Lehrgang „Persönliche Zukunftsplanung in der VHS Hietzing“

Zugegeben, der Titel ist sperrig und es ist herausfordernd, mit kurzen, klaren Worten zu erklären, worum es im Lehrgang und bei Zukunftsplanung an sich geht. Robert Streibel, Direktor der VHS Hietzing – unserem Bildungsträger für den eben abgeschlossenen und für den kommenden Lehrgang – hat es als Beobachter so ausgedrückt: „Ich war von Anfang an interessiert, es war toll in den Kurs zu kommen, spannend, was es da immer zu sehen gab. Aber wirklich erfassen, worum es geht, konnte ich erst durch die Abschluss-Präsentationen der Absolventinnen und Absolventen.“ Darin stecken gleich mehrere „Geheimnisse“ von Persönlicher Zukunftsplanung:

sich Zeit nehmen, anwesend sein, in Kontakt sein, aufmerksam zuhören mit der Absicht zu verstehen, was der Person, um die es geht, wirklich wichtig ist, mehr Fragen – weniger Sagen.

Das sind eigentlich kleine, selbstverständliche Dinge; eine Haltung des sich Zuwendens, neugierig sein, offen sein, sich berühren lassen. Und doch scheint in „unserer Zeit“ der Globalisierung, der immer engeren Taktung und Messung von Ergebnissen darin ein Geschenk an uns selbst und an die Menschen, die uns wichtig sind, zu liegen.

Und genau so verhält es sich mit Persönlicher Zukunftsplanung: die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen im Lehrgang vielfältige Methoden und Ansätze kennen, sie erproben diese und reflektieren darüber. Und parallel dazu geht es immer um den Bezug zum Eigenen: Was hat das mit mir zu tun? Wie ist das bei mir? Was macht das mit mir? Wie passt das mit meinen bisherigen Erfahrungen, meinen Überzeugungen und meinen Vorstellungen von mir und dem Rest der Welt zusammen?

Es geht also auch um Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung, sozusagen „mir selbst zuhören“ – mit der gleichen Neugierde und Offenheit, mit der ich anderen begegne. Neben dieser Grundeinstellung wird Persönliche Zukunftsplanung und somit auch der Lehrgang getragen von der Überzeugung, dass Vielfalt eine Bereicherung ist und dass uns – in der Vielfalt und Verschiedenheit – im Kern mehr Dinge verbinden als uns unterscheiden.

Eine herausragende Besonderheit im 3. Lehrgang, den ich begleiten durfte und der im Mai dieses Jahres zu Ende ging, war die Intensität von Veränderung, die sich im Leben einiger TeilnehmerInnen ergeben hat. „Der Lehrgang war eine unglaubliche Bereicherung für mich, der nicht nur meine Sichtweise in Bezug auf meine Arbeit, sondern auch auf unser aller Leben verändert hat.“(Birgit)

„Für mich war die Lehrgangszeit eine phantastische, augenöffnende und lehrreiche Zeit. Mein Blick auf mich und die Welt hat sich geändert“. (Petra)

„Ich hätte nie gedacht, dass ich auf meine alten Tage so viel Neues lernen werde in einem Gebiet, wo ich der Meinung war, ich weiß schon fast alles. Ich habe mich jedesmal mehr auf die Module gefreut und hoffe, dass noch ganz viele Menschen in diesen Genuss kommen werden.“ (Klaus)

„Danke, dass Du mir durch den Lehrgang näher gebracht hast, worauf es im Leben ankommt; darauf zu achten, was mir und für mich wichtig ist und mit allen Personen, vor allem aber mit mir selbst achtsam umzugehen! Mein Leben hat sich in diesem Jahr grundlegend verändert, und das verdanke ich diesem Kurs!“ (Barbara)

„Vielen Dank für diesen sehr intensiven, lehrreichen und gefährlichen Lehrgang. Für den nächsten Kurs zur Sicherheit eine Warnung aussprechen: Wir übernehmen keine Verantwortung für jede nicht geplante Veränderung in eurem Leben.“ (Gabi)

„Danke für die Weiterentwicklung meines Raumes: meine Denkanstöße, meine Gefühle und mein Wille, die Dinge mit anderen Augen und Ohren zu sehen und zu hören wurden von durch den Lehrgang geschärft, dafür danke ich von Herzen!“ (Daniela)

Die methodischen Schritte der einzelnen Vorgehensweisen haben viele Parallelen mit klassischen Coaching-Fragen oder Ziel-Arbeit. Wo bin ich? Wo will ich hin? Wie komme ich dahin? Was hindert mich daran?.

Dazu kommen:

  1. Träumen: Einmal so tun, als ob es keine Grenzen gäbe, was wäre dann? Diese Träume geben uns eine Richtung, darin finden wir Qualitäten, die der Hauptperson wichtig sind. Für manche Menschen ist es gar nicht so einfach, sich auf dieses Träumen einzulassen. Wir brauchen aber die Träume und unsere Phantasie, wenn wir wirklich einmal etwas Neues oder etwas anders machen wollen.
  2. Unterstützungskreise: Die planende Hauptperson lädt Menschen aus ihrem Umfeld ein, mit ihr über ihre Anliegen nachzudenken. In der Regel sind das die Menschen, die uns besonders wichtig sind, denen wir vertrauen und die besonders gute Ideen haben. Im Kurs ist es mitunter ein „Übungskreis“ mit den Menschen, die gerade da sind.

Dazu braucht es schon eine große Portion Mut. Denn auch hier sind wir eher darauf eingestellt, die Dinge in unserem Leben (und auf jeden Fall die Probleme) selbst zu regeln. Wir haben wenig Übung darin, mit anderen, über eine gute Zukunft nachzudenken.

Das Schöne dabei ist, dass durch das gemeinsame Träumen, Nachdenken, Mitfühlen in einem Kreis aus achtsamen, zugewandten Menschen Ideen und Verbindungen entstehen, Vorhaben ermutigt werden und mitunter Dinge in die Welt kommen, die vorher nicht denkbar waren.

Auch hier sehe ich ein Phänomen unserer Zeit, dem auch Nachbarschaftsinitiativen wunderbar begegnen: in Verbindung mit dem Umfeld sein, gemeinsam, nicht alleine agieren – eine Sehnsucht, die viele teilen.

Der Wermutstropfen

Persönliche Zukunftsplanung wurzelt im anglo-amerikanischen Raum, in den Bemühungen um Deinstitutionalisierung von Betreuungsangeboten für behinderte Menschen. Ausgehend von der notwendig gewordenen Schließung von Großheimen hin zur Normalisierung und zu einem Leben mitten in der Gesellschaft, in allgemein üblichen Wohnformen. Auch bei uns wird der Ansatz überwiegend verwendet, um Veränderung im Leben von Menschen mit Unterstützungsbedarf zu ermöglichen. Persönliche Zukunftsplanung ist ein Schlüsselelement, wenn wir Inklusion verwirklichen wollen. Sie bietet einfach gute Ansätze zur Beteiligung und Ermächtigung aber auch zur Verbindung von Unterstützungspersonen oder -systemen.

Alle bisherigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten einen bestehenden Bezug zum Thema Behinderung. Der überwiegende Teil arbeitet in Einrichtungen der Behindertenhilfe. Einige sind KundInnen in solchen Einrichtungen. Andere haben Familienmitglieder mit Behinderung. Diese inklusive Gestaltung und Durchmischung der Lehrgänge in heterogenen Lerngruppen ist gewünscht und eine gute Sache. Sie bringt viele neue Lernerfahrungen und Verbindungen für alle Beteiligte.

Sie geht aber nicht weit genug: Es ist uns bislang nicht gelungen, diese „kritische Grenze“ zwischen Leben mit und ohne Behinderung zu überschreiten. Ich würde mir wünschen, in zukünftigen Kursen eine noch viel buntere Gruppe aus Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen zu haben. Ich bin überzeugt, dass Persönliche Zukunftsplanung auch für andere Menschen viele Möglichkeiten zur Veränderung und zur Gestaltung einer guten, erfreulichen Zukunft bietet, dass im Lehrgang ganz neue, ungeahnte Dinge und Verbindungen entstehen können und dass die Wahrscheinlichkeit für ungewöhnliche, ungeahnte Neuerungen in dem Maße steigt, in dem Menschen mit unterschiedlichen persönlichen und beruflichen Kontexten einander im Kurs begegnen. //

Miksanek, Stefanie (2018): Lehrgang „Persönliche Zukunftsplanung in der VHS Hietzing“. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Frühjahr/Sommer 2018, Heft 264/69. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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