Dankesrede Axel-Corti-Preis

Lieber Herr Bisovsky, lieber Herr Tenschert – herzlichen Dank für Ihre sehr wohlwollende Rede und ihren ebenso wohlwollenden Film. Sie haben meine Schattenseiten dankenswerterweise ausgeblendet und sich damit eine arge Übertreibung geleistet. Aber ich kann damit leben …

Axel Corti habe ich nicht persönlich kennengelernt – aber seine Stimme habe ich immer noch im Ohr. Tief, samtig, angenehm erzählend. Axel Corti habe ich oft gehört – im Doppeldeckerbus zwischen Keighley und Bradford in England. 1990/91 war ich ein Schuljahr lang dort, um Deutsch zu unterrichten. Axel Corti war für mich die Stimme aus der Heimat. Aufgenommen auf Audio-Kassetten. Eine Stimme des anderen Österreich.

Ebenso wie seine Filmtrilogie Teil meiner Heimat war. „Wohin und zurück“ wurde damals im englischen Fernsehen ausgestrahlt. Fritz Muliar – mit englischen Untertiteln. Irgendwie schräg.

Ich hab diesen Axel Corti auch live gehört – nicht nur mit Schalldämpfer, sondern mit Mikrofon. Auf dem Morzinplatz, damals in der Waldheim-Zeit. Er las Paul Celan. Die Todesfuge: „Dein goldenes Haar Margarete, dein aschenes Haar Sulamith.“

Axel Corti fehlt. Mehr denn je.

Wir begehen 70 Jahre Kriegsende. Wir hören die letzten Zeugen. Junge Schauspielerinnen und Schauspieler lesen Tagebucheintragungen von damals. Die Stimme Axel Cortis fehlt.

Wir sind fassungslos und schämen uns für die Katastrophen, die sich im Mittelmeer abspielen. Wie hätte er im Schalldämpfer das Unaussprechliche dargestellt? Seine Worte, seine Texte fehlen.

Wie scheinbar bedeutungslos die Themen, mit denen wir uns tagespolitisch sonst befassen. Und doch: Wir haben eine große Krise hinter uns. Eine Krise der Banken, der Wirtschaft, der Europäischen Union. Manche meinen, wir hätten sie noch längst nicht überwunden. Ob Axel Corti sich dazu geäußert hätte? Er wäre nicht auf der Seite der Banken gewesen.

Mir war Axel Corti ein wichtiger Lehrmeister damals, ein akustischer Wegbegleiter. Nicht nur im roten Doppeldeckerbus. Meine Bildung habe ich nicht zuletzt durch ihn erfahren. Er hat den Schüler von damals, den Studenten gelehrt, genau zu beobachten, achtsam zu sein. Und politisch wachsam.

Liebe Damen und Herren von der Jury – Sie beschämen mich, wenn Sie mir einen Preis zuerkennen, der nach Axel-Corti benannt ist. Aber liebe Jury: Herzlichen Dank dafür. //

Varga, Christoph (2015): Dankesrede Axel-Corti-Preis. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Juli 2015, Heft 256/66. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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