Foto: Markéta Gruber-Stépánova
Am 11. Dezember 2023 ist Karl Hochwarter, langjähriger Direktor der Wiener VHS Floridsdorf und Ehrenmitglied des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen, im Alter von 97 Jahren verstorben.
Karl Hochwarter hat nicht nur die Volkshochschulen in der Zweiten Republik geprägt, sein Wirken hat bis in die heutige Zeit deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.
Da ist erst einmal „seine“ Volkshochschule zu nennen, die Volkshochschule Wien Nord (heute: Floridsdorf), die er im Jahre 1948, nur wenige Jahre nach ihrer Gründung, übernommen hat und die er bis 1986 geleitet hat. Wien Nord umfasste damals die beiden Flächenbezirke Floridsdorf und Donaustadt mit zwei Volkshochschulen, mehreren Zweigstellen und zwei Häusern der Begegnung.
Bei den Medienverbundprogrammen in den 1970er-Jahren, dem Lehr- und Lernsystem im Rahmen einer Kooperation des Bildungsministeriums mit Hörfunk und Fernsehen und mit der Erwachsenenbildung, das Audio- und Videomaterialien sowie Textbücher und Präsenzunterricht in Einrichtungen der Erwachsenenbildung umfasst, war Hochwarter mit seiner Volkshochschule dabei.
Das von den Volkshochschulverbänden in Deutschland, Österreich und der Schweiz Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre entwickelte Zertifikatssystem für Fremdsprachen wurde von Karl Hochwarter ebenfalls umgesetzt, wie die in weiterer Folge entwickelten Zertifikatsprogramme zu Mathematik, Naturwissenschaften und Technik, Statistik und Chemie. Aus den Zertifikatskursen Elektronik entwickelten sich in weiterer Folge Kurse für Digitalelektronik, die schließlich zur Einrichtung des ersten Computerlabors der Wiener Volksbildung führten, das im Jänner 1985 eröffnet wurde.
Der Zweite Bildungsweg war Hochwarter ein besonderes Anliegen: Die VHS bereitete auf den Hauptschulabschluss vor, auf die AHS-Matura, auf die Berufsreifeprüfung in ihrer alten und in der neuen Form sowie auf die Studienberechtigungsprüfung.
Hochwarters Innovationskompetenz hat die Volkshochschule auf einen Weg gebracht, der die berufliche Erwachsenenbildung in den Volkshochschulen vorangetrieben hat und dazu beigetragen hat, dass die nur scheinbar gegensätzlichen Pole von Allgemeinbildung und beruflicher Bildung aufgelöst werden.
Bei aller Offenheit gegenüber neuen Technologien war Hochwarter die kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Auswirkungen wichtig, dazu wurden mehrere Vortragsreihen gemeinsam mit dem Außeninstitut der Technischen Universität Wien durchgeführt. Auch der zeitgeschichtlichen Auseinandersetzung wurde an „seiner“ Volkshochschule viel Raum gegeben. Die im Jahr 1963 gezeigte Ausstellung über das KZ Ravensbrück, fand weit über Floridsdorf hinaus Beachtung.
In den 1980er-Jahren setzte sich Hochwarter mit dem „active ageing“ auseinander und absolvierte den sechswöchigen Ausbildungslehrgang „Älterwerden – ein Problem?“ 1985/86 am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung. In Folge entstanden Seminare zu Kreativitätstraining für Menschen über 50 und das Modellseminar „Zukunftsplanung für den Ruhestand“.
Das Österreichische Volkshochschularchiv, eine heute international bekannte und viel beachtete Einrichtung, die von den Wiener Volkshochschulen und vom Verband Österreichischer Volkshochschulen getragen wird, ist ohne die Initiative und das Wirken von Karl Hochwarter nicht denkbar.
Hochwarters Aktivitäten und seine Offenheit für Innovationen und die Förderung von jungen MitarbeiterInnen, ist nachhaltig wirksam. Viele Erwachsenenbildner*innen, die im Bildungsministerium, in Volkshochschulen und in anderen Bildungseinrichtungen tätig waren, sind durch „seine Schule“ gegangen. Karl Hochwarter hat sie gefördert und hat so auch zur Qualitätsverbesserung und Professionalisierung der Volkshochschulen, sowie zur inhaltlichen Profilierung sowohl der Einrichtungen wie auch der Personen beigetragen. Auch der Bürgermeister der Stadt Wien, Michael Ludwig, war einer seiner „Schüler“, ebenso der langjährige VÖV-Generalsekretär Willhelm Filla.
Hochwarter hat in den 1980er-Jahren, gegen Widerstände einiger Kollegen, die jungen Assistentinnen und Direktorinnen der Wiener Volkshochschulen unterstützt, die die Frauenemanzipation in der Institution verankert haben.
Lernen und Bildung war Karl Hochwarter ein zentrales Anliegen, das er auch seinen Söhnen vermittelte. „Lernt viel, dann seid ihr unabhängig und selbstbestimmt“, so zitierten seine Söhne den Vater bei der Verabschiedung am 29. Dezember 2023. Das Weiterlernen förderte er auch bei seinen pädagogischen Assistent*innen und Mitarbeiter*innen, berichtet seine Nachfolgerin, Ingrid Trummer.
Hochwarter war ein konstruktiver Mitstreiter im Verband Wiener Volksbildung, der weniger die Partikularinteressen einer Volkshochschule vertreten hat, sondern immer das Ganze im Blickfeld gehabt hat. Hochwarter war nicht nur im Wiener Landesverband tätig, er war auch dem Bundesverband in vielfältiger Art und Weise verbunden, als Unterstützer, als Teilnehmer an vielen österreichweiten Zusammenkünften und Seminaren, die der Strategieentwicklung dienten. Und Hochwarter war ein Erwachsenenbildner, der sehr früh die Notwendigkeit einer internationalen Orientierung erkannt hat. Hochwarter nahm an der ersten Confintea Konferenz der UNESCO teil, die 1949 in Helsingør stattgefunden hat. Im gleichen Jahr nahm er an einer Studienreise nach Dänemark teil, um das dänische System der Erwachsenenbildung zu studieren.
Aufgrund seines herausragenden Wirkens für die Volkshochschulen wurde Prof. Karl Hochwarter im Jahr 1998 die Ehrenmitgliedschaft des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen verliehen. Weitere seiner zahlreichen Auszeichnungen sind: Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich (1972), Viktor-Adler-Plakette der SPÖ für Verdienste um die Erwachsenenbildung (1988), Ehrenzeichen des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (1988), Verleihung des Berufstitels „Professor“, Preis der Stadt Wien für Volksbildung (1992).
Zu seinem 90. Geburtstag wurde eine Festschrift aufgelegt, die allen an der Zeitgeschichte der Volkshochschulen Interessierten empfohlen sei: Christian H. Stifter/Wolfgang Gruber (Hrsg.): „Brot allein genügt nicht …“. Festschrift für Karl Hochwarter zum 90. Geburtstag. Wien: Österreichisches Volkshochschularchiv 2016. (Materialien zur Geschichte der Volkshochschulen, Band 8). //
Foto: Gerhard Bisovsky, aufgenommen im Gasthaus Birner am 25. August 2023.
V.l.n.r.: Elisabeth Brugger (ehemalige pädagogische Leiterin der Wiener Volkshochschulen), Ursula Knittler-Lux (ehemalige Zentralsekretärin des Verbandes Wiener Volksbildung), die Söhne Gerhard Hochwarter, Karl Hochwarter jun., Karl Hochwarter, Gerhard Bisovsky, Ingrid Trummer (ehemalige Direktorin der Volkshochschule Floridsdorf).
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