Mit dem VHS-Mobil in Gemeinden

Seit mehr als 60 Jahren ist es der Kärntner Volkshochschulen GmbH (VHS) nun schon ein besonderes Anliegen, kärntenweit allen Bürger*innen die Teilnahme an Bildungsangeboten zu ermöglichen. Dabei sieht sich die VHS als Bildungsnahversorgerin, die sich intensiv mit Weiterbildungszugängen beschäftigt und gezielt auf die Bedarfe und Bedürfnisse der Menschen eingeht. Mit ihrem aufsuchenden Bildungsansatz versucht sie, etwaigen (Bildungs-)Barrieren entgegenzuwirken – die Teilnehmer*innen werden da abgeholt, wo sie sind – in den Gemeinden. Bildungsangebote werden gezielt zu den Menschen gebracht.

Einschränkungen der Mobilität, Betreuungspflichten oder finanzielle Belastungen sind nur einige der Gründe, warum manche Menschen nicht an etablierten Weiterbildungsangeboten teilnehmen (können). Aus diesem Grund setzen die Kärntner Volkshochschulen auf eine aufsuchende Bildungsarbeit. Mit dem VHS-Mobil, das seit dem Jahr 2020 auf Kärntens Straßen unterwegs ist, werden Schulungs-, Beratungs- und Informationsangebote sowie die damit verbundenen Ressourcen direkt zu den Menschen in die Gemeinden gebracht, die aufgrund ihrer geografischen Lage häufig keinen einfachen Zugang zu Bildungseinrichtungen haben. Mit dem rund sechs Meter langen Trailer, der zu einem voll ausgestatteten mobilen Schulungsraum mit sechs Teilnehmer*innenarbeitsplätzen umfunktioniert wurde, können – im Sinne einer „Bildungsnahversorgung“ – Einzelcoachings und Kleingruppenkurse in jeder Region stattfinden. Kärntenweit haben Interessierte die Gelegenheit, sich direkt vor Ort über Bildungsdienstleistungen zu informieren und ihre eigenen Bildungsbedarfe zu äußern.

Ursprünglich für die Bewerbung von Digitalisierungskursen im Rahmen eines Arbeiterkammer-Projekts in den Regionen eingesetzt, wurde schon bald das enorme Potenzial des VHS-Mobils erkannt und hat das Interesse weiterer Fördergeber geweckt.

Von September 2021 bis März 2023 war das Mobil für das Projekt #webfit zur digitalen Kompetenzfeststellung und Beratung von Senior*innen in 31 Kärntner Gemeinden im Einsatz. Bildungsangebote, die auf die Erlangung von Basiskompetenzen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) fokussieren, wurden direkt zu den Menschen in die Regionen gebracht.

Seit Juli 2023 ist der Anhänger als AK digi:mobil in Kärnten unterwegs, mit dem Ziel, die digitalen Kompetenzen von Arbeiterkammer-Mitgliedern zu fördern, IKT-Kenntnisse einzuschätzen, bei der Bedienung der AK-Akademie Website zu unterstützen und über kostenfreie Digitalisierungskurse der Arbeiterkammer zu informieren. Bis Ende des Jahres sind in Summe 24 Einsätze geplant. Im Sommer war das digi:mobil beispielsweise in einigen Kärntner Strandbädern stationiert – die Resonanz war enorm. Im Juli und August wurden bei neun Veranstaltungen 782 Beratungen durchgeführt. Weitere Einsätze sind vor großen Einkaufszentren und im Rahmen der AK-Wintersportbörsen in ganz Kärnten geplant.

Auch bei Aktionstagen wird das auffallende Mobil gerne genutzt – zuletzt beim Weltalphabetisierungstag am 8. September.

Aus dem Einsatz des Mobils ergeben sich für die VHS dabei viele positive Effekte:

  • Erhöhte Zugänglichkeit
    Mit dem VHS-Mobil können Bildungsdienstleistungen zu Menschen gebracht werden, die möglicherweise keinen einfachen Zugang zu Bildungseinrichtungen haben, sei es aufgrund von geografischen Gegebenheiten, Mobilitätsproblemen, Betreuungspflichten oder anderer (Bildungs-)Barrieren.
  • Flexibilität
    Standorte, Zielgruppen und Bildungsprogramme und -aktivitäten können je nach Bedarf und Wunsch gewählt und Bildungsdienstleistungen in verschiedenen Gemeinden angeboten werden.
  • Vielseitigkeit
    Die mobilen Einheiten können für eine Vielzahl von Bildungsinitiativen und Themen genutzt werden.
  • Technologieintegration
    Im VHS-Mobil sind Laptops und ein Internetzugang integriert, um den Zugang zu digitalen Bildungsressourcen überall zu ermöglichen.
  • Erweiterung des Lernraums
    Der Einsatz des VHS-Mobils trägt zu einer Erweiterung des Lernraums bei und ermöglicht es, neue Regionen und Zielgruppen, insbesondere im ländlichen Raum, zu erschließen.
  • Community-Engagement
    Gemeinden werden aktiv in den Bildungsprozess einbezogen. Die Präsenz vor Ort und die leichte Erreichbarkeit tragen zu erhöhter Akzeptanz und (Bildungs-)Beteiligung bei. Bedeutend für die Abwicklung und die Erreichung der Teilnehmer*innen ist die Einbindung der Gemeinden bei der Durchführung der Bildungsangebote, das Aufzeigen innovativer Handlungsmöglichkeiten in peripheren Regionen und damit die Stärkung des ländlichen Raumes.
  • Hoher Marketingwert – Werbung für Bildung
    Das VHS-Mobil als mobile Werbeplattform sorgt – schon auf der Fahrt zum jeweiligen Stellplatz – für Aufsehen und trägt zu einer Steigerung des Bewusstseins für Bildung und die unterschiedlichen Angebote bei.

Natürlich birgt der Einsatz des VHS-Mobils auch einige Herausforderungen für die Organisation:

  • Logistik
    Die Planung und Koordination von mobilen Bildungsaktivitäten an verschiedenen Orten ist komplex und erfordert eine sorgfältige Planung, Organisation und gute Abstimmung aller Akteur*innen.
  • Personalressourcen
    Da das Mobil vereinzelt an Wochenenden genutzt wird, muss auch die Ressourcenplanung dementsprechend erfolgen. Außerdem gibt es in der VHS „nur“ zwei Mitarbeiter, die die erforderliche Lenkerberechtigung aufweisen.
  • Wetterabhängigkeit
    Die sorgfältigste Planung ist leider nutzlos, wenn das Wetter nicht mitspielt. Das haben wir bei unserer Bädertour im Sommer gelernt. Erforderlich ist hier vor allem ein großes Maß an Flexibilität.
  • Begrenzter Raum
    Das VHS-Mobil ist in seinen räumlichen Möglichkeiten begrenzt, was die Art der angebotenen Bildungsprogramme und -aktivitäten einschränken kann.

Beim Einsatz des VHS-Mobils steht der persönliche Kontakt mit Interessierten im Vordergrund und ermöglicht es, die Bildungsanliegen der Bevölkerung zu identifizieren und mit einem entsprechenden Angebot darauf zu reagieren. An Bord befindet sich eine Mini-Küche inklusive Kaffeemaschine. Die gemeinsame Tasse Kaffee mit Interessierten erleichtert bzw. ermöglicht sehr häufig erst das in Kontakt Treten und schafft eine entspannte Atmosphäre, in der sich die Menschen leichter öffnen und bereitwilliger über ihre (Bildungs-)Interessen und Anliegen sprechen. Eine entscheidende Rolle spielen auch die Mitarbeiter*innen am Mobil, die die Bürger*innen mit hohem Einfühlungsvermögen abholen, ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben und möglichen Widerständen wertschätzend entgegentreten.

Eine weitere Herausforderung bezieht sich auf die Standplatz- und Zeitplanung. Hier muss klar definiert werden, welche Zielgruppe wann erreicht werden soll und kann. Wir haben beispielsweise die Erfahrung gemacht, dass in der Zeit von 10:00 bis 16:00 Uhr auf einem regionalen Bauernmarkt AK-Mitglieder nur bedingt anzutreffen sind. Auch vor Lebensmittelnahversorgern ist es in der Zeit nach Dienstschluss häufig schwierig, in ein Gespräch zu kommen, da noch die Kinder abgeholt bzw. zu diversen außerschulischen Aktivitäten chauffiert werden müssen oder das Abendessen auf die Zubereitung wartet. Die Bädertour im Sommer war unserer Meinung nach deshalb so erfolgreich, weil wir die Menschen außerhalb ihres gewohnten Alltags in entspannter Atmosphäre erreichen konnten. Für die Bewerbung des VHS-Mobils ist es auch wichtig, die jeweilige Gemeinde einzubeziehen. Durch Vorankündigung im Online-Veranstaltungskalender oder mittels Postwurf werden die Bürger*innen auf den Einsatz des VHS-Mobils aufmerksam gemacht und ihr Interesse geweckt. Mit dem mobilen Angebot wird, durch die Verlagerung von Lernorten in die Gemeinden, ein Beitrag zur Attraktivierung des ländlichen Raumes geleistet, der zu weiteren Kooperationen führt.

Auch in Zukunft soll das VHS-Mobil eingesetzt werden, um (bildungs-)benachteiligte Menschen in den Regionen zu erreichen. Als LQW zertifizierte Erwachsenenbildungseinrichtung verpflichtet sich die VHS, den/die Lernende*n in den Mittelpunkt gelingender Bildungsbemühungen zu stellen. Mit ihrem aufsuchenden Ansatz und ihrer Orientierung an den Teilnehmer*innen schafft sie Weiterbildungszugänge und baut mögliche Bildungsbarrieren ab. Der VHS ist es ein Herzensanliegen, (Bildungs-) Gerechtigkeit zu fördern und (bildungs-)benachteiligte Menschen in die Lage zu versetzen, den Eintritt in das lebensbegleitende Lernen für sich in Anspruch zu nehmen und ihr Potenzial auszuschöpfen. Dieses ermöglicht es, Personen zu erreichen, die sonst von Bildungsangeboten ausgeschlossen wären und trägt damit zu Chancengleichheit, Chancengerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe bei. //

Landfried, Sonja (2023): Mit dem VHS-Mobil in Gemeinden. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2023, Heft 280/74. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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