Seine volksbildnerische Karriere begann der Student Michael Ludwig als Kursleiter und Vortragender zu zeithistorischen Themen. Bereits 1985 initiierte er an der Volkshochschule Floridsdorf den „Geschichts-Club Groß-Jedlersdorf“ als Versuch, die „Grenzen zwischen historischer Forschung und aktivierender Bildungsarbeit zu überbrücken“. In weiterer Folge organisierte er mehrerer Symposien, eines davon zum Oktoberstreik 1950, der Tagungsband gilt heute noch als zeitgeschichtliches Standardwerk.
1995 wurde der 34-jährige Bundesrat Dr. Michael Ludwig zum neuen Vorsitzenden des Verbandes Wiener Volksbildung gewählt, im April 1995 wird er in den Vorstand des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) kooptiert und bei der Hauptversammlung 1997 zum Vizepräsidenten des VÖV gewählt. Im Jahre 2007 erfolgte die Wahl zum Vorstandsvorsitzenden des VÖV und im Jahre 2008 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der neu gegründeten „Die Wiener Volkshochschulen GmbH“.
Michael Ludwig hat in seinem mehr als drei Jahrzehnte umfassenden Wirken in der Volksbildung und in der Erwachsenenbildung nicht nur Spuren hinterlassen, er hat sie wesentlich geprägt und gestaltet. Dabei hat Michael Ludwig immer versucht, Geschichte, Gegenwart und Zukunft zu verbinden, er hat die großen Traditionen der Volkshochschulen aufgenommen, sie weitergeführt und in einen zeitgemäßen Rahmen gestellt.
Die große Gesamtperspektive ist Michael Ludwig ein Anliegen und die Richtschnur für Aktivitäten, wie er sie bei den Wiener Volkshochschulen, im Bundesverband, im Gefüge der gemeinnützigen Erwachsenenbildung, die in der gemeinsamen Plattform KEBÖ (Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs) zusammengeschlossen ist, aber auch in der Bundespolitik angestoßen, unterstützt und/oder vorangetrieben hat. Michael Ludwig steht für klare Inhalte und er steht für eine zeitgemäße und der Idee der Volkshochschule verpflichtete pädagogische Strategie.
Der Politikwissenschafter bemüht sich um einen offenen und kritischen Diskurs zu wichtigen zeitgeschichtlichen Themen. Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein sind Michael Ludwig wichtig. Die „Umweltberatung“ hat er als Beitrag zur „Umweltmusterstadt Wien“ unterstützt und an der Implementierung in den Wiener Volkshochschulen hat er als junger pädagogischer Assistent mitgearbeitet. Dem „Internationalisten“ war und ist das internationale Engagement der Volksbildung ein Anliegen. An den „Salzburger Gesprächen“ des VÖV hat er viele Jahre lang teilgenommen, die erste europäische Konferenz der European Society of Research on the Education of Adults (ESREA) hat er unterstützt und zu den guten Kontakten zum Deutschen Volkshochschulverband hat er wesentlich beigetragen.
Mit der von Michael Ludwig initiierten beispielgebenden Kooperation von Wiener Universitäten mit den Volkshochschulen durch das Programm „University Meets Public“ wird die große Tradition der Wiener Volksbildung in die Gegenwart geholt, Wissenschaft und Erwachsenenbildung werden stärker verknüpft.
Die traditionell mit nur wenig Schriftlichkeit ausgestattete Erwachsenenbildung erfuhr durch die von der Pädagogik der Wiener Volkshochschulen herausgegebene Edition Volkshochschule eine entscheidende Bereicherung. Unter der Vorsitzführung von Michael Ludwig sind bis 2011 insgesamt 97 Publikationen erschienen, die sich mit historischen, pädagogischen und bildungspolitischen Themen befasst haben, weiters Konferenzdokumentationen und viele Unterrichtsmaterialien.
Michael Ludwig hat zur Realisierung moderner Lernorte in Wien wesentlich beigetragen. Unter seiner Vorsitzführung wurden die Volkshochschulen Landstraße, Meidling und Simmering gebaut und das Vorzeigeobjekt, die Wiener Urania, wurde saniert. Mit der Wiener VHS GmbH wurde eine zeitgemäße Struktur für die größte Volkshochschule Europas geschaffen. Die pädagogische Strategie basiert auf den europäischen Schlüsselkompetenzen für das lebenslange Lernen und auf einer wissenschaftsbasierten Programmatik. Das grundlegende Werk „Weißbuch Programmplanung“ wurde mit dem Ludo-Hartmann-Preis des VÖV ausgezeichnet. „Bildung im Gemeindebau“ steht für eine Bildung, die dorthin geht, wo die Menschen sind. Das von Michael Ludwig unterstützte Projekt „LernbegleiterInnen im Gemeindebau“ erhielt 2012 den Staatspreis für Erwachsenenbildung.
Die Medienpreise (Fernsehpreis und Radiopreis) sind ein kooperatives Projekt der österreichischen Erwachsenenbildung, die Michael Ludwig immer gefördert hat. Ebenso die Wissenschaftspreise, die der VÖV für herausragende wissenschaftliche Projekte und Arbeiten im Interesse der Volkshochschulen und der Barbara-Prammer-Preis für bürgerschaftliche Bildung.
Erwachsenenbildung braucht gemeinnützige Organisationen, Strukturen und eine hinreichende öffentliche Finanzierung, daher hat sich Michael Ludwig auch immer für die KEBÖ eingesetzt. Als im Jahr 2003 die Kürzungen der damaligen Bundesregierung einen Höhepunkt erreichten, haben Michael Ludwig als VÖV-Vizepräsident und Weihbischof DDr. Helmut Krätzl zusammen mit anderen SpitzenvertreterInnen der Erwachsenenbildung in einer legendären Pressekonferenz die Missstände kritisiert. Kein Geheimnis ist es, dass die allgemeinbildende Erwachsenenbildung für Michael Ludwig einen besonderen Stellenwert hat, womit er an Bruno Kreisky anschließt, der die Bedeutung einer allgemeinbildenden Erwachsenenbildung betonte und sich 1979 dafür ausgesprochen hat, dass die Bundesmittel für die allgemeine Erwachsenenbildung verdoppelt werden sollten.
Annähernd eine Million Menschen in Österreich verfügen über nur geringe schriftliche, alltagsmathematische und IT-Kompetenzen. Zur Umsetzung der „Initiative Erwachsenenbildung“ hat Michael Ludwig entscheidend beigetragen. Die Bedeutung einer guten Grundbildung hat er immer betont, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass Erwachsenenbildung nicht auf eine Reparaturanstalt reduziert werden darf, denn Erwachsenenbildung ist neben der schulischen und der hochschulischen Bildung die dritte Säule des Bildungswesens. Als Vertreter der Stadt Wien hat Ludwig darüber hinaus zur Realisierung weiterer entscheidender Säulen der Bildungspolitik beigetragen, nämlich zum Qualitätssiegel „Ö-Cert“, und als Vorstandsvorsitzender des VÖV zur Begründung der Weiterbildungsakademie Österreich, die die Qualifikationen von ErwachsenenbildnerInnen validiert und zertifiziert sowie zur Bildungsberatung. Diese tragenden Säulen der österreichischen EB-Politik sind allesamt europaweit viel beachtete Beispiele guter Praxis.
Die Digitalisierung ist ihm als Wiener Bürgermeister und als Erwachsenenbildner ein wichtiges Thema. Sie eröffnet neue Chancen und sie ist im Sinne der Menschen und eines gelingenden Lebens zu gestalten. Die bestehende „digitale Kluft“, die über weite Strecken sozial determiniert ist, gilt es zu bekämpfen. Michael Ludwig steht für Bildungsgerechtigkeit und für Bildung als Chance. Bildung ist essenziell zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Demokratie. //
Buchtipp: Gerhard Bisovsky (Hrsg.):
Michael Ludwig – der Volksbildner.
Wien: Verband Österreichischer Volkshochschulen 2019. (Schriftenreihe des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen Nr. 15).
Mit Beiträgen von: Ulrich Aengenvoort, Karl Bader, Gerhard Bisovsky, Elisabeth Brugger, Helmut Cerwenka, Rudolf Egger, Heinz Fischer, Michael Grabher, Beate Gfrerer, Elke Gruber, Wolfgang Gruber, Johannes Hahn, Barry J. Hake, Hilde Hawlicek, Gabriele Heinisch-Hosek, Hubert Hummer, Günter Kotrba, Mariana Kühnel, Werner Lenz, Sabine Letz, Gerwin Müller, Julia Panholzer, Hubert Petrasch, Ernst Dieter Rossmann, Claudia Schmied, Walter Schuster, Herbert Schweiger, Christian H. Stifter, Robert Streibel, Michael Sturm, Rita Süßmuth, Belmir Zec, Ronald Zecha.
ISBN-Nr. 978-3-902022-39-4. 164 Seiten. Format 12,5 x 19 cm. Zum Preis von € 18 erhältlich: voev@vhs.or.at
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