Für Demokratiepolitische Bildung und für Medienkompetenz ist die Erwachsenenbildung essenziell!

Viele west- und mitteleuropäische politische Systeme befinden sich mitten in Prozessen der Veränderungen, deren Ausgang noch weitgehend ungewiss ist. Diese Veränderungen gehen in einer Geschwindigkeit vor sich, die bis dato noch nicht zu beobachten war. Dass Änderungen im politischen System notwendig sind, zeichnet sich auch in Österreich schon seit einiger Zeit ab. Ein Patentrezept, was zu ändern wäre, gibt es allerdings nicht. Selbst die so hochgelobte „direkte Demokratie“ wird für sich alleine keine wesentlichen Änderungen bringen. Sie wird wahrscheinlich die Beteiligung der Mittelschichten an den politischen Prozessen verbessern. Und wir haben guten Grund zur Annahme, dass sich die Skepsis, die beispielsweise Menschen mit Erstausbildungsniveaus unterhalb von Matura und Lehre vielen Formen der Politik entgegenbringen, sich dadurch nicht verringern wird. Auch die Ohnmachtsgefühle in Bezug auf das Einbringen in politische Prozesse werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geringer werden.

Wir leben in einer hoch medialisierten Gesellschaft, in der es immer schwieriger wird die vielen Nachrichten, die über die unterschiedlichsten Medien verbreitet werden, zu beurteilen. Wo haben wir seriöse Nachrichten und Information, wo handelt es sich um eine Satire, wo gar um „fake news“? Gleichzeitig kann die Bedeutung der Medien, insbesondere von kritischem Journalismus für die Entwicklung der Demokratie, nicht oft genug betont werden.

Bildung kann entscheidende Beiträge zum besseren Verständnis dessen leisten, was heute um uns herum und in der Welt geschieht. Bildung befördert die Fähigkeit unvoreingenommen, aber durchaus kritisch, die aktuellen Entwicklungen zu betrachten und zu verstehen. Bildung unterstützt die Meinungsbildung und das eigene Urteilsvermögen.

Erwachsenenbildung brauchen wir heute notwendiger denn je, meinte der Politologe Peter Filzmaier in einem Interview in der Tageszeitung „Kurier“ vom 1. Juli 2017. Filzmaier hält eine „Verhundertfachung der Ressourcen bei der Medienbildung“ für notwendig. Dies beginnt in den Schulen, aber in der Erwachsenenbildungspolitik verhallt unsere Forderung nach demokratiepolitischer Bildung und Bildung für Medienkompetenz nach wie vor. Dabei, so Filzmaier, ist die Erwachsenenbildung in diesem Punkt sehr essenziell.

Investitionen in die Erwachsenenbildung wirken direkt und schlagen sich auch schnell um, wie eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FIBS) und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung gezeigt hat.1

Den Volkshochschulen ist die Akzeptanz und die Weiterentwicklung der Demokratie ein besonderes Anliegen. Sie vermitteln Wissen zur besseren Orientierung und stärken die eigene Urteilsfähigkeit und die kritische Reflexion. Die Volkshochschulen unterstützen darüber hinaus ein auf Dialog und Toleranz basierendes Zusammenleben, das frei von Diskriminierungen ist.

Menschen aus den verschiedensten gesellschaftlichen Schichten besuchen die Volkshochschulen. Die TeilnehmerInnen an Kursen und Veranstaltungen sind unterschiedlichen Alters und haben verschiedene berufliche Hintergründe. Die Volkshochschulen sind wichtige Orte und Plattformen des „Probehandelns“. Das Lernen in der Gruppe unterstützt jeden einzelnen, Interaktionen werden ausprobiert, Feedback kommt von den anderen KursteilnehmerInnen und in weiterer Folge können neue Perspektiven entwickelt werden.

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Der Schwerpunkt dieser Ausgabe der ÖVH (Die Österreichische Volkshochschule) befasst sich mit Demokratiepolitischer Bildung. Die „Krise der Demokratie“ wird von der Politologin Stefanie Wöhl diskutiert und Markus Pausch, ebenfalls Politologe, setzt sich mit Politischer Bildung vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Europäischen Union auseinander. Populismus und seine Bedeutung für die Erwachsenenbildung analysiert der Soziologe und VÖV-Mitarbeiter Stefan Vater. Einen kritischen Blick auf die Diskriminierung bildungsbenachteiligter Erwachsener wirft die Erziehungswissenschaftlerin Monika Kastner und ORF-Anchorman Armin Wolf spricht in seiner Dankesrede zur Verleihung des Axel-Corti-Preises über die Bedeutung eines kritischen Journalismus für die Demokratieentwicklung. Gerhard Bisovsky analysiert die Angebote der Volkshochschulen zur demokratiepolitischen Bildung und gibt Anregungen für die Programmplanung. Konkrete Beispiele sind auch die von der Gesellschaft für Politische Bildung geförderten Kleinprojekte. Ein Beitrag von Christian H. Stifter vom Österreichischen Volkshochschularchiv behandelt das Verhältnis von Demokratie und Volksbildung um 1900.

Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FIBS) & Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE) (2013). Final Report: Developing the Adult Learning Sector. Lot 2: Financing the Adult Learning Sector. (Contract EAC 2012-0073) Berlin, 27 August 2013. http://arhiv.acs.si/porocila/Financing_the_Adult_Learning_Sector-final_report.pdf [20-09-2016]

Bisovsky, Gerhard (2017): Für Demokratiepolitische Bildung und für Medienkompetenz ist die Erwachsenenbildung essenziell! In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Juni 2017, Heft 261/68. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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