2023 hat die Europäische Kommission zum „European Year of Skills“ erklärt. Ursula von der Leyen umreißt die Stoßrichtung wie folgt: „Wir müssen unsere Investitionen in die berufliche Bildung und Weiterbildung viel stärker konzentrieren.“ Die Kommission hat zudem erkannt, dass die eigentliche Herausforderung darin besteht, die Weiterbildungsquote zu erhöhen, also vor allem jene zu erreichen, die sich momentan noch nicht weiterbilden.
Was motiviert erwachsene Menschen in Österreich, an Bildung teilzunehmen?
Bei einer Erhebung aus dem Jahr 2016 (AES: 2016) lag der Spitzenwert der Rückmeldungen zu den Motiven, eine Weiterbildung zu besuchen, bei der Antwort „Fähigkeiten für den Alltag erhöhen“ (95,3 Prozent) und damit weit vor „Job besser ausüben“. Immerhin 46,9 Prozent gaben aber auch an: „Neue Menschen kennenlernen/aus Spaß“. Wer also grundsätzlich (mehr) Menschen in Bildung bringen will, tut gut daran, diese Aspekte zu berücksichtigen und auch den Spaß nicht zu vergessen. Das bedeutet, Angebote zu entwickeln, die Menschen (gerade auch erstmals) motivieren, an einer Weiterbildung teilzunehmen oder eine Erwachsenenbildungseinrichtung zu betreten. Es bedeutet ebenso, in allen Formaten den Alltag und die Persönlichkeit der jeweiligen Teilnehmenden miteinzubeziehen. Das betrifft sowohl die Angebotsform (z. B. Präsenz/Distance/aufsuchende Formate) als auch die Flexibilität bei der konkreten Ausgestaltung eines Kurses. Welche Einrichtungen diese Anforderungen in jedem Fall erfüllen, liegt jedenfalls auf der Hand: Es sind die Volkshochschulen. Deren Leistungen im Zusammenhang von „Bildungsmotivation“ unterstreichen nicht zuletzt die Ergebnisse des Nachfolgeprojekts der Studie „Benefits of Lifelong Learning“ (BeLL). Teilnehmende aus 200 Kursen (vor allem Sprach- und Bewegungskurse) an den österreichischen Volkshochschulen wurden hier im Sinne der Veränderung, die sie durch den Kursbesuch erlebten, befragt. Im Bereich der Lernmotivation sahen rund 90 Prozent (!) der Teilnehmenden eine entsprechend positive Veränderung. Wer also Menschen für (Weiter)Bildung flächendeckend erreichen und motivieren will, braucht das regionale Netz, aber auch das Know-how der Volkshochschulen, mit unterschiedlichen Zielgruppen zu arbeiten, und tut gut daran, in dieses VHS-Netz zu investieren, wie der VÖV dies in seinem neuen Forderungsprogramm beschreibt.
Das VHS-Bildungsverständnis: Modern und gut für die Demokratie
Darüber hinaus sind zwei weitere Aspekte für die Arbeit der Volkshochschulen kennzeichnend, die im „Year of Skills“ von besonderer Bedeutung sind. Volkshochschulen vermitteln durch ihr ganzheitliches Verständnis von Bildung seit jeher Fähigkeiten, die heute als wesentliche „Skills“ in der Arbeitswelt betrachtet werden. Gerade durch die Pandemie ist uns der Wert des sozialen Lernens erneut bewusst geworden, der nicht zuletzt für die Entwicklung von Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein etc. steht. Der zweite Aspekt ist ein Punkt, der Volkshochschulen von vielen anderen, insbesondere den gewinnorientierten Anbietern am (beruflichen) Bildungsmarkt unterscheidet: Bei uns stehen stets die Teilnehmenden und ihre Interessen im Mittelpunkt. Und das gilt unabhängig davon, ob ein VHS-Kurs formal der beruflichen oder allgemeinen Bildung zugerechnet werden kann. Gerade etwa für die Teilnehmenden im Pflichtschulabschluss oder in der Basisbildung sind Themen wie Arbeitsrecht, demokratische Rechte, Mietrecht, Konsumentenschutz zentral und wichtig. Aber auch in unseren Bewegungskursen geht es nicht um Wettbewerb und Leistungsmessung, sondern um Gesundheitsbildung, die vor allem Menschen unterstützen und ermutigen soll, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sich den Teilnehmenden verpflichtet zu fühlen, heißt Menschen zur Teilnahme und – so sie es möchten – zur Intervention zu ermutigen. Immerhin besuchen rund 200.000 Menschen pro Jahr VHS-Kurse und Einzelveranstaltungen aus den Bereichen Politik, Gesellschaft und Kultur beziehungsweise Naturwissenschaften, Technik und Umwelt – ebenfalls eine durchaus stolze Leistung. Durch diese Arbeit der Volkshochschulen, wird somit nicht nur die Motivation zur Weiterbildungsteilnahme, sondern vor allem auch die demokratischen Elemente in unserer Gesellschaft gestärkt. Und darin besteht aus meiner Sicht letztlich die Hauptaufgabe von Bildung, gerade auch im „European Year of Skills“. //
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