. Menschen, die ihre jeweiligen körperlichen Voraussetzungen erkennen und daran arbeiten, ihre Mobilität zu erhalten und zu stärken, sind meist auch aktiver und an der gesellschaftlichen Entwicklung interessiert. Die entsprechenden Angebote der Erwachsenenbildung tragen zur Stärkung der Resilienz bei und befördern damit die Fähigkeit, Möglichkeiten zu ergreifen.

Beiträge der KEBÖ:

  • 25.000 Kurse zu Gesundheitsbildung;
  • „Werd‘ aktiv, bleib gesund!“ Gesundheitsförderung für bildungsferne Zielgruppen der VHS Kärnten;
  • mehr als 2.500 LIMA-Trainingsgruppen („Lebensqualität im Alter“) des Forums Katholischer Erwachsenenbildung.

Arbeiten und Leben in einer digitalisierten Welt

Die Digitalisierung bewirkt enorme Veränderungen in der Arbeitswelt, in der Wirtschaft und im Alltag. Eine große Herausforderung besteht darin, die digitale Kluft, die über weite Strecken eine soziale Kluft ist, zu schließen. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen in die Lage versetzt werden, Computer und Internet zu benützen und mit der fortschreitenden Automatisierung umgehen zu können.

Die zunehmende Informatisierung der Fertigungstechnik wird vielfältige Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die Wirtschaft haben. Das „Internet der Dinge“ bringt zahlreiche Möglichkeiten der Einbeziehung von UserInnen in Fertigungsprozesse.

Die BürgerInnen sollen aber auch in die Lage versetzt werden, diese und andere Entwicklungen zu hinterfragen und zu bewerten und nicht alles unhinterfragt zu übernehmen. Dem Lernen im Erwachsenenalter kommt hier eine besondere Aufgabe zu, kritisches Denken und Reflexion sind notwendiger denn je.

Beiträge der KEBÖ:

  • 9.000 Kurse zu Computer und digitaler Kompetenz;
  • Lernberatung der Volkshochschulen;
  • Online- und Blended-Learning-Formate in praktisch allen Einrichtungen, Integration der sozialen Medien in Lernangebote;
  • diverse Selbstlerntools zur Stärkung digitaler und personaler Kompetenzen auf wifi.at;
  • intensive Nutzung der Online-Lernplattform e-LFI.

Migration und demografischer Wandel

Erwachsenenbildung kann in der gegenwärtigen Situation großer Flüchtlingsströme in Europa und in Österreich eine wichtige Rolle spielen. Interkulturelles Lernen und demokratiepolitische Bildung aber auch berufliche Qualifikation sind wichtige Bausteine für Integration. Sprachenlernen und mehrsprachige Ansätze befördern die Integration und mit einem breiten Angebot an kultureller Bildung wird Verständnis für verschiedene Kulturen geschaffen, Flüchtlinge und MigrantInnen werden willkommen geheißen.

Zahlreiche Maßnahmen für Flüchtlinge werden von den in der KEBÖ vertretenen Institutionen durchgeführt, weitere können noch entwickelt und umgesetzt werden.

Angesichts der demografischen Entwicklung und zunehmend alternder Regionen sowie einem drohenden Fachkräftemangel wird es immer notwendiger, Migration als Chance zu begreifen.

Beiträge der KEBÖ:

  • 5.500 Kurse zu interkultureller Bildung und Integration;
  • 12.000 Kurse zu kultureller Kompetenz;
  • Durchführung von Deutsch-Integrationskursen;
  • Lehrlingsausbildung und FacharbeiterInnen-Intensivausbildung für Asylberechtigte des BFI. //

1  Dieses Manifest wurde bei der KEBÖ-Jahrestagung am 21. September 2015 in der Wiener Urania präsentiert.

Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) (2015): Erwachsenenbildung –  unverzichtbar zur Bewältigung gegenwärtiger und zukünftiger Herausforderungen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Dezember 2015, Heft 257/66. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien

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