Das Projekt „EUROPA.Gemeinsam – Österreichische Lehrlinge in Brüssel. Auf den Spuren der Geschichte des Friedensprojektes Europa“ wurde vom Zukunftsfonds der Republik Österreich gefördert. Die Diplomatische Akademie Wien organisierte die Reise und den Aufenthalt in Brüssel und Ypern sowie die Kontakte zu den Institutionen in Brüssel.1 Der Verband Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) war für das pädagogische Konzept und die medienpädagogische Begleitung zuständig, das die Vorbereitung, die Durchführung und die Evaluation des Projektes umfasste. Die Medienpartner waren Tolikas Media Company und Okto TV. Der VÖV bildet auch die Schnittstelle zu den Berufsschulen bzw. zum Bildungsministerium und den LandesschulrätInnen.
Friedenssicherung aus der Geschichte Europas nachvollziehbar verstehen zu können ist ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis von demokratiepolitischen Prozessen. Aus diesem Grund wurden auch die Gedenkstätten in Ypern und das „In Flanders Fields Museum“ besucht, wo beeindruckende Denkmäler anschaulich die Sinnlosigkeit von Krieg zeigen. Die EU von ihrem historischen Gründungsgedanken her zu fassen trägt wesentlich dazu bei, unsere heutige politische Situation und Position in der Welt besser einordnen zu können. Zur Vermittlung der historischen Perspektive konnte die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik ebenfalls als Projektpartner gewonnen werden.
1. Zielsetzungen des Projekts „Europa.Gemeinsam“
- Die Europäische Union und ihre Institutionen konkret sichtbar, erlebbar und fassbar zu machen: Kennenlernen ihrer Aufgabengebiete, ihrer Arbeitsweisen und Mechanismen.
- Hinterfragende und kritische Auseinandersetzung sensibilisieren anstelle von bloßer Wissensvermittlung
- Das „Europäische Projekt“ als ein Projekt der Friedenssicherung, der Mobilität, des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts, des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts sowie einer gemeinsamen Sicherheitspolitik erfahrbar machen.
- Verdeutlichung des Verdienstes der Europäischen Union, die traditionell verfeindeten europäischen Mächte Deutschland und Frankreich in ein großangelegtes Friedensprojekt eingebunden zu haben.
- Vermittlung des „Europäischen Projektes“ als ein mit dem Wert der Demokratie und der Freiheit verbundenes Projekt.
- Sensibilisierung für die Werte der EU wie Menschenrechte, Völkerverständigung, Toleranz.
- Handlungsorientierte Vermittlung von Medienkompetenz, um die enge Verbindung von Politik und medialer Berichterstattung sowie Elemente der Affektlenkung durch das Produzieren eigener Videoclips transparent erleben zu können.
An der Exkursion nach Brüssel und Ypern vom 19. bis 21. November 2017 haben insgesamt 106 Personen teilgenommen, davon 87 Lehrlinge aus folgenden Berufsschulen und Lehrberufen: Installations- und Gebäudetechnik, Karosseriebautechnik und Mechatronik (Mattersburg); Pharmazeutisch-Kaufmännische Assistenz (Wels); Bürokaufmann/-frau (Salzburg, Kufstein und Reutte); Maler, Maurer, Stuckateur und Tischler aus Dornbirn.
Weiters haben noch teilgenommen: zehn begleitende Lehrkräfte, zwei MitarbeiterInnen der Diplomatischen Akademie, drei VertreterInnen des Medienteams und drei Personen vom Verband Österreichischer Volkshochschulen sowie ein Historiker der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.
2. Besuchsprogramm in Brüssel und Ypern sowie medienpädagogische Umsetzung
Das pädagogische Konzept umfasste alle vorbereitenden Tätigkeiten – darunter die Kontakte zu den Schulbehörden auf Bundes- und Landesebene sowie zu den Berufsschulen, die Vorbereitung in den Berufsschulen sowie die medienpädagogische Begleitung und Evaluation, die auch eine Wirkungsevaluation beinhaltete.
Der Tag der Ankunft, Sonntag, der 19. November 2017, startete mit einer Besichtigung von Brüssel, was für die Jugendlichen ein gutes Ankommen bedeutete. Am späten Nachmittag wurde eine Medienschulung mit allen Lehrlingen und Begleitpersonen durchgeführt. Die Jugendlichen wurden mit der Produktion von Videoclips mit dem eigenen Smartphone vertraut gemacht; ausgewählte Videoclips wurden schließlich in die filmische Projektdokumentation integriert.
Am 20. November 2017 wurden die folgenden Institutionen in Gruppen versetzt besucht: Ständige Vertretung Österreichs bei der Europäischen Union, Europäisches Parlament und Europäische Kommission (Besucherzentrum). In der Österreich-Vertretung wurden nicht nur umfassende Informationen zur Arbeit der Vertretung durch die Leiterin des Besucherdienstes, Mag.a Mirjam Dondi, gegeben, sondern wurden auch mehrere Themen der Europäischen Union in einem interaktiven Quiz bearbeitet, bei dem die Jugendlichen die Fragen mit ihren Mobiltelefonen beantworten konnten. Zudem wurde jede/jeder TeilnehmerIn um eine Wortspende zur persönlichen Bedeutung der Europäischen Union ersucht, wodurch ein sehr anschauliches Bild der Vielfältigkeit des europäischen Projektes entstand. Anschließend fand eine Gesprächsrunde mit VertreterInnen der Sozialpartner Kammer für Arbeiter und Angestellte, Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer statt. Seitens der Sozialpartner haben teilgenommen: Mag. Amir Ghoreishi (Europabüro der Bundesarbeiterkammer), Mag. Oliver Röpke (Österreichischer Gewerkschaftsbund), Mag.a Sophie Windisch, M.A.I.S. bzw. Mag. Markus Stock (beide Wirtschaftskammer Österreich). Zum zweiten Turnus der Sozialpartnerrunde ist zudem der Initiator des Projektes, Bundeskanzler a. D. Werner Faymann, hinzugekommen und ging auf die Themen und die Fragen der Jugendlichen persönlich ein, was als besondere Wertschätzung erlebt wurde.
In den beiden anderen Institutionen, Europäisches Parlament und Europäische Kommission, erfolgte eine fachkundige Einführung in die jeweiligen Aufgaben und Tätigkeiten. Beim Besuch des Europäischen Parlaments war in beiden Gruppen auch die österreichische Europaabgeordnete Mag.a Evelyn Regner anwesend und hat Fragen der Lehrlinge beantwortet.
Für den Abend wurde ein Empfang für alle TeilnehmerInnen organisiert, an dem neben den schon erwähnten PolitikerInnen auch der Europaabgeordnete Dr. Othmar Karas, der Generalsekretär des Zukunftsfonds Prof. Herwig Hösele und der Leiter des Verbindungsbüros des Landes Steiermark zur Europäischen Union, Dr. Roland Rödl, teilnahmen. Diese und andere Gelegenheiten, mit hochrangigen PolitikerInnen auch informell zu sprechen, wurden von den Lehrlingen als besonders positive Erfahrung erlebt.
Am dritten Tag erfolgte die Exkursion nach Ypern, wo der Besuch des „In Flanders Fields Museum“ sowie eine Stadtführung in vier Gruppen durchgeführt wurden. Beim gemeinsamen Mittagessen vermittelte der Stadtarchivar von Ypern, Rik Opsommer, sein fachkundiges Wissen. Er hat in weiterer Folge auch mehrere Materialien für die Filmdokumentation zur Verfügung gestellt.
Während des gesamten Aufenthaltes filmten die Lehrlinge sowie das professionelle Medienteam die genannten Programmpunkte. Dieser partizipative Ansatz im Zusammenhang mit der Vermittlung von Medienkompetenz wurde sehr gut angenommen und umgesetzt. Dadurch konnte ein sehr positiver Effekt erwirkt werden: Durch die verschiedenen Perspektiven der Betrachtung – vom zusehenden Teilnehmer zum aktiven Medienproduzenten – konnte sich auch die Wahrnehmung des Erlebten ändern.
Besonders die persönlichen Gespräche mit den genannten PolitikerInnen sowie Beiträge von Lehrlingen zum Projektfilm waren einzigartige Elemente des Projekts, die als sehr motivierend empfunden wurden. Als Plattform zum Hochladen der Videoclips fungierte eine Facebook-Seite des Projektes.
Der Projektfilm wurde allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt sowie 21 Mal von Okto TV im Zeitraum vom 27. Dezember 2017 bis 2. Februar 2018 ausgestrahlt. Zudem wurden, zumeist auf Initiative von LehrerInnen, zahlreiche Artikel in verschiedenen Printmedien veröffentlicht und öffentliche (Schul)Veranstaltungen zur Information über die erfolgreiche Reise organisisert.
3. Evaluation
Schwerpunkt der Evaluation war eine Wirkungsanalyse. Um die Einstellungen der Jugendlichen zur grundlegenden Idee der Europäischen Union zu bewerten, wurde vor Beginn der Exkursion ein Fragebogen an die teilnehmenden Berufsschulen geschickt. Der gleiche Fragebogen wurde nach der Rückkehr noch einmal verschickt.
Der Rücklauf der Fragebögen aus der ersten Welle betrug 82, nur geringfügig weniger als BerufsschülerInnen am Projekt teilgenommen haben. Der Rücklauf an Fragebögen aus der zweiten Welle war 64, das sind 73,56 Prozent. Für die Wirkungsanalyse (gemessen an der Veränderung der Einstellungen) ist dieser hohe Rücklauf von annähernd zwei Drittel jedenfalls ausreichend.
Die LehrerInnen wurden ersucht, die Fragebögen kurz vor der Reise von den teilnehmenden Lehrlingen ausfüllen zu lassen. Wir haben darauf hingewiesen, dass der Fragebogen gänzlich ohne Hilfestellung oder anweisende Kommentare auszufüllen ist. Wenn eine oder mehrere Fragen nicht beantwortet werden, ist das ebenso ein wichtiges und richtiges Ergebnis. Die sehr differenziert ausgefallenen Antworten weisen darauf hin, dass diesem Ersuchen auch nachgekommen wurde.
Der Fragebogen zur Wirkungsanalyse bzw. Bewertung, wieweit sich Einstellungen zur Europäischen Union verändert haben, beinhaltete fünf Fragen mit 20 Items sowie eine Wissensfrage mit offenen Antwortmöglichkeiten. Dabei befassten sich zwei Fragestellungen mit der Akzeptanz der Europäischen Union; drei Fragen waren der Wirkungsanalyse zugeordnet; und abschließend gab es noch eine Wissensfrage.
3.1 Fragen I & II: In welchem Ausmaß akzeptieren die BerufsschülerInnen die Europäische Union?
Zu Beginn wurde die Frage nach dem Abstimmungsverhalten für einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union formuliert. Die Antworten sind erwartungsgemäß sehr positiv ausgefallen: Vor der Exkursion nach Belgien haben 91,36 Prozent für einen Beitritt gestimmt, danach waren es 93,75 Prozent. Dagegen gestimmt haben vor der Exkursion 8,64 Prozent und danach 6,25 Prozent. Dieses Ergebnis ist auch nicht weiter verwunderlich und entspricht den aktuellen Umfragen.2
In einer weiteren Frage zur Messung der Akzeptanz der Europäischen Union wurden die Lehrlinge um eine Bewertung nach Schulnoten ersucht. In der Auswertung der fünfteiligen Skala wurden die Noten „Sehr gut“ und „Gut“ zusammengezogen und als Zustimmung gewertet, während die ebenfalls zusammengezogenen Noten „Genügend“ und „Nicht genügend“ als Ablehnung gewertet wurden. Die mittlere Note „Befriedigend“ wird als indifferent bewertet bzw. als die in fünfteiligen Skalen mögliche „Flucht in die Mitte“ interpretiert.
Frage II: „Wenn ich die Europäische Union mit Schulnoten beurteilen würde, dann würde ich der EU diese Note geben:“
Die Zustimmung der BerufsschülerInnen zur Europäischen Union hat sich nach der Exkursion deutlich um 22 Prozentpunkte verbessert, was einer relativen Veränderung von rund 48 Prozent entspricht. Die eher ablehnende Haltung ist gleich geblieben. Die indifferente Haltung hat hingegen ebenso deutlich abgenommen: um 22 Prozentpunkte bzw. relativ um rund 47 Prozent. Alles in allem zeigen diese Werte, dass das Projekt „EUROPA.Gemeinsam“ die kritische Auseinandersetzung der BerufsschülerInnen mit der EU gefördert hat.
3.2 Wirkungsanalyse: Welche Einstellungen haben sich verändert?
3.2.1 Frage III: Wie sehen BerufsschülerInnen die friedenssichernde Funktion der EU?
Mit dieser Frage sollte insbesondere die Wirkung des historischen Teils im Projekt „EUROPA.Gemeinsam“ untersucht werden, also die Exkursion nach Ypern und die Vorbereitung darauf, die teilweise vor Antritt der Reise sowie während des Aufenthaltes in Belgien erfolgte.
Die dazugehörige Frage III lautete: „Beurteilen Sie mit Schulnoten, inwiefern die EU zur Sicherung des Friedens in der Welt beitragen kann“. Die Beantwortung dieser Frage erfolgte ebenfalls mittels einer fünfteiligen Schulnotenskala. Die Bewertung der Schulnoten wurde wie in Frage II vorgenommen.
Eindeutig verbessert hatte sich die Einstellung der teilnehmenden BerufsschülerInnen zur friedenssichernden Rolle: um 26 Prozentpunkte bzw. um annähernd 44 Prozent. Die indifferente Haltung nahm deutlich ab, und zwar um 20 Prozentpunkte bzw. um rund 59 Prozent. Abgelehnt wurde diese Aussage nach der Reise von niemand.
3.2.2 Frage IV: Kann ich persönlich von der EU profitieren?
Um knappe 30 Prozentpunkte stieg die Anzahl jener befragten BerufsschülerInnen, die angaben, dass sie persönlich von der EU profitieren würden; das entspricht einer Veränderung um 65 Prozent. Deutlich abgenommen hat die Zahl jener, die angaben, dass sie dies nicht wüssten: 33 Prozentpunkte weniger, relativ rund 70 Prozent.
3.2.3 Frage V: In welchem Ausmaß profitieren ArbeitnehmerInnen, Unternehmen, PolitikerInnen sowie Studierende und KonsumentInnen von der EU?
Die BerufsschülerInnen wurden gefragt, wer am meisten von der EU profitiert. Mittels einer vierteiligen Skala konnte geantwortet werden, zusätzlich konnte „weiß nicht“ angekreuzt werden. In der Auswertung wurden die beiden Kategorien „profitieren stark“ und „profitieren“ zusammengefasst sowie „profitieren kaum“ und „profitieren nicht“.
Die Antworten danach zeigen Änderungen der Einstellungen insbesondere bei KonsumentInnen und ArbeitnehmerInnen, aber auch bei Studierenden. Die Nennungen von Unternehmen und PolitikerInnen haben auch geringfügig zugenommen. Besonders interessant ist, dass in allen Fällen die Nennungen von „weiß nicht“ deutlich zurückgegangen sind.
Die Antworten zeigen, dass sich Einstellungen in der Meinung der BerufsschülerInnen im Zuge des Projektes „EUROPA.Gemeinsam“ verändert haben und die Jugendlichen dabei klarere Positionen erlangt haben.
Die Antworten zeigen, dass sich Einstellungen in der Meinung der BerufsschülerInnen im Zuge des Projektes „EUROPA.Gemeinsam“ verändert haben und die Jugendlichen dabei klarere Positionen erlangt haben.
3.3 Frage VI – Wissen: Welche Institutionen der EU sind bekannt?
Hierbei ging es darum, bekannte Institutionen der EU zu nennen, wobei die Nennung von maximal vier Institutionen möglich war. Die Anzahl der Nennungen hat nach der Exkursion deutlich zugenommen. Konnten vor der Exkursion noch etwas mehr als die Hälfte der Befragten keine Institutionen nennen, so hat sich dieser Wert nach der Rückkehr um die Hälfte reduziert. Annähernd ein Drittel der Befragten konnte nach der Exkursion drei bzw. vier Institutionen nennen. Darunter waren die besuchten Institutionen Europäische Kommission und Europäisches Parlament sowie darüber hinaus der Europäische Rat, die Europäische Zentralbank und der Europäische Gerichtshof.
4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die Wirkungsanalyse im Rahmen der Evaluation hat gezeigt, dass sich die Einstellungen der Lehrlinge im Zuge der Teilnahme an dem Projekt geändert haben:
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Deutlich zugenommen hat die Akzeptanz der Europäischen Union. Bemerkenswert im Sinne der Ziele der politischen Bildung ist, dass die Anzahl der BerufsschülerInnen mit einer eher indifferenten Einstellung zur EU um etwa die Hälfte zurückgegangen ist.
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Durch die Teilnahme am Projekt hat sich die Wahrnehmung der EU als friedenssichernde Institution eindeutig verbessert; deutlich abgenommen hat auch hier eine eher indifferente Haltung.
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Um knappe 30 Prozentpunkte ist die Anzahl jener befragten Lehrlinge gestiegen, die nach ihrer Rückkehr angaben, dass sie persönlich von der EU profitieren würden; deutlich abgenommen haben jene, die angaben, dass sie dies nicht wüssten.
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Bei der Frage danach, welche Stakeholder (ArbeitnehmerInnen, Unternehmen, PolitikerInnen sowie Studierende und KonsumentInnen) von der EU profitieren würden, gab es Änderungen der Einstellungen, insbesondere bei KonsumentInnen und ArbeitnehmerInnen, aber auch bei Studierenden, deren Benefit nach der Rückkehr höher bewertet wurde als zuvor. Das sind demnach auch jene Gruppen, in denen sich die Lehrlinge selbst verortet sehen, wodurch auch die Stimmigkeit der Antworten auf die Frage nach den persönlichen Vorteilen untermauert wird.
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Das Wissen zur Europäischen Union und ihren Institutionen hat im Zuge des Projektes ebenfalls deutlich zugenommen.
Um ein Grundverständnis für das europäische Einigungswerk nach 1945 zu erwerben, ist die historische und politische Sinnbildung unumgänglich.3 Die Idee der Europäischen Integration ist immer im Zusammenhang mit der europäischen Geschichte vor und nach 1945 zu sehen. Mit „EUROPA.Gemeinsam“ wurde nachvollziehbar gemacht, warum es im Herzen Europas zur größten Katastrophe der Menschheitsgeschichte kommen konnte und welche Lehren ab 1945 daraus gezogen wurden.
Auf den Trümmern des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft haben couragierte Frauen und Männer geschworen die scheinbar unüberwindbare, fast hundertjährige Feindschaft zwischen Frankreich und Deutschland zu hinter sich zu lassen: In einem ersten Schritt wurden bereits 1952 mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) zentrale Entscheidungsbereiche der Grundstoffindustrie einer supranationalen Behörde unterstellt.
Für pädagogische Zielsetzungen ist es wichtig, die Entstehung dieser Idee zu begreifen. Faktenwissen ist dabei bedeutsam, aber nicht der einzige Zugang.4 Die „Europäische Idee“ ist eng mit dem Wert der Demokratie und der Freiheit in einem wirtschaftlichen und sozialen gemeinschaftlichen Raum verbunden. Es ist diese Idee, die von den Bürgerinnen und Bürgern Europas getragen und verstanden werden muss, um weiter erfolgreich bestehen zu können.
Eindrücke und Gedanken wollen daher formuliert werden, um so individuelle Gefühle in Gespräche einzubringen und dadurch sozial geteiltes Wissen entstehen zu lassen. Damit können persönliche Positionen und Reaktionen im Dialog geklärt werden, denn Selbstkompetenz ist eine wesentliche Voraussetzung für eine aktive Gesprächsführung und Grundlage für jeden demokratischen Prozess.
Bei der Umsetzung (demokratie)politischer Bildung kommt der Begegnung mit Personen und Institutionen des Politischen (Politik, Interessensvertretungen, NGOs, Bürgerinitiativen, Medien, etc.) eine besondere Rolle zu.5 Durch eine intensive Befassung junger Menschen vor Ort und durch ein gemeinsames Erleben mit fachkundiger Begleitung werden Vermittlung, Auseinandersetzung und Aneignung erfolgreich unterstützt. Demokratiepolitische Bildung erfordert Methoden „jenseits des Zeigefingers“6, um eine eigenständige Meinungsbildung und kompetente Vertretung des eigenen Standpunkts zu unterstützen sowie die Teilhabe an einer demokratischen Gesellschaft zu fördern. //