Melanie Challenger: Wir Tiere. Eine neue Geschichte der Menschheit.

Melanie Challenger: Wir Tiere. Eine neue Geschichte der Menschheit.
München: Btb-Verlag 2021, 319 Seiten.

Wir sind Tiere, wollen es aber nicht wahrhaben. Selbstliebe kann helfen, unsere besondere organische Form mehr zu schätzen. Dazu will das Buch beitragen, indem es die „Schönheit des Tierseins“ beschreibt. 

Melanie Challenger, preisgekrönte Lyrikerin und erfolgreiche Sachbuchautorin, meint, Menschen haben ihr Fundament in ihrer tierischen Herkunft und dadurch Anteil am gesamten Leben auf dem Planeten. Da Menschen ihre kreatürliche Existenz mit Sinn erfüllen können, macht sie das zu einem besonderen Tier. Menschen sind ein Bestandteil des Lebens auf der Erde, aber keine einzigartige eigene Schöpfung. Sie sind eine Spezies, die über ihr eigenes Sein reflektieren kann und die zusammen mit einer Vielzahl anderer Lebewesen existiert. 

Mit ihrem Buch will die Autorin „das Tiersein“ des Menschen verteidigen. Es geht ihr darum, nicht das Menschsein abzuwerten, sondern sie „will uns die Schönheit des Tierseins neu zeigen“ (S. 19). Das soll vor Selbstüberschätzung schützen und zu einer „Selbstliebe“, zu einem Verständnis des Lebewesens Mensch beitragen.

Dem heutigen Menschen kommt in der langen Geschichte der Lebewesen nur ein sehr kurzer historischer Zeitraum zu. Umso mehr erstaunt es, wie sich der Homo sapiens über die ganze Erde ausgebreitet hat, wie er das Artensterben beschleunigt, das Klima beeinflusst und sich selbst in eine dominante Position gebracht hat. „Traum von Größe“ betitelt die Autorin das erste Kapitel, in dem sie den Menschen abspricht, ein „wunderbar einzigartiges Wesen“ zu sein. Nein, wie die Tiere stammen die Menschen „vom Leben“ ab, gehören „zu ihm“, wie Tiere sind Menschen „in stetem Fluss“, sind wandelbar und ohne unveränderlichen Wesenskern.

Der zweite Abschnitt, „Bürgerkrieg im Kopf“, setzt sich mit der (Selbst-) Überschätzung der geistigen Fähigkeiten des Menschen, seines Denkens, seiner Intelligenz, seines Bewusstseins auseinander. Fähigkeiten – ihre Definition ist eher viel- als eindeutig – über deren Ursachen uns das entscheidende Wissen fehlt. Sie ermöglichen es allerdings, mit Lebewesen zu interagieren und organisiert zusammenzuleben.

Artensterben und der Tod beschäftigen Melanie Challenger im Kapitel „Fremde der Schöpfung“. Gerade der Tod zeigt den Menschen, dass, analog zu allen anderen Lebewesen, der Körper in Kohlenstoffverbindungen zerfällt und in neuen Bausteine zur Quelle und zur Basis für neue Lebewesen wird. Den Tod erklärt die Autorin zu einem notwendigen Bestandteil jedes Ökosystems. Im letzten Kapitel, „Tagewerk der Sterne“, verdeutlicht die Autorin nochmals nachdrücklich unsere Verbundenheit mit dem Kosmos – der Mensch ist nicht getrennt vom Rest des Lebens.

Resümierend empfiehlt Challenger, sich das Leben nicht als Stufenleiter mit einem einzigen Wesen an der Spitze vorzustellen. Unsere Form des Bewusstseins und unsere Fähigkeit, Sinn zu stiften, gibt uns die Chance, meint die Autorin, das Leben „als prächtiges Spektakel“ wahrzunehmen.

Das Buch vermittelt: Auf unserem Planeten haben wir Menschen viele Mitbewohnende. Sie und die gemeinsame Umwelt zu schützen, sollen wir mit achtsamen Sinnen tun. 

Das informative, in erzählendem Stil verfasste Buch wirbt um Verständnis für soziale Verantwortung der Menschen gegenüber anderen Lebewesen. Deshalb ist es sicherlich zweckmäßig, es in naturwissenschaftlichen Kursen aber auch im Rahmen der politischen Bildung als ergänzende Lektüre einzusetzen. //

Lenz, Werner (2022): Melanie Challenger: Wir Tiere. Eine neue Geschichte der Menschheit. München: Btb-Verlag 2021, 319 Seiten. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Sommer 2022, Heft 276/73. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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