Radiopreis der Erwachsenenbildung 2015
Welche Bildung für wen?

Einerseits gilt es als klare Sache: In den Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung brauchen wir mehr Bildung, mehr Schulen, mehr Studium, um gewappnet zu sein für den immer schärferen Wettbewerb. Andererseits mehren sich aber Hinweise, dass akademische Bildung nicht die garantierte Absicherung dafür ist, morgen noch einen qualifizierten Job zu haben. Warnungen vor einer übertriebenen Akademisierung werden laut. Der Lohnvorsprung von Akademikern ist in vielen Ländern Europas bereits zurückgegangen.

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Dr. Martin Bernhofer, ORF, © VÖV, Michaela Obermair

Neue Jobkonkurrenten sind aufgetaucht: Sie kommen aus den Fabriken, Produktionsstätten und Arbeitsplätzen der Zukunft, wo immer intelligentere Maschinen große Datenmengen analysieren und über das Internet der Dinge autonom miteinander kommunizieren. Die entscheidende Frage wird lauten, ob der neue technische Wandel qualifizierte Jobs nur durch andere ersetzen wird, oder ob Computer, intelligente Algorithmen und Roboter die menschliche Arbeit immer weiter verdrängen werden.

Neue Fragen der Verteilung stehen damit zur gesellschaftlichen Diskussion, aber auch die Frage, wie einzelne Stufen der Bildungsleiter künftig zu gestalten sind. Mehr Bildung wird sich wohl weiterhin lohnen, aber die Frage „Welche Bildung für wen?“ rückt in den Vordergrund.

Eine wichtige Funktion der Erwachsenenbildung ist auch die Aufklärung über diese Entwicklungen. Wege aufzuzeigen zwischen digitaler Faszination, unkritischem Fortschrittsoptimismus einerseits und technikfeindlicher Verweigerung andererseits.

Die Überwindung der neuen „digital gaps“ erfordert nicht nur „skills“ im Bedienen der Apparate, sondern auch die Fähigkeit, so rapide Entwicklungen, die alle Medien-Generationen betreffen, kritisch zu reflektieren und an einem gesellschaftlichen Diskurs über unerwünschte Nebenwirkungen mitzuwirken. Auch im Zeichen der politischen Bildung.

Gerade das 90 Jahre „alte“ Medium Radio beweist seine Lebendigkeit, indem es Fortschrittsutopien und Dystopien dieser Art – und aller Arten – in ihrem Kontext verständlich macht und zu einer vielstimmigen Diskussion darüber anregt, die Wissen, Partizipation und damit auch aktive Bildungs-Gewinne für die Hörerinnen und Hörer ermöglicht.

Nachhaltiges, „zukunftsfähiges“ Wissen ist das Anliegen aktueller Erwachsenenbildung, die im Radio nach wie vor ein besonders aktives Leitmedium mit großer Reichweite hat: In seiner breiten Hörer/innenschaft ebenso, wie im weiten thematischen Bogen zwischen Zeitgeschichte, Literatur und Musik, bis hin zu Naturwissenschaften und neuen Technologien. Qualitätsjournalismus ist die Voraussetzung, diesen Bildungs-Auftrag nicht nur minimal zu erfüllen, sondern als radiophones „Lebens-Mittel“ inspirierend in die Gesellschaft zu tragen.

Der Radiopreis der Erwachsenenbildung ist eine wichtige Unterstützung dieses Anliegens. In diesem Sinne sei allen Initiatorinnen und Initiatoren, Mitwirkenden, Nominierten und Preisträger/innen dieses Abends gedankt! //

Bernhofer, Martin (2015): Radiopreis der Erwachsenenbildung 2015. Welche Bildung für wen? In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. April 2015, Heft 255/66. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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