Die digitale Anthropologie befasst sich mit folgenden drei Faktoren: erstens, mit der Beziehung zwischen Menschen und ihrer Technologie. Welche Bedeutung ein materielles Gut wie ein Smartphone oder Laptop aber auch die Internetverbindung für uns hat, wird uns erst bewusst, wenn es nicht (mehr) funktioniert. Die Selbstverständlichkeit, dass uns diese Technologien jederzeit zur Verfügung stehen ist ein Phänomen unserer Zeit und unser gesellschaftlicher Umgang damit. Zweitens geht es in der digitalen Anthropologie um die Interaktion von Menschen mit dem digitalen Raum, in dem sie sich befinden, wenn sie online sind (vgl. Horst & Miller: 2012, S. 25–26). Wie steht der Mensch zu diesem digitalen Raum und wie kann er/sie sich dort verwirklichen. Beispielsweise können wir unser Smartphone individualisieren, indem wir ein Hintergrundbild hinzufügen oder ändern, Apps herunterladen und nach eigenen Wünschen anordnen. Die Personalisierung ist jedoch auch auf Medien wie Instagram oder MySpace zu sehen, beispielsweise durch Schriftfarben und -Stil (Horst: 2012, S. 67). Drittens beschäftigt sich die digitale Anthropologie mit dem Zusammenspiel von Menschen, deren Kommunikation online stattfindet (vgl. Horst & Miller: 2012, S. 27). Die Online-Interaktion zwischen Personen bedarf einer gemeinsamen Sprache und eines Kommunikationsraums (Broadbent: 2012, S. 127). Die Personen können einander online oder zuvor bereits offline kennengelernt haben. Je nachdem, mit welcher Person Kommunikation stattfindet, wird eine andere Kommunikationsplattform (z. B. E-Mail, WhatsApp oder Moodle) verwendet (Pertierra: 2018, S. 114). Der Verwendungszweck der Plattformen kann sich mit der Zeit ändern, wie es zum Beispiel während der Corona-Pandemie der Fall war: Private Nummern wurden ausgetauscht und WhatsApp wurde verwendet, damit die Lernenden mit den Lehrenden außerhalb der Kurszeit kommunizieren konnten. Es geht demnach bei der digitalen Anthropologie um die Beziehung zwischen dem virtuellen Raum und der physischen Welt (Boellstorff: 2012, S. 39).
Der (digitale) Unterricht aus anthropologischer Perspektive
Die digitale Kommunikation hat, vor allem durch die Pandemie in den letzten Jahren, einen besonderen Stellenwert auch in der Unterrichtsgestaltung bekommen. Beispielsweise hat das Kommunikationsmedium Zoom bei der Videotelefonie einen Aufschwung erlebt. Ebenso kam die Lernplattform Moodle bei Bildungseinrichtungen vermehrt zum Einsatz, um eine Kursdurchführung zu gewährleisten. Mit den auferlegten Einschränkungen des persönlichen Kontakts in geschlossenen physischen Räumen stieg auch die Bereitschaft von Institutionen, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen und die entsprechenden digitalen Kompetenzen zu erwerben. Vor allem jene Personen, die ihre (Weiter)Bildung online fortführten, steigerten ihr digitales Können. Im Rahmen des digitalen Aufschwungs 2020 entstand eine Klassifizierung zwischen jenen Personen, die am digitalen Unterricht teilnahmen und denjenigen Menschen, die nicht teilnahmen. Jene Personen, die am Online-Unterricht teilnahmen, bildeten sich gemeinsam als Gruppe weiter. Dadurch wurden jene Lernenden ausgeschlossen, die nicht am Online-Unterricht teilnahmen. Dieses unterschiedliche Verhalten bewirkt auch wechselseitige Vorwürfe, Zuschreibungen und Vorurteile. Die Kultur- und Sozialanthropologie definiert eine solche Einteilung als „Othering“ oder „Wir-Ich-Dichotomie“: dabei werden „einzelne Menschen und auch Gruppen auf selektive soziale Kategorien“ (Markom: 2022, S. 128) reduziert. Der/die Anderen werden häufig als fremd und ihre Ansicht als negativ wahrgenommen, während die eigene Meinung als richtig empfunden wird. Diese Klassifizierung formt das Selbstbild und entsteht, um „das Andere“ zu definieren (Markom: 2022, S. 128, S. 132). Die Anthropologie versucht die Kategorisierung entsprechend des jeweiligen Forschungs- und Interessensfeldes anzupassen und mehr über die Dichotomie „Wir und die Anderen“ zu erfahren.
Dieses Bewusstsein und die Auseinandersetzung mit dem Othering durch den Austausch über die eigenen Erfahrungen und das aktive Zuhören kann sowohl Unterrichtende als auch Lernende zur Reflexion anregen: „[…] zum persönlichen Nachdenken über einerseits die eigene Verortung in der Gesellschaft […] und andererseits eine Reflexion darüber zu evozieren, inwiefern Zuschreibungen und Zuordnungen anderer durch das eigene Denken und Handeln gemacht werden“ (Markom: 2022, S. 129).
Die eigene Sichtweise über die Welt und die Gesellschaft sowie die Ansicht der anderen Menschen können auf die gleiche Art und Weise veranschaulicht werden. Lehrende können zum Beispiel durch Nachfragen mehr über die Haltung, Herkunft und Handlung der Teilnehmenden erfahren. Das ermöglicht Lehrenden wiederum, ihren Unterricht zu reflektieren und bei Bedarf an die Teilnehmenden anzupassen (Markom: 2022, S. 125 f.). Einen interessanten Hinweis liefert die anthropologische Forschung in Bezug auf die Möglichkeiten, durch globales Lernen im digitalen Raum zu mehr Diversität im Unterricht beizutragen: „So will der weltoffene, emanzipatorische Ansatz Globalen Lernens vor allem dem Eurozentrismus der ‚westlichen Welt‘ gegensteuern, denn im Sinne Globalen Lernens ist eine breitere Perspektive auf globale Prozesse unabdingbar“ (Schneeweiß: 2013, S. 45). Der Eurozentrismus beschreibt den europäischen Blick von Europa aus: er nimmt die europäische Kultur als Maßstab wahr (vgl. Schneeweiß 2013: 45). Durch das Interesse an den Teilnehmenden und dem Hinterfragen der westlichen Lebensweise, können sich Lehrende die anthropologische Sichtweise in der Bildung aneignen, um Diversität in den Unterricht zu integrieren und zu versuchen, Verständnis für andere Weltansichten zu schaffen. Von Bedeutung ist neben dem Interesse seitens der Lehrenden ebenfalls das Interesse der Lernenden, sowohl an ihren Mitlernenden und ihren Kulturen, als auch am Unterrichtsstoff per se.
Interesse am Unterricht ist essentiell, um das Gelernte zu festigen und neue Interessen daraus zu entwickeln. Das Interesse von (potenziellen) Lernenden „needs to be triggered“ (Renninger & Hidi: 2016, S. 54), sei es durch Relevanz (z. B. durch einen bevorstehenden Umzug ins Ausland) oder indem der Unterricht an die Bedürfnisse der Lernenden angepasst wird (z. B. durch Anknüpfung an ein bereits vorhandenes Interessensthema). Um das Interesse zu halten, ist es wichtig, dass das Umfeld das Lernen und das Thema unterstützt. Renninger und Hidi begründen das wie folgt: „because of connections that they can make to their prior experiences and the new content due to relevance, utility, personalization, etc.“ (ebd.). Zu dem Umfeld gehören auch die Lernenden in der Gruppe, unabhängig davon, ob das bewusst passiert, indem man privaten Kontakt zu den Gruppenmitgliedern pflegt, oder nicht. Das gemeinsame Interesse und das gemeinsame Üben im Unterricht können einzelne Lernende dabei unterstützen, den Unterricht weiter zu besuchen.
Kommunikation im online Unterricht
„Alles an Menschen […] [ist] ein Produkt einer langen Geschichte sozialer Beziehungen – der Sozialität“ (Markom & Tošić: 2022, S. 17). Wie bereits erwähnt kann Interesse an anderen Menschen die eigenen Weltansichten verändern. Dadurch wiederum können die eigenen Gründe für Konflikte und Reaktionsmuster hinterfragt werden, was zu einer Weiterentwicklung der Einstellungen und Handlungsoptionen führen kann. Hinterfragen und Reflektieren ist Teil einer Gemeinschaft – wie Individuen können sich Gemeinschaften nur dadurch weiterentwickeln. Eine Gemeinschaft wird hier definiert als Gesellschaft mit gemeinsam definierten Normen, Werten, kulturellen und politischen Praktiken. Nora Braun und Sabine Klocke-Daffa sehen den Begriff Kultur durch die gegenseitige Beeinflussung bedingt: „Da alle menschlichen Gemeinschaften Lösungen finden müssen, ist Kultur einerseits etwas, was alle Menschen teilen; andererseits haben menschlichen Gemeinschaften, die im Laufe der Geschichte und in den verschiedenen Regionen der Welt existierten und existieren, sehr unterschiedliche Lösungen gefunden“ (Braun & Klocke-Daffa: 2022, S. 44).
Sowohl das Lernen von- und miteinander als auch das Anpassen an die Gegebenheiten der Umwelt gehören demnach zum menschlichen Wesen. Die Anthropologie befasst sich mit dem Hinterfragen der Menschheit, also damit, „zu verstehen, warum Menschen auf eine bestimmte Art und Weise denken und handeln bzw. warum soziale Prozess so stattfinden, wie sie zu beobachten sind“ (Braun & Klocke-Daffa: 2022, S. 46).
Mit dem plötzlichen Fokus auf Online-Unterricht auch in den Volkshochschulen rückte die persönliche Kommunikation, die bis dahin im direkten Augenkontakt im selben physischen Raum bestand, in den digitalen Raum. Das hatte eine Reihe von Änderungen in der Unterrichtsgestaltung der Volkshochschule Wien zur Folge. Um die Abhaltung von Kursen weiterhin zu gewährleisten, wurde die E-Learning-Plattform Moodle für den Austausch und den Zugang zur Verbindungsplattform Zoom, die für die Videotelefonie benutzt wurde, verwendet. Teilweise nutzten Kursleitende und Teilnehmende zusätzlich sogenannte „social networking sites“ (Miller: 2012, S. 146) und organisierten selbständig Gruppen der Kursbeteiligten, zum Beispiel auf WhatsApp. Die Kontakte, die eine Person zuvor auf diesen Plattformen hatte, konnten durch den Wunsch, während Lockdowns in Kontakt zu bleiben, erweitert werden. Hatte man vor dem Lockdown nur Verwandte und enge Freunde eingespeichert, konnte es sein, dass Mitlernende und die Kursleitung mit in die Kontaktliste aufgenommen wurden. Somit wurde der private Kreis auf der Plattform mit einem anderen Kreis ergänzt. Kursleitende erweiterten ihre private Gruppe mit dem beruflichen Netzwerk. Die Erwartungen, die die digitalen Medien in Bezug auf die Faktoren Zeit und Verfügbarkeit auslösen, hatten auch Konsequenzen für den Online-Unterricht. Da auf Plattformen wie WhatsApp Kommunikation in Echtzeit – auch „instant messaging“ (Miller: 2012, S. 151) genannt – erwartet wurde, erwarteten Teilnehmende dies auch von Kursleitenden. Durch die Erwartungshaltung und den Austausch der Privatnummern wurde die Kommunikation rund um den Unterricht flexibler. Gab es beispielsweise Probleme mit Moodle oder Zoom, konnten die Kursbeteiligten (Teilnehmende und Kursleitende) sich über WhatsApp über die Problematiken austauschen. Teilweise fanden Kurse über WhatsApp statt, falls Probleme bei den anderen Plattformen nicht schnell genug gelöst werden konnten. Allerdings brachte die höhere Flexibilität von Kursleitenden und ihrer Bereitschaft, auch außerhalb der Kurszeit direkt von den Teilnehmenden kontaktiert zu werden, die Frage mit sich, wie diese Zusatzleistung honoriert werden müsste beziehungsweise sollte.
Eine weitere Problematik ergibt sich durch die größere Anonymität der Teilnehmenden an Online-Prozessen. Online-Plattformen erlauben es den Nutzenden ihr äußeres Erscheinungsbild, ihre Charakterzüge und ihre Wunscheigenschaften zu verbergen, zum Ausdruck zu bringen oder zu verändern, je nach der eigenen Intention. Plattformen wie WhatsApp ermöglichen es, mehr über das Leben von jemandem herauszufinden, je nachdem welche Informationen preisgegeben werden. Online-Plattformen, bei denen das Gegenüber nicht durch Fotos oder die Stimme erkennbar ist, können beispielsweise dafür verwendet werden, Gedanken und Meinungen auszusprechen, die von Angesicht zu Angesicht nicht angesprochen würden: die Person hinter diesen Gedanken bleibt durch das fehlende physische Gegenüber eher anonym und das Erzählte somit privater (Horst: 2012, S. 66). Hinzukommt, dass Kommunikation online kaum kontrollier- und regulierbar ist, da im Internet Unvorteilhaftes gespeichert bleibt, und weil Menschen die Technik nicht mehr als Werkzeug, sondern als Akteur verwenden (vgl. Horst & Miller: 2012, S. 25; Kerres: 2021, S. 28). „Bildung in der digitalen Welt geht der Frage nach, wie sich das Verhältnis von Menschen und Technik neu denken lässt und dabei Technik als Mit-Akteur versteht“ (Kerres: 2021, S. 31). Diese Rolle und die Anonymität schaffen neben der Skepsis allerdings auch Vertrauen und ermöglicht es beispielsweise, Menschen mit Beeinträchtigungen auf Kommunikationsplattformen am Geschehen teilhaben zu lassen, ohne dass diese nach barrierefreien Zugängen suchen müssen (vgl. Ginsburg: 2012, S. 109 ff.).
Aus Sicht der Autorin kann Anonymität im Internet durchaus sinnvoll sein, vor allem wenn Datenweitergabe und -diebstahl bedacht werden. Je nachdem welche Daten und Informationen im Internet hinterlassen werden, kann vieles über eine Person herausgefunden und eventuell gegen sie verwendet werden, sowohl von Privatpersonen als auch von Firmen. Wichtig ist zu überdenken, welche Informationen preisgegeben werden, bevor diese online gestellt werden. Steht die Kommunikation mit anderen Personen im Vordergrund, kann Anonymität den (ersten) Eindruck verfälschen. In Bezug auf den Online-Unterricht ist es nach meiner persönlichen Einschätzung sinnvoller, wenn kein direkter Kontakt der Kursleitenden zu den Teilnehmenden über Online-Plattformen besteht. Der direkte Kontakt bietet zwar Möglichkeiten der Überbrückung von (technischen) Problemen, allerdings wird von den Kursleitenden eine dauerhafte Verfügbarkeit erwartet, was wiederum zu einer Belastung werden kann. Außerdem kann, wenn Kursleitende den Kontakt zu Teilnehmenden über Online-Plattformen abbrechen möchte, persönlich aufgenommen werden und zu unangenehmen Unterrichtssituationen führen.
Die Vermischung von privatem Alltag und Arbeit im online Setting
Dem Begriff „Homeoffice“ wurde mit Beginn der Pandemie 2020 eine andere Bedeutung zugeschrieben als davor. Von einem Tag auf den anderen arbeitete jener Teil der Bevölkerung, der seine Arbeit vorwiegend vom Computer aus durchführt, großteils von zuhause aus oder, von den Mitarbeitenden abgegrenzt, im Büro. Der Weg von und zur Arbeit ist laut Stefana Broadbent sowohl die physische Bewegung von A nach B als auch der psychologische Übergang vom persönlichen Ich zum professionellen, arbeitsbezogenen Ich. Stefana Broadbent spricht dabei von „two social identities“. Die Personen gehen dabei ihren Ritualen nach wie z. B. Arbeitskleidung anziehen und bereiten sich mental auf den Arbeitsalltag vor, zum Beispiel, durch das Hören von Musik am Weg zur Arbeit, die eine andere ist als jene, die Zuhause gehört wird. Zu diesen Ritualen gehört auch die Verabschiedung von der Familie, wenn man zur Arbeit geht und deren Begrüßung, wenn man nach Hause kommt (Broadbent: 2012, S. 133 f.). Durch das Arbeiten von Zuhause wurde die Arbeit ein Teil des privaten Raums. Die Grenzen zwischen dem privaten Alltag und der Arbeitswelt wurden durch das Arbeiten im Homeoffice vermischt. Bei den Wiener Volkshochschulen wurden Mitarbeitenden VHS-Laptops zur Verfügung gestellt, wenn keine privaten Laptops vorhanden waren. Private Laptops wurden parallel für die Arbeit als auch für das Privatleben verwendet. Das wiederum kann Sicherheitsrisiken mit sich bringen und im schlimmsten Fall zu einem Datenleck beim Arbeitgeber führen.
Bei zunehmender Arbeit im Homeoffice verschwimmt die physische Trennung von Arbeitsplatz und Zuhause. Der Weg an den Arbeitsplatz wird ersetzt durch den Weg zum Tisch mit dem Laptop, die Verabschiedung und Begrüßung der Familie ist nicht mehr notwendig, ebenso wenig wie Kleidung, die zur Arbeit angezogen werde (Broadbent: 2012, S. 134 f.). Die Wiener Volkshochschulen bestellten für alle Mitarbeitende im Homeoffice Diensttelefone. Da diese allerdings nicht auf Anhieb zur Verfügung standen, mussten Mitarbeitende auf ihre privaten Telefone zurückgreifen, bis sie ihr Diensthandy entgegennehmen konnten. Da der Arbeitsbeginn und das -ende im Homeoffice nicht eingesehen werden konnte, wurden Mitarbeitende auf ihren Privattelefonen angerufen, selbst wenn sie nicht mehr im Dienst waren. Die Arbeitszeit wurde somit im Homeoffice flexibel. Die Kultur der Büroarbeit erlebte dadurch eine starke Veränderung, die nach dem letzten Lockdown teilweise in den Arbeitsalltag einging – so werden zum Beispiel Kolleg*innen über die private Telefonnummer kontaktiert, wenn sie über das Diensttelefon nicht erreichbar sind.
Wie der Arbeitsalltag musste auch der Unterricht in der Erwachsenenbildung angepasst werden. Sowohl die Lernenden als auch die Unterrichtenden – sofern ihnen von der Institution kein Raum zur Verfügung gestellt wurde – nahmen von zuhause aus am Unterricht teil und öffneten damit ihren privaten Raum und befanden sich durch die Webcams der anderen Personen gleichzeitig in deren Zuhause. Die Gruppe entwickelte sich zu einer eigenen Kategorie, zum einen, weil sie gemeinsam durch die Pandemie hindurch lernten und Kontakt hatten, zum anderen, weil sie die anderen Lernenden durch den Bildschirm in ihr Zuhause einluden.
Fazit
Damit Unterricht, der in Präsenz abgehalten wird, auch online stattfinden kann, ist sowohl Interesse seitens der Lernenden am Unterricht als auch der Unterrichtenden an den Lernenden notwendig. Das Interesse, etwas bestimmtes zu Lernen muss getriggert werden, damit tatsächlich mit dem Lernen begonnen und weitergeführt wird. Erreicht werden kann dies unter anderem durch das Interesse der Unterrichtenden an den Lernenden und ihrer Weltansicht. Die eigene Sichtweise der Unterrichtenden kann dadurch reflektiert und der Unterricht entsprechend angepasst werden.
Durch den corona-bedingten Lockdown wurde der Alltag und der Unterricht digital. Es entstand ein digitaler Klassenraum, in dem alle Beteiligten – die Lernenden und Kursleitungen – ihren privaten Raum füreinander öffneten, der Kontakt unabhängig von der Unterrichtszeit und dem präsenten Kursort stattfand und die Arbeitszeit der Kursleitung flexibler wurde. Die Lernenden bildeten durch das gemeinsame Erlebte, den Austausch untereinander und das gemeinsame Lernen eine eigene Gruppe, andere Personen wurden ausgegrenzt. Die Kommunikation zwischen den Lernenden und den Kursleitungen fand online, teilweise durch selbstinitiierte Gruppen mit dem Austausch von privaten Nummern über Plattformen statt. Auf diesen Plattformen wurde erwartet, dass Fragen und Nachrichten sofort beantwortet werden, was Flexibilität im und rund um den Unterricht ermöglichte und die Grenze zwischen Unterrichtszeit und Freizeit verschwimmen ließ. Indem der Unterricht in Form von Videokonferenzen stattfand, das Zuhause im Hintergrund sichtbar und damit der individuelle Wohnraum anderen Personen offenbart wurde, vermischte sich auch der private Alltag mit dem professionellen, lernenden Alltag.
Die Bildung hat durch den Fokus auf Online-Unterricht nunmehr den privaten Raum in den Unterricht aufgenommen, fördert die Kommunikation der Lernenden und der Kursleitung untereinander, reflektiert das Lernen und hinterfragt die Flexibilität aller Beteiligten. Um zu erfahren, welchen Stellenwert diese Themen in der Pädagogik einnehmen und wie sie den Unterricht und die methodisch-didaktische Qualität weiter beeinflussen können, sind Forschungen notwendig, die verschiedene Disziplinen, wie beispielsweise die Bildungsanthropologie, miteinbeziehen.
Die Digitalisierung ist seit Jahrzehnten Teil unseres Lebens und hat in den letzten Jahren besonders an Bedeutung gewonnen und wird weiterhin präsent sein. Im Bildungsbereich ermöglicht die Digitalisierung die Kursteilnahme von zuhause aus und kann dadurch Personen aus der ganzen Welt erreichen. Dadurch ergibt sich die Chance, die Zielgruppe bewusst anzusprechen, der Fokus auf globales Lernen rückt in den Mittelpunkt. Die Digitalisierung in der Bildung hat das Potenzial, sowohl den Teilnehmenden als auch den Kursleitenden Flexibilität in Lehren und Lernen zu bieten, vorausgesetzt die Kursausschreibung ist entsprechend transparent und die Kursleitenden werden angemessen entlohnt. //
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