Vor knapp 500 Millionen Jahren haben sich die ersten Landpflanzen angesiedelt. Das genaue Jahr mag unsicher sein – sicher ist, die Pflanzen haben die damals trockene und felsige Oberfläche der Erde umgestaltet. Sie haben dem Boden Mineralien entzogen und der Atmosphäre Kohlenstoff. Durch die vor sich gegangenen Verschiebungen der Kontinente, erklärt sich bis heute der ständige prozessuale Wandel, die Evolution des gesamten pflanzlichen Lebens.
Bis vor etwa 250 Millionen verschwanden die Wälder wieder aufgrund vulkanischer Aktivitäten, vor etwa 140 Millionen Jahren übernahmen „Bedecktsamer“, d.h. Blütenpflanzen, die Vorherrschaft. Damals entstanden in den Tropen die Wälder, die den heutigen zwischen dem nördlichen und dem südlichen Wendekreis ähneln. Umwälzung und Wandel beruhen auf der Menge der Sonnenenergie und auf klimatischen Kreislaufsystemen, die die Ausdehnung der Wälder beeinflussten. Die Evolution der Wälder war Voraussetzung für die Vielfalt der Tierwelt – insbesondere für die von 240 bis vor 66 Millionen Jahren existierenden Dinosaurier und nicht zuletzt für die Entwicklung der Hominiden.
In diesem Zeithorizont, aber auch in globalen Dimensionen bewegt sich der Anthropologe, Archäologe und Tropenforscher Patrick Roberts vom Max-Planck-Institut in Jena. Roberts beabsichtigt mit seinem Buch, die Geschichte der tropischen Wälder mit der Geschichte der Menschheit zu verbinden. Der Wert der Tropen für die Lebensführung menschlicher Existenz soll bewusst werden. Methodisch beruht das in wissenschaftlichem Stil verfasste Buch auf Erkenntnissen der Forschung der letzten Jahrzehnte sowie auf erkundenden Reisen des Autors an unterschiedliche Orte unseres Planeten.
Übersichtlich strukturiert schildert Patrick Roberts, wie die Dinosaurier bis zum Einschlag eines riesigen Asteroiden die Erde besiedelten. Erst nach deren Untergang fanden die Säugetiere mehr Lebensraum. Der tropische Wald gab ihnen, lehrt die „Paläobotanik“, mit seinen proteinreichen Samen und Blättern ausreichend Nahrung. Eine enge Verbindung zwischen Blütenpflanzen und Säugetieren war entstanden. Patrick Roberts kommt zum Ergebnis, die Säugetiere waren tropische Lebewesen.
Als Beispiel dienen ihm die Primaten, deren Evolution an tropische Wälder und an die Landbrücken der auseinanderdriftenden Kontinente gebunden war. Die Kontinente stabilisierten sich vor etwa 35 Millionen Jahren in ihrer heutigen Position, ein jahreszeitliches Weltklima stellte sich ein und von Asien her besiedelten die „eigentlichen Affen“, erste Primaten, Afrika.
Der Autor beschreibt die Ursprünge unserer Spezies in den Tropen und die von Anfang an vorhandenen Eingriffe in die Landschaft zur „Lebensmittelproduktion“. Dies geschah z. B. durch Brandrodung, Versetzen von Pflanzen und Tieren, Entwässerungsgräben und Siedlungen. Allerdings wurde, betont Roberts, die Artenvielfalt genutzt, ohne sie zu zerstören.
Dem Ziel des Buches, die Geschichte der tropischen Wälder auch als unsere Geschichte zu verstehen, dienen weitere Schwerpunkte: „Inselarchäologie“, große Stadtgesellschaften im Dschungel, die Wirkung von Unruhe und Krankheiten durch Europäer im Zeitalter der „großen Entdeckungen“ und – dramatisch („Ein Haus in Flammen“) mit Hinweisen auf die zunehmenden großflächigen Brände auf verschiedenen Kontinenten in der Gegenwart.
Roberts stellt dar, wie die Ausbeutung neu entdeckter Länder und ihrer indigenen Bevölkerung noch heute Weltwirtschaft und politische Konflikte bestimmen – oder wie der Verlust von Waldfläche zum Klimawandel beiträgt.
Bedrückend wird klar, welche Verantwortung wir Menschen mit unserem Handeln als Einzelne und als Gesellschaft für das „System Erde“ haben. Roberts Buch endet aber nicht in Düsternis, sondern ermutigt zu verantwortungsvollem Handeln – allerdings: es soll sofort geschehen.
Dies kann auch als Herausforderung für die Erwachsenenbildung interpretiert werden: Wissen vermitteln und zu einem unmittelbaren Verhalten anregen, das die Natur, die Artenvielfalt und letztlich die weitere positive Entwicklung der Menschheit schützt.
Auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse bietet das Buch Wissen über die Evolution der Natur und über Wechselbeziehungen zwischen dem „System Erde“ und der vergangenen und weiteren Entwicklung der Menschheit.
Die komplexe und historisch umfassende Thematik des Buches ist besonders für Lehrende geeignet, die bereit sind, seinen informativen Gehalt und seine Botschaft, nach einer gewissen didaktischen Reduktion, weiterzugeben. //
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