Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen

Vor 20 Jahren, kurz nach der Jahrtausendwende, war der Begriff der SDGs (Sustainable Development Goals, also nachhaltige Entwicklungsziele) praktisch noch weitgehend unbekannt.

Vor zehn Jahren, also im Jahr 2012, wurde von einer UNO-Konferenz in Rio der Begriff der nachhaltigen Entwicklungsziele geprägt und beschlussmäßig festgelegt.

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Nach sehr intensiver Arbeit, an der der damalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, führend beteiligt war, wurden am 25. September 2015 die Sustainable Development Goals von der UNO-Generalversammlung in New York feierlich beschlossen.1

Ich habe an dieser Sitzung als Vertreter Österreichs teilgenommen, konnte auch im Namen Österreichs eine kurze Rede halten und war hocherfreut über die begeisterte und optimistische Stimmung, die zu diesem Zeitpunkt in der Generalversammlung vorherrschte. Es war in der Tat eine großartige Idee, wesentliche und für die gesamte Menschheit relevante, gesellschaftspolitische und der menschlichen Würde Rechnung tragende Ziele zu formulieren, die in ihrer Gesamtheit einen „Sprung vorwärts“ der Menschheit ermöglichen sollen. 

In der Zwischenzeit sind die SDGs ein Begriff, der aus der internationalen, und auch nationalen, Politik nicht wegzudenken ist. Gleichzeitig müssen wir uns aber auch der großen Schwierigkeiten bewusst sein, die einer globalen Verwirklichung der SDGs entgegenstehen. 

Es scheint mir wert zu sein, die SDGs konkret zu benennen:

  • Ziel 1 ist der Kampf gegen die Armut,
  • Ziel 2 die Eliminierung von Hunger,
  • Ziel 3 Gesundheit und Wohlergehen,
  • Ziel 4 hochwertige Bildung für alle,
  • Ziel 5 Gleichstellung der Geschlechter,
  • Ziel 6 sauberes Wasser und sanitäre Versorgung,
  • Ziel 7 leistbare und saubere Energie,
  • Ziel 8 menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum,
  • Ziel 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur,
  • Ziel 10 weniger Ungleichheit,
  • Ziel 11 nachhaltige Städte und Gemeinden,
  • Ziel 12 verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster,
  • Ziel 13 Klimaschutz,
  • Ziel 14 Leben unter Wasser,
  • Ziel 15 Leben am Land,
  • Ziel 16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen,
  • Ziel 17 Partnerschaften zur Erreichung aller dieser Ziele.

Es geht also – um dies nochmals zu unterstreichen – darum, die wichtigsten Ziele zur Verwirklichung einer gerechten, humanen und nachhaltigen Gesellschaft zu definieren, in konkrete Aufgabenbereiche aufzuteilen und in globaler Zusammenarbeit zu verwirklichen. Dass es unter der Gesamtleitung von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon gelungen ist, diese SDGs zu formulieren und in der Generalversammlung der UNO zu beschließen, war eine Sonderleistung; aber weitere Sonderleistungen sind erforderlich, um die Beschlüsse von 2015 in der Zeit bis 2030 in die gesellschaftliche Realität zu übertragen. Daher auch der Name Agenda 2030.

Jede einzelne dieser Zielsetzungen ist noch in Unterziele gegliedert, sodass es insgesamt 190 Unterziele gibt, deren möglichst umfassende Verwirklichung für den Zustand der Welt im Jahr 2030 maßgeblich sein wird.

Die Verwirklichung der SDGs aber setzt voraus, dass diese Entwicklungsziele den Menschen bekannt sind und auch in vollem Umfang inhaltlich akzeptiert werden. Wir wissen aber, dass dies zurzeit noch immer nur in sehr unvollständiger Weise der Fall ist. 

Das österreichische Marktforschungsinstitut MARKET hat eine umfassende Studie über die SDGs durchgeführt. Daraus geht hervor, dass die Agenda 2030 den Österreicherinnen und Österreichern derzeit noch lange nicht ausreichend bekannt ist und dass nur rund ein Drittel der österreichischen Bevölkerung von den SDGs gehört hat und damit etwas anfangen kann.

Allerdings ergibt sich aus der Umfrage des Weiteren, dass die Themenbereiche rund um den Klimaschutz, um den Kampf gegen die Armut und um Gleichberechtigung, aber auch rund um nachhaltigen Konsum beziehungsweise nachhaltige Produktion von der österreichischen Bevölkerung mehrheitlich als sehr wichtig angesehen werden. Es ist also noch sehr viel zu tun auf diesem Gebiet, wobei die europäischen Industriestaaten mit einem beträchtlichen Vorsprung in den Prozess zur Verwirklichung der SDGs starten.

Es wurde eine komplexe Methode entwickelt, um das Ausmaß und den Fortschritt der Verwirklichung der SDGs in etwa 150 Ländern zu messen. Dabei stellt sich heraus, dass die europäischen Staaten einen großen Vorsprung gegenüber anderen Teilen der Welt haben, insbesondere gegenüber den Staaten in Afrika und in großen Teilen Asiens. Unter den zehn Ländern, die die höchste Punktezahl in Bezug auf die Verwirklichung der SDGs aufweisen, befinden sich fast ausschließlich europäische, und vor allem mittel- und nordeuropäische Staaten. Österreich liegt in dieser Tabelle derzeit an sechster Stelle – eine Position, die nicht leicht zu verteidigen sein wird.

Der weltweite Versuch, das Leben der Menschen durch die intensive und koordinierte Arbeit an den einhellig beschlossenen Entwicklungszielen zu verbessern und damit unser Leben und unsere Gesellschaft humaner zu machen, setzt weiters voraus, dass wir die nachhaltigen Entwicklungsziele so früh wie möglich kennenlernen, akzeptieren und in weiterer Folge auch unterstützen. Dabei spielen logischerweise unsere Bildungseinrichtungen, also Schulen, Universitäten, Erwachsenenbildung etc., eine ganz besondere Rolle, wobei eine große Bandbreite bei den Methoden und bei der Intensität der Einbringung der SDGs in die Bildungs- und Erziehungsarbeit festzustellen ist. 

Es gibt Länder, in denen die nachhaltigen Entwicklungsziele schon ziemlich umfassend und dauerhaft in Lehrpläne und Curricula eingearbeitet sind. Es gibt aber auch solche, die in dieser Beziehung noch ganz am Anfang stehen. Es gibt auch eine Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten und unterschiedlicher Formen der Behandlung der SDGs an den Universitäten und es ist von großer Bedeutung, den nachhaltigen Entwicklungszielen auch in der Erwachsenenbildung den gebührenden Platz einzuräumen. Daher freue ich mich über deutliche Anzeichen dafür, dass die österreichischen Volkshochschulen den nachhaltigen Entwicklungszielen in wachsendem Ausmaß ihr Augenmerk widmen und sich für diese einsetzen.

Ich darf an dieser Stelle anmerken, dass es in Österreich seit einigen Jahren das Ban Ki-moon Centre for Global Citizens gibt, das den Namen jenes UNO-Generalsekretärs trägt, der – wie oben geschildert – maßgeblichen Anteil am Zustandekommen der SDGs hatte.2 Ich darf mir daher abschließend wünschen, dass die nachhaltigen Entwicklungsziele bei der verdienstvollen Arbeit der österreichischen Volkshochschulen und der österreichischen Erwachsenenbildung einen angemessenen Platz finden mögen. //

Erklärvideos zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen von Heinz Fischer (VÖV-Präsident und Co-Chair Ban Ki-moon Centre for Global Citizens) und Monika Fröhler (CEO Ban Ki-moon Centre):

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1     Vollständiger Resolutionstext in deutscher Spracheverfügbar unter: https://www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf [31.1.2022].

2   Ban Ki-moon Centre for Global Citizens
www.bankimooncentre.org
office@bankimooncentre.org

Fischer, Heinz (2021): Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Winter 2021, Heft 275/72. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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