Die Landschaft wissenschaftlicher Methoden ist sehr komplex geworden. Die dritte Auflage des einführenden Studienbuches von Theo Hug und Gerald Poscheschnik, zwei etablierten Sozialwissenschaftern, erklärt sorgsam und sorgfältig diese Vielfalt. Angeleitetes Nachdenken steht am Anfang, zum Beispiel über den Unterschied von Alltagserfahrung und wissenschaftlicher Erfahrung oder über die Tradition von Empirie, die sich, früher nur mit Statistik und Experiment assoziiert, heute in vielen Formen und Wissenschaftskulturen zeigt. Nachzudenken, empfehlen die Autoren, ist auch darüber, inwiefern empirische Forschung das Leben der Forschenden verändern kann, wenn neue Einsichten und Erkenntnisse die bisherigen eigenen Überzeugungen und Vorurteile in Frage stellen.
Die behutsamen, reflexiven Klärungen begleiten im ersten Kapitel zur Konzeption eines (ersten) Forschungsprojekts. Idee, Thema, Forschungsfrage lautet der Dreischritt. Sehr anschaulich, mit diversen Schaubildern werden Werkzeuge, zum Beispiel Mind-Mapping und Übungen für einzelne oder Gruppen angeboten.
Ziel des zweiten Abschnitts ist es, nach Ausarbeitung einer Forschungsfrage ein Exposee zu erstellen. Wohltuend ist der sanfte und realistische Duktus – ein Exposee kann überarbeitet, verfeinert und revidiert werden! Eine Einsicht vor allem für BetreuerInnen von wissenschaftlichen Projekten oder Abschlussarbeiten. Das bedeutet für Betreuende sich Zeit zu nehmen und zu geben, um Forschenden ein gewisses Ausmaß an Autonomie bezüglich der Entwicklung ihrer Vorhaben zuzugestehen.
Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit Planung und Design sowie mit dem forschungsmethodischen Dreischritt: Erhebung, Aufbereitung und Auswertung. Bezüglich dem noch immer herrschenden „Stellungskrieg“, quantitative oder qualitative Methoden, begeben sich die Autoren auf einen diplomatischen Mittelweg: Sie raten, die Gepflogenheiten jeweiliger institutioneller Vorgaben ins Kalkül zu ziehen, jedoch die endgültige Entscheidung von der Forschungsfrage abhängig zu machen. Die Gelegenheit, zu reflektieren, welche Herrschaftsverhältnisse im wissenschaftlichen Interaktionsraum zu erleiden und zu bewältigen sind, wird im Buch nicht aufgegriffen, sondern bleibt kritischen Leserinnen und Lesern, kritischen Forscherinnen und Forschern freigestellt.
Datenerhebung, ihre Aufbereitung und Auswertung sowie die Darstellung der Forschungsergebnisse sind weitere Kapitel des Buches. Beachtenswert scheint besonders am Ende wissenschaftlicher Forschungen, wenn die Akteure schon etwas erschöpft sind, noch genügend Energien aufzubringen, um die Erkenntnisse zu präsentieren. Unterschiedliche Formen, kürzere, etwa die Darstellung in drei, vier Sätzen, oder längere, zum Beispiel als Essay, werden vorgeschlagen. Der Nutzen von Medien und Visualisierungen – für die sogenannte „slideware“ gibt es entsprechende Präsentationssoftware – gilt als inzwischen akzeptiertes Mittel für „lebendiges Gestalten“. Dazu, aber auch zu anderen Themen, gibt es schließlich „Nützliche Internetquellen und Werkzeuge“ am Ende des Bandes.
Ein anschauliches, abwechslungsreiches Studienbuch mit vielen praxisorientierten Hinweisen liegt vor. Es eignet sich zum Selbst- und zum gemeinsamen Studium sowie zum Erproben in der Praxis. Aufgrund der gelungenen didaktischen Gestaltung ist die Lektüre sicherlich für die BetreuerInnen wissenschaftlicher Abschlussarbeiten und Projekte sowie für Lehrende „des Methodischen“ ein Gewinn. //
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