Erwachsenenbildung: Wichtiger denn je, aber nach wie vor chronisch unterdotiert!

Für die Erwachsenenbildung gibt es genug zu tun: Verbesserung der Grundkompetenzen (Grundbildung), Förderung von Maßnahmen zur Integration, zum Zusammenleben und sozialen Zusammenhalt, zur demokratiepolitischen Bildung und Medienkompetenz (Stichwort: „fake news“) sowie zur Digitalisierung – das sind die Themen, die die Bildungssysteme, die Arbeitsmärkte und die Gesellschaft noch einige Zeit beschäftigen werden. Die Institutionen der Erwachsenenbildung und die Volkshochschulen als größte Einrichtung der österreichischen Erwachsenenbildung stehen für Kontinuität, Gleichberechtigung und für ein breites Angebot zu leistbaren Gebühren. Und wir bieten nicht nur das an, was marktgängig und profitabel und für den Einzelnen wichtig ist, sondern auch Nützliches und Wichtiges für die Gesellschaft, für das Zusammenleben und für die Demokratieentwicklung.

Gemischte Finanzierung der Erwachsenenbildung

Die Erwachsenenbildung ist längst zu einer wichtigen und nicht mehr wegzudenkenden Säule im Bildungswesen geworden. Sie reagiert rasch und flexibel auf neue Herausforderungen. Die Finanzierung setzt sich aus Beiträgen von TeilnehmerInnen und aus Beiträgen der Gebietskörperschaften zusammen. Bei den Volkshochschulen kommen 42,5 Prozent von den TeilnehmerInnen, rund 16 Prozent aus Drittmitteln (Projekte), 1,9 Prozent machen die Leistungsvereinbarungen des Bundes aus, zwei Prozent kommen von den Ländern, knapp 30 Prozent von den Gemeinden (inkl. Wien), 1,3 Prozent von den Sozialpartnern sowie 6,7 Prozent sind sonstige Einnahmen.1

Leistungsvereinbarungen des Bundes valorisieren

Der Bund unterstützt die Erwachsenenbildung ergänzend zu den anderen Gebietskörperschaften. Mit den gemeinnützigen Bundesverbänden der Erwachsenenbildung werden Leistungsvereinbarungen abgeschlossen, wodurch Planungssicherheit und Kontinuität gewährleistet wird. Angesichts der bereits erwähnten Aufgaben für die Erwachsenenbildung ist eine substanzielle Erhöhung der Leistungsvereinbarungen 2019–2021 keine unrealistische Forderung, sondern würde die seit 2012 gleich gebliebenen Mittel und die steigenden Personalkosten kompensieren. Mit einer Erhöhung der Leistungsvereinbarungen kann die gemeinnützige Erwachsenenbildung ihren gesellschaftspolitischen Aufgabenstellungen besser nachkommen als bisher. Mittelfristig gesehen ist der Anteil der Förderungen für Erwachsenenbildung, die derzeit – gemessen am Bildungsbudget – bei 0,5 Prozent liegen, auf 1 Prozent anzuheben, wenn man auch die Herausforderungen der Digitalisierung ernst nimmt.

Erwachsenenbildung braucht klare Zuständigkeiten

Das lebensbegleitende Lernen soll in der Bundesverfassung verankert werden, jedem Menschen soll das Recht auf Bildung, auf Zugang zu Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung verfassungsmäßig garantiert werden. Die Erwachsenenbildung ist im Sinne eines lebensbegleitenden und berufsbegleitenden Lernens eine gleichwertige Säule im Bildungssystem und braucht daher auch die Bundeskompetenz zur Sicherstellung der Rahmenbedingungen. Bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen sind notwendig für: Transparenz, Qualität, Anerkennung und Professionalisierung. Diese Positionen wurden im Jahre 2005 von der Konferenz der Erwachsenenbildungsbildung Österreichs gemeinsam mit den Länder-Arbeitsgemeinschaften erarbeitet und von der Konferenz der LandeskulturreferentInnen unterstützt.

Europäische Union: Nicht auf die Erwachsenenbildung vergessen!

Nach den Vorschlägen der Europäischen Kommission sollen die Mittel für Erasmus+ verdoppelt werden.2 Für die Erwachsenenbildung sind allerdings geringere Mittel als bisher vorgesehen, berichtet der Europäische Verband für Erwachsenenbildung.3 Dies mutet umso seltsamer an, als seitens der Kommission beabsichtigt ist, die Wirkungen der Programme auf die Erwachsenenbildung zu verbessern und europaweit die Teilnahmen am Erwachsenenlernen zu erhöhen. Eine Steigerung der Mittel für Erwachsenenbildung ist unbedingt vorzusehen, auch, um sich den ambitionierten Zielen der Europäischen Kommission zur Teilnahme an Erwachsenenbildung zu nähern. Im österreichischen Zwischenbericht zu Erasmus+ vom Juni 2017 wird eine Anhebung der Mittel für Erwachsenenbildung sowohl national wie auch auf europäischer Ebene gefordert.4

Daten aus 2016

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung von Erasmus, dem Programm der Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport. Verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52018PC0367&from=EN [27.6.2018].

Vgl. https://eaea.org/2018/06/18/happened-plus-erasmus/

Vgl. https://www.bmbwf.gv.at/fileadmin/user_upload/Bologna/170704_Bericht_Erasmus_A4_BF_final.pdf

Bisovsky, Gerhard (2018): Erwachsenenbildung: Wichtiger denn je, aber nach wie vor chronisch unterdotiert! In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Frühjahr/Sommer 2018, Heft 264/69. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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