Qualifikation ist nicht genug! Bildung ist „mehr“! Klaus Ahlheim, emeritierter Professor für politische Erwachsenenbildung an der Universität Duisburg-Essen, engagiert sich dagegen, berufliche Weiterbildung auf ein Vermitteln von Qualifikationen zu reduzieren.
Ahlheim befindet sich mit dieser Haltung im Widerspruch zur Mehrzahl seiner wissenschaftlichen KollegInnen. Deshalb schildert er prägnant die Entwicklungen seit den 1990er-Jahren. Denn damals verabschiedeten sich die universitären VertreterInnen der beruflichen Weiterbildung von der Position der sogenannten „Emanzipisten“. Im Gegensatz zu Letzteren wurde vom Mainstream behauptet, politische Aspekte und persönlichkeitsbildende Anliegen seien ab nun in der beruflichen Weiterbildung integriert und werden ohnehin ausreichend von den Anbietern vertreten. Das gleichzeitig und einseitig von den „Realisten“ ausgerufene Ende der emanzipatorischen Erwachsenenbildung verbanden diese mit einer Wende zu evidenzbasierter Forschung sowie mit dem Prinzip der „Verwendungsorientierung“.
Heftig widerspricht Ahlheim dem damit sich durchsetzenden „Konzept der Schlüsselqualifikationen“, vor allem der Annahme, politische Bildung werde in neu entwickelten Formen der beruflichen Weiterbildung substantiell abgedeckt. Mit Bezug auf Oskar Negt meint Ahlheim, wichtig sei eine „kritische Qualifikation der Arbeitskraft“ – dazu sei aber eine eigenständige politische Bildung notwendig, eine, die Utopie und Kritik involviert.
Durchwegs anerkennt Ahlheim den Bedarf an beruflicher Qualifizierung. Aber es geht um „mehr“ als um Anpassung an berufliche Erfordernisse. „Mehr“ bedeutet: eine Synthese von beruflicher und politischer Bildung, die ArbeitnehmerInnen befähigen soll Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen mitzugestalten sowie Machtverhältnisse zu verändern. Allein das ökonomisch Nützliche zu vermitteln ist nicht ausreichend, weil dann wichtige Komponenten von Bildung, wie z. B. Autonomie und Persönlichkeitsentfaltung, zu wenig berücksichtigt werden.
Je mehr Individuen „von den Segnungen und Zumutungen lebenslangen beruflichen Lernens herausgefordert“ werden, schließt der Autor kritisch seine Streitschrift, „desto entschiedener müssen wir am ‚Eigensinn‘ allgemeiner, insbesondere politischer Erwachsenenbildung festhalten“. (S. 50).
Sehr geeignet im Rahmen der Professionalisierung von Erwachsenenbildung speziell für den Sektor berufliche Bildung sowie für das Verständnis des Verlaufs wissenschaftlicher Diskurse im Bereich politische Bildung. //
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