Horst Siebert – Erwachsene lernfähig, aber unbelehrbar?
Was der Konstruktivismus für die politische Bildung leistet.
Die Ergebnisse der BeLL-Studie1 zeigen, dass Teil-nehmer*innen in der Erwachsenenbildung sich gesünder fühlen, motivierter sind und sich selbstbewusster erleben. Wenn diese Ergebnisse stimmen, dann machen wir Erwachsenenbildner*innen ganz im Geiste von Horst Siebert vieles richtig. Horst Siebert war ein Anhänger der konstruktivistischen Erwachsenenbildung und in seinen Büchern regte er an, sich von traditionellen Instruktionsmethoden abzuwenden und für Methoden wie z. B. reflexive Selbststeuerung, Lehren als Anregung und Beratung, Erfahrungsorientierung, situierte Lernumgebung, Berücksichtigung authentischer Anwendungen zu plädieren. Selbstgesteuertes Lernen ist ein Schlüsselbegriff in Sieberts Büchern und bringt zum Ausdruck, dass Teilnehmer*innen, die die Zielsetzung und den Ablauf eines Bildungsangebotes mitbestimmen können, sich nicht als Adressaten, sondern als Mitglied einer selbst steuernden Gruppe erleben. Diese Selbstwirksamkeit im Wechselverhältnis mit der sozialen Umwelt, mit Lehrenden, mit der Natur und mit sich selbst sowie den eigenen Erfahrungen zu erleben und zu reflektieren, führt zu Emanzipation. Emanzipatorische Bildung bedeutet im Sinne der Aufklärung kritische Urteilsfähigkeit und selbstverantwortliche Lebensführung, Kritik an politischer Bevormundung und Benachteiligung.
Zusammenfassend kann man also festhalten, dass die Erwachsenenbildung ihre Teilnehmer*innen stärkt, motiviert und emanzipiert und damit mit all ihren Kursen eine kraftvolle Demokratiebildungsstätte ist. Das ist jetzt meine subjektive Konstruktion der Wirklichkeit und ich empfehle, das Buch von Horst Siebert „Erwachsene lernfähig, aber unbelehrbar?“ zu lesen und sich Zeit zu nehmen, zu reflektieren und mit anderen Erwachsenenbildner*innen zu diskutieren. //
Für wissenschaftlich-interessierte Praktiker*innen:
Siebert, H./Gerl, H. (1975): Lehr- und Lernverhalten bei Erwachsenen. Braunschweig. Hierbei handelt es sich um eine der großen Leitstudien (die sogenannte Hannoveraner-Leitstudie) der EB-Wissenschaft – bis heute gibt es meines Wissens vier, die aktuelle aus dem Jahr 1978. Trotz Alter bis heute absolut lesenswert und methodologisch schon ziemlich beeindruckend.
Ein gutes Übersichtswerk: Siebert, H. (2011): Lernen und Bildung Erwachsener. Bielefeld.
Schließlich m. E. der Klassiker. Das Buch strotzt nur so voll spannenden Aspekten, Wissen- und Erfahrungsschätzen. Auch die konstruktivistische Sicht ist nicht völlig überdreht (wie z. B. gerne mal bei Arnold).: Siebert, H. (2019): Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. Didaktik aus konstruktivistischer Sicht. 8. überarbeitete Auflage. Augsburg. //
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