VHS im Lockdown: Onlinekurse als Alternative?

Mehr als die Hälfte der TeilnehmerInnen kommt aus dem Fachbereich Sprachen (57 Prozent), rund ein Fünftel haben Kurse zur Gesundheitsbildung besucht (21 Prozent), 16 Prozent Kreativ- bzw. Musikkurse und 6 Prozent andere Kurse. Diese Verteilung spiegelt in etwa die Verteilung der durchgeführten Online-Kurse wider, ist aber nicht repräsentativ für das gesamte Kursgeschehen.

Die KursteilnehmerInnen waren zu rund drei Viertel weiblich und zu einem Viertel männlich. Stark vertreten sind die mittleren Altersgruppen (34 Prozent sind zwischen 30 und 49 Jahre alt, und 36 Prozent zwischen 50 und 65), die über 66-Jährigen sind zu 19 Prozent vertreten und die jüngeren, bis 29-Jährigen, mit 11 Prozent. 84 Prozent der Online-KursteilnehmerInnen haben mindestens Matura als Bildungsabschluss und 16 Prozent haben höchstens einen mittleren Bildungsabschluss.

Rund drei Viertel der befragten Online-Kursteilnehmer verwendeten zum Online-Lernen ihren Laptop, rund 15 Prozent ihr Tablet bzw. ihren PC und rund 14 Prozent ihr Mobiltelefon.

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Abb. 1: Beschreibung der Stichprobe

Die TeilnehmerInnen sind mit der Fortführung der ­Kurse als Onlinekurse sehr zufrieden. Die Zufriedenheit hängt – wie im Präsenzkurs – an der Kursleitung und der Onlinekurse wird als eine gute Alternative zu Präsenzkursen gesehen – zumindest für die Zeit während des Lock-downs im Zuge der Corona-Krise. Und 44 Prozent der Befragten sprechen sich für einen Präsenzkurs aus.

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Abb. 2: Bewertung der Onlinekurse durch TeilnehmerInnen

Die Gesamtbeurteilung der Onlinekurse fällt durchwegs gut aus. Alle befragten TeilnehmerInnen beurteilten die Onlinekurse mit einer durschnittlichen Note von 1,9, die beste Benotung wurde dem Fachbereich Gesundheit gegeben, gleich dahinter kommen die Sprachen.

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Abb. 3: gesamtbeurteilung der Onlinekurse
N=1.509, Skala: 1 – sehr gut bis 5 – nicht genügend, Mittelwert.
Frage: Wenn Sie nun noch Ihren Onlinekurs gesamt bewerten, welche Note geben Sie ihm?

Die jüngeren KursteilnehmerInnen beurteilen ihren Onlinekurs besser als die älteren:
Vier von fünf Personen bis 49 Jahre vergeben die Note 1 oder 2 für ihren Onlinekurs.

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Abb. 4: Beurteilung der Onlinekurse nach Alter, Geschlecht und Inhalt
Angaben in Prozent der vergebenen Note

Das Hauptmotiv für die Teilnahme am Onlinekurs ist die Fortsetzung bzw. der Abschluss des Kurses (92 Prozent), gleichzeitig geben 41 Prozent an, dass sie die Kursleitung unterstützen wollten.

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Abb. 5: Motive für die Teilnahme am Onlinekurs
N=1.509, Mehrfachnennung, Angaben in Prozent.
Frage: Warum haben Sie die Möglichkeit auf den Onlinekurs umzusteigen gewählt?

Auch die KursleiterInnen, die während des lockdown im Umgang mit der Lernplattform2 geschult wurden, sind mit den Onlinekursen gut zurechtgekommen.

Dazu wurden von 20. bis 22. Juli 156 KursleiterInnen befragt und um ihre Einschätzung der Onlinekurse als Alternative befragt. Rund zwei Drittel der befragten KursleiterInnen hatten noch keine Erfahrungen mit Onlinekursen. 79 Prozent waren weiblich und 21 Prozent männlich. Die Altersverteilung war relativ gleichmäßig: 28 Prozent waren bis 40 Jahre alt, 35 Prozent zwischen 41 und 55, 37 Prozent waren über 55 Jahre alt. Bei den Fachbereichen waren, ähnlich wie bei den TeilnehmerInnen, die Sprachen sehr stark repräsentiert.

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Abb. 6: Stichprobe KursleiterInnen

Die KursleiterInnen konnten mit den Onlinekursen gut umgehen, haben ihn als gute Alternative gesehen, wenn keine Präsenzkurse stattfinden können und eine deutliche Mehrheit gibt an, dass sie ihre Unterrichtsziele gut umsetzen konnten.

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Abb. 7: Bewertung der Onlinekurse durch KursleiterInnen

In der Beurteilung der Onlinekurse gibt es geringe Unterschiede zwischen den Altersgruppen, allerdings eignen sich Onlinekurse nicht für alle Fachbereiche gleichermaßen. Während Onlinekurse von SprachkursleiterInnen als Alternative zu Präsenzkursen gesehen werden, sehen dies MusikkursleiterInnen deutlich kritischer.

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Abb. 8: Bewertung der Onlinekurse durch KursleiterInnen nach Fachbereichen, Geschlecht und Alter
N = 156, Mittelwerte, gereiht nach Mittelwerten.
Frage: Bitte beurteilen Sie die folgenden Aussagen im Zusammenhang mit den Online-Kurs, den Sie gerade durchführen oder bereits gehalten haben, anhand der Skala von 1=trifft sehr zu bis 4=trifft gar nicht zu, dazwischen können Sie abstufen.

Der Onlinekurs ist für die KursleiterInnen und für die TeilnehmerInnen eine gute Alternative zum Präsenzkurs. Aus Sicht der TeilnehmerInnen kommen sie allerdings besser mit dem Online-Format zurecht, als es die KursleiterInnen einschätzen.

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Abb.9: Bewertung des Onlineformates durch KursleiterInnen und TeilnehmerInnen
Darstellung nach Mittelwerten.
Frage: Bitte beurteilen Sie die folgenden Aussagen im Zusammenhang mit den Online-Kurs, den Sie gerade durchführen oder bereits gehalten. Skala von 1=trifft sehr zu bis 4=trifft gar nicht zu, dazwischen können Sie abstufen.

Rund zwei Drittel der befragten KursleiterInnen haben an den angebotenen Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen und 85 Prozent haben diese als hilfreich bewertet. Am häufigsten haben die KursleiterInnen über 55 Jahre die Weiterbildungsveranstaltungen besucht und 94 Prozent haben sie als sehr nützlich oder nützlich eingeschätzt.

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Abb. 10: Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen für Lehrende
Angaben in %, Top2. Frage: Ich habe vor oder während meines Kurses vom Weiterbildungsangebot der VHS Gebrauch gemacht.
Basis n=156 und Frage an die WeiterbildungsteilnehmerInnen: Die Weiterbildungen waren für die Durchführung meines Online-Kurses hilfreich. Basis n=114

Der Großteil der befragten KursleiterInnen (91 Prozent) würde wieder in einem Onlinekurs unterrichten. Drei Viertel der KursleiterInnen stimmen der Aussage zu, dass der Onlinekurs zu einem gelingenden Lernen beigetragen hat. Auch die VHS-Lernplattform wird als gut und nützlich bewertet.

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Abb. 11: Akzeptanz der Onlinekurse durch KursleiterInnen
Basis: n=156, Angaben in %, gereiht nach Top2. Frage: Bitte beurteilen Sie die folgenden Aussagen im Zusammenhang mit den Online-Kurs, den Sie gerade durchführen oder bereits gehalten haben, anhand der Skala von 1=trifft sehr zu bis 4=trifft gar nicht zu, dazwischen können Sie abstufen.

Gute Erfahrungen mit Onlinekursen aber auch Ausschlüsse und Problemlagen: Was tun?

Zusammenfassend können wir feststellen, dass die Fortsetzung der Präsenzkurse als Onlinekurse gut umgesetzt werden konnte und auch gut von den TeilnehmerInnen angenommen wurde. Allerdings müssen wir auch festhalten, dass viele KursteilnehmerInnen nicht erreicht werden konnten. Jedoch war rund ein Drittel der aktiven KursleiterInnen bereit bzw. in der Lage, den eigenen Kurs als Onlinekurs weiterzuführen. Nicht alle Themen eignen sich gleichermaßen zur Fortführung als Onlinekurs und nicht alle KursleiterInnen haben sich die online-Fortführung zugetraut.

Die Beziehungen zwischen KursleiterInnen und Lernenden sind ein wichtiges Merkmal der Bildungsarbeit der Volkshochschulen, sie haben sich im Lockdown auch in der Befragung gezeigt: 41 Prozent der Lernenden geben an, dass sie neben anderen Gründen auch deshalb am Onlinekurs teilgenommen haben, damit sie ihre KursleiterInnen unterstützen und 45 Prozent der KursleiterInnen haben die Onlinekurse auch deshalb geführt um ihre TeilnehmerInnen nicht im Stich zu lassen.

Grundsätzlich geht es uns darum, wie können wir auch jene VHS-Lernenden, die über eine mittlere Schulbildung oder darunter verfügen, mit digitalem Lernen vertraut machen. Dazu wird das Format „Kurse mit Heimvorteil“ angeboten: Präsenzkurse werden mittels Lernplattform bzw. Cloud begleitet und die TeilnehmerInnen finden dort alle Materialien, die im Präsenzunterricht vorbereitend und begleitend verwendet werden. So haben sie die Möglichkeit, versäumte Unterrichtseinheiten zumindest auf diesem Wege „nachzuholen“. Auch Onlinekurse werden weiter angeboten, denn wir haben damit insbesondere bei Eltern und Menschen mit Betreuungspflichten oder auch bei TeilnehmerInnen mit langen Anfahrtswegen gute Erfahrungen gemacht und neue TeilnehmerInnen gewinnen können. Die Onlinekurse werden jedoch immer von realen Lehrenden geleitet.

Wir waren aber auch damit konfrontiert, dass VHS-TeilnehmerInnen nicht an den Onlinekursen teilnehmen konnten, weil sie sich keinen Internetzugang von zu Hause aus leisten konnten und weil sie auch nicht über die entsprechenden digitalen Geräte wie Laptops oder Tablets verfügten. Mobiltelefone waren zwar vielfach vorhanden, eigneten sich aber weniger für die über Videokonferenzen und eine Lernplattform geführten Onlinekurse.

Die digitale Kluft ist insbesondere eine soziale Kluft, die während der Corona-Krise noch verstärkt wurde. Viele Lernende waren aufgrund ihres geringen Einkommens vom virtuellen VHS-Besuch ausgeschlossen. Um auch digitale Bildung leistbar zu machen verhandeln wir derzeit mit Internetprovidern leistbare monatliche Tarife auf der Basis von 10 GB Bandbreite und auch leistbare PCs sollen zur Verfügung gestellt werden. Das Demontage- und Recycling Zentrum der Wiener Volkshochschulen sammelt gebrauchte Laptops, die refurnished werden, damit sie zum Lernen verwendet werden können. Die Geräte und den Internetanschluss werden wir Lernenden, die das brauchen, zur Verfügung stellen und dafür eine geringe monatliche Summe verlangen. Sobald der Laptop abbezahlt ist, soll er in das Eigentum der betreffenden Person übergehen.

Das Onlinelernen ist noch viel zu sehr mit den erwähnten digitalen Endgeräten verbunden. Um mehr Menschen, und insbesondere die jetzt vom Lernen mit dem Internet ausgeschlossenen, besser mit digitalen Angeboten erreichen zu können, sind Lerninhalte auch für Mobiltelefone umzusetzen. Dazu eignen sich insbesondere Microlearning-Einheiten oder die vielfach schon vorhandenen Lernnuggets. Jedoch sollten diese auch für die angesprochene Zielgruppe entwickelt werden.

Fernseher sind in jedem Haushalt vorhanden und Smart-TV-Geräte sind im Vormarsch. Diese könnten in weiterer Folge auch gut für das Lernen Erwachsener eingesetzt werden.

Das Internet durchdringt in praktischen allen Lebens- und Arbeitsbereichen den Alltag und die Abhängig von einem funktionierenden Internet ist heute größer denn je. Um einen gleichen Zugang für alle zum Internet zu ermöglichen sollte daher überlegt werden, analog zur Befreiung von der Fernsehgebühr auch eine Gebührenbefreiung des Internetzugangs umzusetzen. //

1   Dieser Beitrag basiert auf den Ergebnissen der Befragung und auf einem Interview, das von Gerhard Bisovsky geführt wurde.

Schweiger, Herbert (2020): VHS im Lockdown: Onlinekurse als Alternative? In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Sommer 2020, Heft 270/71. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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