Künstliche Intelligenz steht zur Diskussion. Der Autor, Hörfunkjournalist und Studienleiter in der Erwachsenenbildung, lädt zum zurzeit „wichtigsten Gespräch“. Es sei noch Zeit, sich Gedanken zu machen, was wir von künstlicher Intelligenz und den Bereichen ihrer Anwendung erwarten und wie wir Spezifika unseres Menschseins davon abgrenzen. Wie kann und soll künstliche Intelligenz verantwortlich gestaltet werden?
Einfach definiert gilt als künstliche Intelligenz, erläutert Brendel, wenn sie sich so verhält, wie sich auch ein Mensch verhielte. Ihre Geburtsstunde schreibt man Mitte der 1950er-Jahre, ihre Väter waren US-amerikanische Mathematiker, die ihr wissenschaftliches Forschungsprojekt „On Artificial Intelligence“ am Dartmouth College in New Hampshire als Sommercamp organisierten.
Künstliche Intelligenz basiert auf Algorithmen, auf automatisierten Anweisungen – auf einem „Programm“ – das in fester Reihenfolge abgearbeitet wird. Durch Rückkoppelungen an sich selbst lernt die künstliche Intelligenz: ein maschinelles Lernen in – analog zum Gehirn – simulierten neuronalen Netzen über viele Schichten. Je mehr Schichten, desto tiefer – deeper – das Lernen. „Deep Learning“ wurde deshalb zum Fachbegriff für den Einsatz neuronaler komplexer Netze.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist dieses „Deep Learning“, maschinelles Lernen, diese künstliche Intelligenz oder schlicht: sind Computerprogramme zwar nicht immer sichtbar, aber ein fest verankerter Teil unserer Existenz geworden.
Übersichtlich nennt Brendel Bereiche, wo gegenwärtig schon künstliche Intelligenz eingesetzt wird. Dazu zählen der Gebrauch von Internet, Sprachassistenten, Übersetzungs-Apps oder Roboterjournalisten, die Textbausteine für Nachrichten zusammenstellen. Ebenso betrifft dies Medizin, Wirtschaft, Kunst oder das Weltall, die Anwendung zur Entscheidungsfindung in Banken und Versicherungen, der sozialen Kontrolle durch automatische Gesichtserkennung. Der Begriff „Big Brother“ symbolisiert diese Entwicklung. Ein neues Feld der Irreführung öffnet sich durch „Voice Cloning“ und „Fake Videos“!
Was die nahe Zukunft, also etwa die nächsten fünfzehn Jahre, betrifft, erörtert Brendel die Entwicklung der künstlichen Intelligenz beim autonomen Fahren, in der Arbeitswelt oder für Waffensysteme.
Der zweite Teil des Buches bietet den Hintergrund, um Themen zu sammeln und um Fragen zu formulieren „für das wichtigste Gespräch unserer Zeit“ – nämlich, was wir vom weiteren Einsatz der künstlichen Intelligenz halten. Wem soll, fragt Brendel, die Entwicklung der künstlichen Intelligenz, dieser einflussreichen Technologie überlassen werden? Zurzeit liege dies hauptsächlich bei kommerziellen Unternehmen, die profitorientiert agieren.
Ergänzt wir diese Themensammlung noch mit Blick auf mögliche Zukunftsszenarien für eine Zeit, in der künstliche Intelligenz der menschlichen ebenbürtig sein könnte. Schließlich regt der Autor Leserin und Leser zum Nachdenken an, welche Fragen sie oder er bezüglich der weiteren Entwicklung künstlicher Intelligenz stellen würden.
Die Aktualität des Themas ist gegeben: Wegen der Konkurrenz auf dem Sektor künstlicher Intelligenz mit China und den USA will die Europäische Union ihre Investitionen in diesem Jahrzehnt von etwa drei auf zwanzig Milliarden Euro erhöhen. Zudem soll bis Mitte 2020 anhand eines dazu erstellten Weißbuches eine öffentliche Befragung durchgeführt werden, um die Vorstellungen von Gesellschaft und Wirtschaft zur künstlichen Intelligenz, unter anderem auch bezüglich ihrer Regulierung oder des Einsatzes von Gesichtserkennung, zu erheben. (Siehe: https://orf.at/stories/3154879/).
Das Buch fördert politische Sensibilisierung und ermutigt zur demokratischen Mitsprache in einem technologischen Segment, das nicht nur sich, sondern auch die Lebensbedingungen der Menschen gravierend ändert. //
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