Erwachsenenbildung, Weiterbildung, Fortbildung, Training, gelegentlich noch Volksbildung sind Begriffe, mit denen in Österreich Lernaktivitäten von Erwachsenen bezeichnet werden. Kombiniert mit der Vielfalt der Anbieter und Angebote wird deutlich, wie schwierig es ist, eine übersichtliche Darstellung empirisch gesicherter Daten in diesem Bereich zu erhalten. Die DIE-Trendanalyse 2014 zeigt daher, welche Festlegungen in Deutschland getroffen werden, um nationale und internationale, in erster Linie europäische Maßstäbe zu finden, die übersichtliche und vergleichbare Aussagen im Bereich Bildung Erwachsener erlauben.
Für die Situation in Deutschland wird eingangs darauf hingewiesen, dass sich der Begriff „Weiterbildung“ seit den 1980er-Jahren als Oberbegriff amtlich, in der Wissenschaft und in der Praxis durchgesetzt hat. Der Begriff wird noch differenziert in allgemeine und berufliche Weiterbildung oder extra in kulturelle und politische Bildung. Seit den 1990er-Jahren setzt sich lebenslanges Lernen als europäisches Konzept durch, mit der Unterscheidung in formales, non-formales und informelles Lernen. Generell gilt Lernaktivität als Weiterbildung, wenn sie nach einer ersten Bildungsphase und einer ersten Berufsausbildung einsetzt – also etwa ab dem 18. Lebensjahr. In der Europäischen Union, die für internationale Vergleiche tragfähige Klassifizierungen sucht, wird das Lernen Erwachsener erst bei Personen ab 25 Jahren registriert, Lernen davor zählt zur Jugendbildung.
Letztlich liegen der Trendanalyse unterschiedliche Datenquellen, eine große Zahl von Anbietern und Lernorten sowie interpretierbare Begriffe zugrunde. Daraus ergeben sich aber doch deutliche Orientierungen bezüglich Entwicklungen und Aktivitäten im größten Bildungssektor Deutschlands. Im Berichtsjahr 2011/12 hat die Hälfte der Bevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren, das sind etwa 25 Millionen Menschen, an organisierten Formen der Weiterbildung teilgenommen.
Erste Schwerpunkte der Analyse befassen sich mit dem Personal der Weiterbildung, seinen Tätigkeiten und seinen Einkommensverhältnissen. Die deutsche Weiterbildungslandschaft, gemessen an der Zahl der Einrichtungen, wird als stabil gekennzeichnet. Volkshochschulen engagieren sich stärker als bisher in der betrieblichen Weiterbildung und Hochschulen verstehen sich zunehmend als Einrichtungen lebenslangen Lernens. Eine Befragung des Personals in der Weiterbildung bestätigt die Polarisierungsthese: WeiterbildnerInnen in der öffentlich geförderten Weiterbildung sind stärker von prekären Einkommensbedingungen betroffen als im privaten Sektor. Ein Trend zur vermehrten Honorartätigkeit als Haupterwerb stellt Professionalisierungsbestrebungen infrage.
Weitere Abschnitte befassen sich mit Angeboten und Themen sowie mit Teilnahme an Weiterbildung. Das Angebotsvolumen wird als relativ stabil bezeichnet. Angebote zur beruflichen Weiterbildung folgen der wirtschaftlichen Lage. Zuwächse im Angebot gibt es eindeutig beim Thema „Gesundheit“, bei Volkshochschulen in Städten sind die Angebote an Sprachen hervorstechend. Insgesamt wird aber für genaue Aussagen eine „defizitäre Datenlage“ beklagt. Im Hinblick auf die Teilnahme bestätigt sich erneut der Zusammenhang zwischen höherem Bildungsabschluss und Besuch von Weiterbildung: Bildungsungleichheiten werden in der Weiterbildung kumulativ verstärkt.
Die Ergebnisse zur Finanzierung der Weiterbildung zeigen, dass erhöhte Förderung die Beteiligung nur gering erhöht. Es wird vermutet, dass eine auf Zielgruppen, vor allem auf bildungsferne Personen mit geringen Einkommen gerichtete Förderung andere Effekte zeitigen würde. Insgesamt ist für Deutschland und andere EU-Mitgliedsstaaten in den letzten Jahren eine erhöhte Dynamik in der Finanzierung festzustellen. Sie wurde durch die Unterstützung des Europäischen Sozialfonds mit seiner Betonung von lebenslangem Lernen und Qualifikation erreicht.
Im Kapitel „Betriebliche Weiterbildung“ wird aufgrund aktueller Erhebungen festgestellt: 69 Prozent aller Weiterbildungsaktivitäten sind betriebliche, d.h. von Arbeitgebern angeregt und gefördert, 13 Prozent individuell berufsbezogen und 18 Prozent fallen unter allgemeine Weiterbildung. Die Wirkungsforschung ist widersprüchlich: Eindeutige Effekte auf die Lohnentwicklung werden registriert, individueller Einkommensnutzen nur marginal und für bestimmte Erwerbsgruppen bemerkt. Eindeutig ist die Aussage, dass sich betriebliche Weiterbildung vorwiegend auf große Unternehmen und gut ausgebildete MitarbeiterInnen konzentriert. Geringer privilegierte Gruppen und bestehende Statusunterschiede finden dadurch weniger Aufmerksamkeit.
Ziel der Publikation ist es, empirisch gesichertes Wissen anzubieten, um in Politik und Praxis rationale Entscheidungen zu ermöglichen: „evidenzbasierte Bildungspolitik und Bildungspraxis“. Zugleich werden dadurch Forderungen an eine fundierte Berichterstattung über Weiterbildung aber auch an die entsprechende Forschung gestellt. Das Buch belegt, in welcher Weise dies in Deutschland schon erfüllt wurde. Wissen über Weiterbildung wird dadurch, neben machtbasierter Rechtsetzung und Geld, zu einem wichtigen Steuerungsmedium. Nicht zuletzt dieses Wissen eröffnet für Organisationen, für Lehrende und Lernende größere Chancen, sich in der Steuerung – in Prozessen der Governance – von Weiterbildung intensiver zu engagieren. //
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