Gruppenbild der PreisträgerInnen
Foto: Thomas Jantzen/ORF
RepräsentantInnen der preisverleihenden Verbände der Konferenz der Erwachsenenbildung (KEBÖ) haben die Preise überreicht: Günther Lengauer von der ARGE Bildungshäuser, Michael Sturm vom Berufsförderungsinstitut, Christian Jahl vom Büchereiverband, Andreas Gutenthaler vom Forum Katholischer Erwachsenenbildung, Bernhard Keiler vom Ländlichen Fortbildungsinstitut, Angela Bergauer vom Ring Österreichischer Bildungswerke, Sabine Letz vom Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, Michaela Marterer von der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft und Gerwin Müller vom Verband Österreichischer Volkshochschulen. Die Begrüßung nahm die Institutsleiterin des WIFI Österreich, Tatjana Baborek, vor. Moderiert wurde der Abend vom Sprecher der Jury, Gerhard Bisovsky (VÖV). Unter den zahlreich erschienenen Gästen waren auch VÖV-Präsident Bundespräsident a.D. Heinz Fischer mit Gattin Margit Fischer sowie Cecily Corti.
Mit den Fernsehpreisen der Erwachsenenbildung wurden ausgezeichnet:
- Robert Pöcksteiner für „Momentaufnahmen. Die Kinder von Zaatari“, eine Sendung aus der ORF-Reihe dokFilm.
- Urs Egger für die Regie, Thomas Reider für das Drehbuch und Klaus Lintschinger für die ORF-Redaktion von „Das Wunder von Wörgl“.
- Christa Hofmann für die Leitung der Reihe der ORF-Reihe „WELTjournal“, stellvertretend für die gesamte Redaktion.
Die Axel-Corti-Preise gingen an Helene Maimann und Jörg Winter.
Die Dokumentation „Momentaufnahmen. Die Kinder von Zaatari“ von Robert Pöcksteiner zeigt das Flüchtlingslager als lebendigen Organismus mit seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die dort aufgestellten Wohncontainer bieten den heimatlos gewordenen BewohnerInnen ein wenig Geborgenheit. Das Prinzip Hoffnung besteht fort, wenn die Kinder von Zaatari über ihre Berufswünsche sprechen: eine will Lehrerin werden, die nächste Journalistin, ein Junge möchte Kriminalinspektor werden, Ärztin, Apothekerin oder Ingenieurin – sie alle wollen ganz Syrien wieder aufbauen.
Robert Pöcksteiner begann nach der Matura Kunstgeschichte zu studieren, war jedoch bald als Selbständiger und freier Mitarbeiter für das Radio und das Fernsehen tätig. Unter anderem war er für den Relaunch von „Willkommen Österreich“ zuständig. 2012 gründete er die Don’t Panic Production GmbH sowie die Promotheus GmbH. Er ist als Produzent, Regisseur und Cutter tätig. Seine umfangreiche Filmografie umfasst zahlreiche TV-Formate, beispielsweise das „Kabarett im Turm“ oder das Remastering von Österreich I und Österreich II mit Hugo Portisch.
„Das Wunder von Wörgl“
Der Fernsehfilm erzählt eine wahre Geschichte aus Tirol in den 1930er Jahren. Die Gemeinde Wörgl steht vor dem Bankrott und der Lokomotivführer Michael Unterguggenberger, Vizebürgermeister, übernahm das Amt des Bürgermeisters. Unterguggenberger bildete sich im Selbststudium weiter und setzte sich mit den Konzepten der „Freiwirtschaftslehre“ und den Schriften des Silvio Gesell auseinander. Mithilfe von „Schwundgeld“, dessen Wertverlust nur durch Tausch aufgehalten werden kann, gelang es, die lokale Wirtschaft anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit entscheidend zu verringern.
Der Spielfilm zeigt gut nachvollziehbar, wie dieses wirtschaftspolitische Experiment1 funktioniert hat, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt. In der ökonomischen Lehre wurde das Experiment Freiwirtschaft immer wieder angesprochen, unter anderem von John Maynard Keynes und auch im Zuge der gegenwärtigen Finanzkrisen haben Ökonomen darauf verwiesen. Es ist zweifelsohne ein Verdienst dieses Films, dieses Experiment vor den Vorhang geholt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben.
Der geborene Schweizer Urs Egger hat am American Film Institute in Los Angeles seine Regie-Ausbildung gemacht und assistierte Regisseuren wie John Frankenheimer, John Glen, Nicolas Gessner und Yves Boisset. Egger hat zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten: Mehrmals die Romy und den deutschen Grimme-Preis. Urs Egger ist Mitglied der deutschen Filmakademie und lebt in Berlin.
Der aus Osttirol stammende Drehbuchautor und Regisseur Thomas Reider hat in Wien an der Filmakademie „Buch und Dramaturgie“ studiert. Reider hat auch das Drehbuch geschrieben und die Regie geführt bei der TV-Doku über Michael Unterguggenberger, die im Anschluss an den Spielfilm gesendet wurde. Reider hat mehrere internationale Preise erhalten, er ist seit 2010 freier Autor und Filmemacher, lebt und arbeitet in Wien.
Der Sendungsverantwortliche Klaus Lintschinger war nach seiner Promotion an der Universität Wien zehn Jahre lang als Produzent, Drehbuchautor und Universitätslektor in Los Angeles tätig. Seit 1997 ist er Redaktionsleiter für Fernsehfilm im ORF, er ist Lehrbeauftragter an der Wiener Filmakademie und an der Kunstuniversität Linz. Lintschinger ist Mitglied der Gemeinsamen Kommission des ORF Film- und Fernseh-Abkommens und verantwortlich für zahlreiche Produktionen, die mehrfach mit dem Grimme-Preis, der Romy und dem Fernsehpreis der Erwachsenenbildung ausgezeichnet wurden.
WELTjournal steht für globale Bildung
Die ausgezeichnete Sendereihe bietet Orientierung in einer komplexen Welt, mit Hintergrundreportagen und Analysen. Information trägt zu einer differenzierten Weltsicht bei, in der Vielfalt als Bereicherung erlebt wird. Durch Information können Missstände aufgedeckt und gefährliche Entwicklungen erkannt werden. Schließlich entsteht durch Information auch der Respekt, der für das Zusammenleben im globalen Dorf so essenziell ist. WELTjournal ist ein gutes Beispiel für gelungene weltpolitische Bildung im Fernsehen.
Die Sendungsverantwortliche Christa Hofmann war nach ihrem Studium der Publizistik und der Soziologie und der Promotion an der Universität Wien als Nachrichtenredakteurin und Chefin vom Dienst beim ORF-Radio und beim ‚Fernsehen in der Außenpolitik tätig. Von 2008 an arbeitet sie bei den Auslandsmagazinen WELTjournal und WELTjournal+ mit den Schwerpunkten Sozialpolitik, Bildung und Friedensarbeit. Seit 2015 ist sie Sendungsverantwortliche, Redaktionsleiterin und Moderatorin der beiden Auslandsmagazine.
Axel-Corti-Preise an Helene Maimann und Jörg Winter
Die Historikerin Helene Maimann, die über die österreichische Exilpolitik in Großbritannien 1938-1945 dissertierte, war in den 1980er Jahren führend an der Gestaltung der großen Arbeiterkulturausstellungen beteiligt: „Mit uns zieht die neue Zeit“ (1918-1934), „Die Kälte des Februar“ (1934-1938), „Der Zug der Zeit“ (Zeitgeschichte 1945-1985) und „Die ersten hundert Jahre. Österreichische Sozialdemokratie 1888-1988“. Nicht nur die Orte waren ungewöhnlich: eine Straßenbahnremise, ein Eisenbahnzug, einer der Gasometer in Wien, sondern auch die multimediale Gestaltung.
Maimann hat sich schließlich gegen die akademische Karriere entschieden und sich ganz der Bildung und der Vermittlung gewidmet. Seit 2008 arbeitet Maimann als Filmemacherin und Autorin und unterrichtet an der Filmakademie Wien.
Für ihr Wirken wurde Helene Maimann mehrfach ausgezeichnet: mit dem Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis, dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst der Republik Österreich und dem Käthe-Leichter-Staatspreis für Frauenforschung, Geschlechterforschung und Gleichstellung der Arbeitswelt. Den Fernsehpreis für Erwachsenenbildung hat sie 2001 erhalten, gemeinsam mit Paul Lendvai für die Dokumentation „Kreisky – Licht und Schatten einer Ära“.
Helene Maimann steht für zeitgeschichtliche Bildung und für „angewandte Geschichte“ mit vielen Medien: Publikationen, Ausstellungen, Radio, Dokumentarfilme und sie ist seit mehr als 30 Jahren in der Vermittlung von Wissen an Öffentlichkeit tätig.
studierte nach der Matura in Vöcklabruck Geografie und Anglistik und Salzburg, Oxford und Wien. Mit einem Stipendium der Fullbright-Stiftung absolvierte er ein Masterstudium für Journalismus an der New York University. Anschließend war er beim ORF in der Auslandsredaktion der Zeit im Bild tätig. Er berichtete aus verschiedenen Krisenregionen und von diversen Kriseneinsätzen. Von 2006 bis 2009 war Jörg Winter im ORF-Korrespondentenbüro tätig, von 2011 bis 2014 war er Ostasien-Korrespondent und seit dem 1. Jänner 2015 ist er Leiter des ORF-Büros in Istanbul.
Winter ist in allen Genres von TV und Radio zuhause: von der kurzen ZiB-Geschichte, dem Live-Einstieg, der Analyse im Mittagsjournal, über Fernsehmagazine bis hin zur Dokumentation beispielweise im soeben ausgezeichneten WELTjournal.
Seit 20 Jahren macht Jörg Winter außenpolitische Berichterstattung und Reportagen: Kompetenz, Wissen und Handwerk sieht er als unabdingbare Pfeiler für Qualitätsjournalismus. Dabei ist es ihm wichtig, einen klaren ethischen Kompass zu haben.
Winter versteht sich selbst als ein politisch, jedoch nicht parteipolitisch, denkender Mensch. Denn Politik und die Diskussion darüber bestimmt unseren Alltag. Globale Bildung, so Jörg Winter, ist nichts Abgehobenes, sondern das Wissen über Fehlentwicklungen in anderen Ländern schärft den Blick auf Fehlentwicklungen und Gefahren auch in unserem eigenen Umfeld. Wissen über weltpolitische Zusammenhänge erhöht die Qualität politischer Entscheidungen jedes Einzelnen im eigenen Land. Und Wissen und Bildung nimmt Ängste und immunisiert gegen politische Verführer. //
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