Nachhaltigkeit liegt im Selbstverständnis der Volkshochschulen

2020 wurde im Pädagogischen Ausschuss des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen der Entschluss gefasst, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit widmet. Konkret wurde das Ziel verfolgt, ein Leitbild für das gemeinsame Verständnis von Bildung für nachhaltige Entwicklung an Volkshochschulen zu erstellen, um Nachhaltigkeit in der gegenwärtigen und zukünftigen Arbeit an Volkshochschulen sichtbar zu verankern.

Die Ausgangssituation zur Erfüllung dieses Auftrags hätte besser nicht sein können, denn Nachhaltigkeit liegt im Selbstverständnis der Volkshochschulen. Das Eintreten für Demokratie, Offenheit gegenüber Mitmenschen und anderen Kulturen, Solidarität und soziale Gerechtigkeit sind seit jeher Grundwerte der Volkshochschulen und finden sich zugleich in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen wieder.

Ende 2022 konnte das von der Arbeitsgruppe erarbeitete und vom Vorstand beschlossene Leitbild zum gemeinsamen Verständnis von Nachhaltigkeit präsentiert werden und dient seither als Handlungsgrundlage aller Aktivitäten, die von den Volkshochschulen gesetzt werden, um dem Auftrag im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) nachzukommen. Von der Verankerung im Bildungsprogramm über Aspekte der Bewirtschaftung bis hin zur Mitarbeiter*innenführung, -entwicklung sowie der Kooperation mit Partner*innen haben die Volkshochschulen den hohen Anspruch an sich selbst, Nachhaltigkeit ganzheitlich umzusetzen (Whole Institution Approach).

Im vorliegenden Beitrag wird exemplarisch ausgeführt, wie dies in der Volkshochschule gelingen kann. Ein Einblick in den VHS-Alltag der vergangenen zwei Jahre bietet eine Vielfalt an Nachhaltigkeitsaktivitäten auf allen Ebenen der Organisation. Den konkreten Umsetzungsinitiativen liegt die strategische Planung des Unternehmens zugrunde. Hier wird in den Kärntner Volkshochschulen mit folgendem strategischen Entwicklungsziel eine klare Ausrichtung vorgegeben: „Wir wollen, dass Nachhaltigkeit (im Sinne von ESG) ein elementarer inhaltlicher und organisatorischer Bestandteil des Selbstverständnisses der VHS ist.“

Abschließend wird ein Blick in die Zukunft geworfen, denn die Vorbereitungen zur LQW-Qualitäts- und Nachhaltigkeitstestierung laufen bereits. Damit wird ein handlungsleitendes und alltagskompatibles Nachhaltigkeitsmodell in das bestehende Qualitätsmanagementsystem integriert und wird die Qualitätsentwicklung und -sicherung unter Berücksichtigung aller relevanten Nachhaltigkeitsdimensionen gewährleistet.

Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit stärken

Wie bereits eingangs beschrieben, tragen die Volkshochschulen Nachhaltigkeit in ihrer DNA – Themen der Nachhaltigkeit finden sich seit jeher im VHS-Angebot. Das Ermöglichen des Bildungszugangs für benachteiligte Zielgruppen durch niederschwellige und geförderte Kurse und Lehrgänge, Angebote zur Gesundheitsförderung und Kurse im Bereich der Umweltbildung stärken und fördern das nachhaltige Handeln im Alltag und sind in allen Volkshochschulprogrammen zu finden. Das Bewusstsein dafür muss jedoch aufgefrischt werden, daher wurden Sensibilisierungsmaßnahmen für das VHS- Team gesetzt. Die Analyse des eigenen Kursprogramms führte in diesem Zusammenhang zu einer überraschenden Vielfalt an Angeboten mit Nachhaltigkeitsbezug und vor allem zur Erkenntnis, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung weit mehr ist als Angebote zum Thema Klimaschutz.

Um diesen geschärften Blick auf BNE im Kursangebot beizubehalten, wurde das Thema Nachhaltigkeit im Programmplanungsprozess verankert. Das bedeutet, die Nachhaltigkeitsperspektive in der Analyse der Bedarfsermittlung, in der Planung und Entwicklung der Angebote, in der Bedarfsweckung/dem Marketing, der Angebotsumsetzung sowie der Evaluation einzunehmen.

Eine weitere Initiative zur Stärkung des Bewusstseins erfolgte in der Kennzeichnung der Nachhaltigkeit. Mit dem #vhsforfuture und dem VHSgreen-Logo wurde Nachhaltigkeit VHS-intern, aber natürlich auch nach außen hin sichtbar(er). 

Die interne Präsentation dieser Symbole erfolgte im Jahresabschlussplenum, in dem alle Mitarbeiter*innen der VHS vertreten sind. Hier wurden die Nachhaltigkeitsverbundenheit und die zukunftsorientierte Ausrichtung der VHS unterstrichen und die Symbole als Mittel zur visuellen Hervorhebung unserer Werte vorgestellt. Sämtliche nachhaltige Impulse sollen gekennzeichnet werden, um den von der VHS geleisteten Nachhaltigkeitsbeitrag für alle sichtbar zu machen.

Im wichtigsten Printmedium zur Kursbewerbung wurde eine VHSgreen Rubrik geschaffen, wo Angebote vom selber Töpfern der Weihnachtsdekoration bis hin zum nachhaltigen Gestalten des Büroalltags präsentiert werden. Auch bei Pressegesprächen zu Semesterstart wird das VHSgreen Angebot hervorgehoben und der 24. Jänner wird als Tag der Bildung genutzt, um mit dem VHS Beitrag zum Thema „Recht auf Bildung“ wahrgenommen zu werden.

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Von der Gestaltung unterschiedlicher ­Social Media-Beiträge aus allen VHS-Bereichen über Nachhaltigkeitstipps im Newsletter bis hin zur E-Mail-Signatur „#vhsforfuture – Bitte prüfen Sie der Umwelt zuliebe, ob der Ausdruck dieser Mail erforderlich ist – gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft!“ wird Nachhaltigkeit kommuniziert und Bewusstsein geschaffen.

Die nachhaltige Nutzung der eigenen Ressourcen

Die Ideen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsaktivitäten im VHS-Team wurden laufend mehr. Bei einigen Personen zeigte sich ein besonderes Engagement. In der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit konnten diese Ressourcen gebündelt werden. Die Arbeitsgruppe versteht sich als Think Tank, sie gibt Impulse, motiviert die Kolleg*innen zur Mitarbeit und schafft in Abstimmung mit der Führungsebene den Rahmen zur Umsetzung von Ideen und Initiativen. Das große Ziel sind die Implementierung von Nachhaltigkeitsthemen im Unternehmen sowie die Förderung von nachhaltigem Denken und Handeln im VHS-Team. Denn nur wenn Nachhaltigkeit in den Volkshochschulen gelebt wird, ist dies für alle Beteiligten auch spürbar.

So wurden Maßnahmen zur Weiterentwicklung eines gesunden und produktiven Arbeitsumfeldes sowie das Integrieren von nachhaltigen Verhaltensweisen im Arbeitsalltag in Gang gesetzt und damit die Schnittstelle zur Betrieblichen Gesundheitsförderung sowie dem Thema Gesundheit im VHS-Angebot hergestellt. Denn auch das Anrecht auf ein gesundes Leben ist ein Nachhaltigkeitsziel.

Allen Menschen – unabhängig von Geschlecht, von sozialen, ökonomischen oder kulturellen Unterschieden – soll es möglich sein, ihre Gesundheit zu gestalten und zu erhalten. Die Stärkung der Gesundheitskompetenz gehört zum Bildungsauftrag der Volkshochschulen, der auf Angebotsseite verankert ist und auch im Unternehmen eine zentrale Bedeutung hat. 

Das Thema der Gesundheit am Arbeitsplatz ist zum Beispiel Teil der Online-Mitarbeiter*innenbefragung zur Zufriedenheit sowie ein wichtiges Thema im Mitarbeiter*innengespräch und die Erkenntnisse dienen als wichtige Informationen zum Schaffen von betrieblichen Rahmenbedingungen.

So ist es der VHS ein Anliegen, dass Mit-arbeiter*innen die Mittagspause bewusst gestalten und Möglichkeiten zum informellen Austausch mit Kolleg*innen aus anderen Arbeitsbereichen haben. Zur Nutzung saisonaler Produkte aus der Region und zur frischen Zubereitung von Mahlzeiten wird durch das gemeinsame Essen sowie durch Tipps im Newsletter und in Workshopangeboten motiviert.

Bewegungskurse, zum Beispiel zur Stärkung des Rückens, sowie teamstärkende Aktivitäten werden in den Arbeitsalltag integriert und tragen zum schonenden und bewussten Umgang mit den eigenen Ressourcen und damit zur nachhaltigen Gestaltung unseres Lebens bei.

Zur Konkretisierung von Möglichkeiten zur ressourcenschonenden Gestaltung des
Arbeitsalltags wurde ein Begleiter für die VHS-Mitarbeiter*innen erstellt. Der VHS Green Office Leitfaden bietet praktische Anleitungen, inspirierende Ideen und wertvolle Tipps zur Schaffung einer nachhaltigen Arbeitsumgebung, insbesondere in den VHS-Büros. Eine flexible Anpassung des Leitfadens für unterschiedliche VHS-Arbeitsbereiche ist möglich. Alle Mitarbeiter*innen werden ermutigt, diesen Leitfaden als Werkzeug zur Hand zu nehmen, um gemeinsam Veränderungen zu bewirken. Ob es darum geht, den Energieverbrauch zu reduzieren, den Papierverbrauch zu minimieren oder nachhaltige Beschaffungspraktiken zu etablieren – jede Maßnahme zählt zum Schutz der Umwelt und der Steigerung des eigenen Wohlbefindens.

Der Green Office Leitfaden umfasst Aspekte der Öffentlichkeitswirksamkeit sowie Hinweise zur Kooperations- und Vernetzungstätigkeit. Es werden Maßnahmen sichtbar gemacht, die auf individueller Ebene umgesetzt werden können (Was kann ich tun?), und Anforderungen, die auf Unternehmensebene wirksam werden (Was kann die Organisation tun?). Zur Reflexion des eigenen Verhaltens bietet der Leitfaden zudem einen Selbstcheck für nachhaltige Arbeitspraktiken.

Nachhaltigkeit in der Qualitätsentwicklung und -sicherung

Mit dem Qualitätsmanagementsystem LQW von ArtSet (der lernerorientierten Qualitätstestierung in der Weiterbildung) hat die Volkshochschule seit 2005 eine beachtenswerte Organisations- und Professionalisierungsentwicklung zu verzeichnen.

Das Modell wurde weiterentwickelt und bietet nun die Möglichkeit der Nachhaltigkeitstestierung auf Basis der Kriterien von Bildung für nachhaltige Entwicklung und Berücksichtigung des Whole Institution Approach. Für die Kärntner Volkshochschulen bietet sich damit die Gelegenheit, die eigenen organisationalen Strukturen und Abläufe mit dem Nachhaltigkeitsfokus zu prüfen und weiterzuentwickeln. Zudem wird neben dem LQW-Qualitätstestat ein umfassendes Nachhaltigkeitssiegel angestrebt.

Die Anforderungen für die Nachhaltigkeitstestierung umfassen die Qualitätsbereiche Leitbild, Lehr-Lern-Prozess, Infrastruktur, Führung, Personal, Controlling, Kund*innenkommunikation sowie die Strategischen Entwicklungsziele.

Das bereits erarbeitete, richtungsweisende Leitbild wird in diesem Kontext eingefordert. Zudem wird ein pädagogisches Konzept erforderlich, welches pädagogische Grundlagen, Kompetenzförderung sowie Themen und Methoden im Zusammenhang mit BNE umfasst. In diesem Zusammenhang gilt es auch, die Anforderungen an Lehrende zu definieren.

Die Kennzeichnung von BNE-Angeboten ist ebenfalls Teil der Testierungsanforderungen. Mit den vorhandenen VHSgreen Symbolen gehört dies bereits zur VHS-Routine. Auch im Bereich der Kund*innenkommunikation sind die Symbole hilfreich. Zur erkennbaren Kommunikation der Nachhaltigkeitsaktivitäten der VHS werden noch viel mehr öffentlichkeitswirksame Aktivitäten notwendig.

Anforderungen im Bereich der Infrastruktur verstehen sich von selbst. Das Mobilitätsverhalten sowie Themen der Barrierefreiheit spielen hier eine wichtige Rolle.

Die Themen Partizipation und Zusammenarbeit werden in den Bereichen Führung und Personal unter die Lupe genommen. Die interne Kommunikation, Vertretungsregelungen, Aufgabenverteilungen und Verantwortlichkeiten sowie gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen werden auf Nachhaltigkeitskriterien geprüft. 

Das ökologische und sozialverträgliche Wirtschaften steht im Mittelpunkt des Controllings. Dies erfolgt mit entsprechenden Instrumenten sowie der Auswertung von Evaluationsergebnissen. 

Zum Abschluss des Qualitätsentwicklungs- und -testierungsprozesses wird ein Blick in die Zukunft geworfen. Als lernende Organisation werden Ziele zur mittel- und langfristigen Weiterentwicklung formuliert. Diese strategische Ausrichtung gibt den Rahmen für die Maßnahmenplanung der gesamten Organisation vor. 

Wie bereits eingangs beschrieben, lautet die Zielformulierung der VHS Kärnten zum Thema Nachhaltigkeit: „Wir wollen, dass Nachhaltigkeit ein elementarer inhaltlicher und organisatorischer Bestandteil des Selbstverständnisses der VHS ist.“ Dieser strategische Schwerpunkt lenkt die VHS seit zwei Jahren und stärkt das Unternehmen für zukünftige Herausforderungen. //

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Foto: VHS Kärnten

Zimmerberger, Katharina (2024): Nachhaltigkeit liegt im Selbstverständnis der Volkshochschulen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2024, Heft 283/75. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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