Die Volkshochschule Götzis hat im Herbst 2013 ihr neues Gebäude am Garnmarkt bezogen. Wie ist es dazu gekommen?
Zuvor waren wir seit den 1990er Jahren im Vorarlberger Gewerbepark untergebracht und haben in einem alten Industriegebäude nach und nach Räume umgestaltet, die nicht mehr für die Textilproduktion verwendet wurden. Dort haben wir ein Setting gehabt, das viele Betriebe gemeinsam mit der Volkshochschule genutzt haben. Wir hatten ein Restaurant gemeinsam, einen gemeinsamen Empfang und eine Poststelle. Weiters gab es eine große Glaskuppel, in der wir unsere Abschlussfeiern und das Sprachencafé durchführten. Das Gebäude ist aber dann in die Jahre gekommen …
Ungefähr 2008 begann Götzis die Planung für einen neuen Stadtteil am Garnmarkt mit Wohngebäuden, Arztpraxen, betreutem Wohnen und Geschäften. Das gefiel mir gut, aber ich argumentierte, dass die Bildung fehlt, denn die Bildung gehört nicht ins Eck einer Gemeinde, sondern ins Zentrum. Das wurde von den Planer*innen ernst genommen und wir haben dann gemeinsam an der Schaffung eines Bildungshauses gearbeitet. Daran beteiligt war auch die Kathi-Lampert-Schule, einer Schule für Sozialberufe, die mit der VHS bereits im Wirtschaftspark war, und wir haben gemeinsam ein neues Gebäude konzipiert. Entstanden ist ein Fünfeck, ein Pentagon. Wir haben dieses Gebäude von Grund auf so entwickelt, wie wir es uns gewünscht haben. Das erste und das zweite Geschoß mit jeweils 750 m2 für die Volkshochschule, und der dritte Stock für die Kathi-Lampert-Schule. Von Anfang an ging es um Synergien. Die Schule ist eine Tagesschule, und am Abend werden die Räume von der Volkshochschule genützt.
Wie wurde das Gebäude geplant, auf welche Erfahrungen konntet ihr zurückgreifen?
Die Planung erfolgte zeitgleich mit der Volkshochschule Salzburg. Gemeinsam mit Günter Kotrba und Nicole Slupetzky haben wir uns einige Volkshochschulen in Deutschland angesehen. Das waren die Volkshochschulen in Bremen, in Hamburg und in Oldenburg. Letztere war damals ein neu errichtetes Gebäude.
Bei den Räumlichkeiten haben wir darauf geachtet, dass alle Klassenräume nach außen gerichtet sind und dass auch nach Innen alle Türen eine Glasscheibe haben, sodass das Licht auch nach Innen kommt. Wir haben ein großes Innenfoyer, das nach oben offen ist. Man hat nicht das Gefühl einer Beengung, sondern alles ist komplett lichtdurchflutet nach oben.
Zwei große Säle waren für uns wichtig, die mit einer Trennwand teilbar sind. Diese Säle können für größere Veranstaltungen sowie als Turnsaal verwendet werden. Deshalb gibt es auch zwei Umkleidekabinen für Frauen und Männer mit Duschen. Hier werden auch Pilates- und Yogakurse und ähnliche Formate durchgeführt, am Anfang hatten wir auch Zumba-Kurse in diesen Räumen, aber das war dann zu laut, weil das Gebäude relativ offen ist. Es gibt einen EDV-Raum, der für den Pflichtschulabschluss und die Berufsreifeprüfung genützt werden kann. Wir haben gemeinsam mit der Schule eine Küche im Haus. Die Küche wird von der Schule verwaltet und am Abend für die Kochkurse der VHS genützt.
Einige Räume sind Kreativräume mit Schränken für Materialien und Waschbecken, sodass auch ein Bastelkurs oder ein Malkurs gemacht werden kann.
Zufälligerweise ist der Vermieter der gleiche. Wir haben daher auch gemeinsam angekauft und konnten als zwei große Einrichtungen auch gut mit dem Vermieter verhandeln.
Die Volkshochschule befindet sich im Zentrum …
Eine Volkshochschule im Zentrum zieht Leute an. Wir haben im vergangenen Herbst das zehnjährige Jubiläum am Standort Garnmarkt gefeiert und da konnte ich berichten, dass wir gut 90.000 Menschen in dieses Haus gebracht haben, die sonst möglicherweise nicht an den Garnmarkt bzw. nach Götzis gekommen wären. Wir haben es geschafft, ein Bildungshaus zu gestalten, das ausstrahlt in die Region und umgekehrt auch von der Region befruchtet wird. Es gibt im Keller die größte Tiefgarage Vorarlbergs. Da Götzis in Vorarlberg sehr zentral und verkehrsgünstig liegt, war das wichtig, um eine breite Zugänglichkeit zu ermöglichen.
Von Anfang an wurde mitgeplant, dass Räume vermietbar sind? Das heißt viele Mehrzweckräume und nur sehr wenige Räume, die nur für spezielle Angebote oder Anforderungen geeignet sind.
Ja, es ging von Anfang an auch darum, dass wir extern vermieten können. Und das hat auch gut geklappt, denn jährlich haben wir etwa 160 externe Veranstaltungen.
Wir haben viele Räume, die Klassenzimmer sind, die vielfältig nutzbar sind. Wir haben in allen Räumen eine gut nutzbare Infrastruktur mit Beamern und PCs sowie Flipcharts und Pinnwänden.
Darüber hinaus gibt es ein Dozent*innenzimmer, in dem Kursleitende sich zurückziehen können. Sie haben einen Kommunikationsraum, in dem ein Kopierer und eine Kaffeemaschine stehen und einen Arbeitsplatz. Viele Lehrende kommen von ihrem Hauptberuf in der Schule zu uns und sollen sich hier auch wohlfühlen können.
Weiters haben wir von Anfang an eine Sprachenbibliothek mitgeplant, die gab es schon im Wirtschaftspark und wurde zusammen mit dem Sprachencafé gut genützt. Im Zuge der großen Flüchtlingsbewegungen ab 2015 hat sich die Bibliothek sehr bewährt. Wir haben viele Ehrenamtliche unterstützt und begleitet. Gemeinsam mit Expert*innen haben wir definiert, was Ehrenamtliche hier gut machen können und was nicht. Mit der Covid-Pandemie ist die Nachfrage allerdings zurückgegangen und deshalb haben wir diese Bibliothek zurückgebaut.
Die VHS führt auch eine Bibliothek, die sich gegenüber der VHS befindet.
Die ehemalige AK-Bibliothek wurde an die Gemeinde zurückgegeben und der damalige Bürgermeister hat sich an uns gewandt und so haben wir vor 15 Jahren die Bibliothek mitübernommen. Im Zuge der Gestaltung des Garnmarktes wurde eine zweigeschoßige Bibliothek mit einer Zwischenwand aus Holz errichtet, die von der VHS geführt wird. Die Kosten werden von der Gemeinde refundiert. Es gibt viele Synergien, die VHS macht Veranstaltungen in der Bibliothek und auch umgekehrt gibt es Veranstaltungen der Bibliothek bei uns. Mit der Bibliothek erreichen wir nochmals zusätzlich rund tausend Personen im Jahr. Hier handelt es sich zum einen um die Kund*innen der Zukunft, die später vielleicht in die VHS kommen, und auch ihre Eltern. Dieses Setting hat sich sehr gut bewährt.
Können Lehrende der Volkshochschule auf die Bibliothek zugreifen und dort Materialien für ihren Unterricht bekommen?
Ja, natürlich. Darüber hinaus machen wir in der der Bibliothek ein Lerncafé, das von engagierten Ehrenamtlichen betreut wird. Wir empfehlen unseren Deutschkurs-Teilnehmer*innen, sich dort noch zusätzliche Unterstützung zu holen. Es gibt hier viel Zusammenarbeit.
Wenn du die VHS heute betrachtest: Was hat sich bewährt und was wäre heute anders zu machen?
Wenn ich noch einmal beginnen würde, dann würde ich gleich zu Beginn gute Stühle und Tische kaufen, die zehn Jahre halten, anstatt drei Mal in zehn Jahren neue Stühle zu kaufen, weil die alten nicht mehr gehalten haben. Sehr bewährt haben sich unsere rechteckigen Tische. Wichtig ist, dass sie klappbar sind, so können wir rasch und flexibel umbauen. Und nicht immer steht ein Haustechniker zur Verfügung, vielfach machen wir das selber. Bei vielen Räumen gibt es kleine Nischen und Nebenräume, in denen Tische und Stühle verstaut werden kann.
Welche Anforderungen werden in Hinkunft an die Volkshochschule in Bezug auf die Ausstattung von Gebäuden und Räumlichkeiten zu berücksichtigen sein?
Was wir übersehen haben, sind die elektrischen Anschlüsse. Die Leute kommen mit ihren eigenen Geräten und benötigen dafür auch eine entsprechende Infrastruktur. Wir haben ein gutes W-LAN und Drucker sind für die Teilnehmer*innen und für die Kursleiter*innen zugänglich. Wir haben eine schöne Terrasse, da haben wir im Sommer bereits um halb Acht in der Früh „Jumping Fitness“ gemacht. Das wurde zwar von einigen Nachbarn nicht gutgeheißen, aber wir sind auch für solche Aktivitäten gut ausgestattet.
Welche Empfehlungen kannst du für VHS-Bauten und für die Ausstattung von Lernräumen geben?
Wichtig ist die Flexibilität. Wir haben offene Räume und wir haben multifunktionelle Räume. Ideal ist es, dass Räume vergrößert und verkleinert werden können. Gleichzeitig kann eine Volkshochschule auch bodenständig sein und wenn das W-LAN gut funktioniert, dann haben wir bereits eine gute Grundlage. //
Fotos: Volkshochschule Götzis
Lieber Stefan,
VIELEN Dank für den schönen und aufschlussreichen Bericht. Habe ich das richtig verstanden: „Die Schule ist eine Tagesschule, und am Abend werden die Räume von der Volkshochschule genützt.“ – heißt das, dass ihr keine Vormittagsveranstaltungen habt? Und die Möblierung in diesen gemeinsam genutzten Räumen: Ist die denn jugend- und erwachsenengerecht zugleich?
Weiterhin viel Erfolg! Habe mir jedenfalls fest vorgenommen, dass ich irgendwann demnächst mal bei euch vorbeikomme (selbstverständlich nach Anmeldung), um mir euren Pracht-Standort mit eigenen Augen anzusehen.
Liebe Grüße aus Krems, Leo Faltus
Lieber Leo,
ich hab mich verkürzt ausgedrückt:
Die Kathi Lampert Schule im 3. Stock ist eine Schule für Sozialbetreuungsberufe, die von erwachsenen Menschen besucht wird. Dahingehend hat sowohl diese Schule als auch wir erwachsenengerechte Möbel.
Und: Wir nützen an den Abenden die Räumlichkeiten der Schule, wenn unsere eigenen 11 Räume belegt sind. Umgekehrt nutzt die Schule vor allem am Tag unsere Räume.
Schöne Grüße nach Krems,
Stefan
Das ist ja wirklich Synergie in Reinkultur. VIELEN Dank, Stefan. Weiterhin alle Gute und viel Erfolg!
LG, Leo