Vier Jahrzehnte Erfahrung in der Praxis politischer Erwachsenenbildung! Für Klaus-Peter Hufer eine interessante Tätigkeit, denn sie gibt immer wieder Gelegenheit selbst zu lernen, sich mit klassischen Fragen und neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen sowie in den Veranstaltungen „… viele engagierte und politisch wache Menschen zu treffen“ (S. 123).
Diese positive Energie vermittelt die Lektüre: dezent aufklärend, bescheiden wissend, unaufgeregt die eigene Position vertretend. Letztere wird klar bezogen: Die normative Idee der Demokratie steht im Zentrum von politischer Bildung.
Die Struktur der Publikation erlaubt einen soliden Zugang zum Thema. Eingangs werden die wichtigsten Begriffe wie Politik, Bildung und politische Bildung erörtert. Als nächstes wird die Situation der politischen Bildung im Zeitraum der Aufklärung, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus sowie in der Epoche seit 1945 pointiert beschrieben. In Letzterer vollzieht sich der Wandel von einer kritischen zu einer marktorientierten Bildung, die politische Aufklärung weniger achtet.
Exemplarisch werden im folgenden Kapitel fünf Protagonisten, die im vorigen und in diesem Jahrhundert in der politischen Bildung Akzente setzten, vorgestellt: Fritz Borinsky, Paul Röhrig, Willy Strzelewicz, Hans Tietgens, Oskar Negt.
Hufer, bestens theoretisch ausgewiesener Inhaber einer außerplanmäßigen Professur an der Universität Duisburg – Essen, tritt für eine Überwindung der Kluft zwischen Theorie und Praxis ein. Er sieht politische Erwachsenenbildung in einem Bedingungsrahmen, der von den Lehrenden, den Trägern und TeilnehmerInnen, der Politik, der Gesellschaft und den Beziehungswissenschaften mitbestimmt ist. Letztere sind vor allem Politikwissenschaft und -didaktik, Pädagogik, Erwachsenenbildungs- und Sozialwissenschaften. Allerdings, je nach Thematik der politischen Bildung, noch viele andere, sodass man von einer notwendigen interdisziplinären Orientierung sprechen kann.
In den folgenden Kapiteln, die sich mit dem Lehren und Lernen, den AdressatInnen sowie der Qualität der politischen Bildung beschäftigen, beweist Hufer sein didaktisches Potenzial. Er bietet u. a. viele Vorschläge im methodischen Bereich, erörtert das Verhältnis von Bildung und Kompetenz oder legt Ansichten vor, was unter „guter“ politischer Bildung verstanden wird. Hufer praktiziert auch als Autor Grundprinzipien, die 1976 im „Beutelsbacher Konsens“ als Anforderungen an politische Bildung festgelegt wurden: Kontroversen als solche aufzeigen und niemanden zu hindern, ein selbständiges Urteil zu gewinnen. Ob politische Erwachsenenbildung als Profession zu bewerten ist, fällt Hufer – am Ende seines Buches – schwer zu beantworten. Zu heterogen ist das Feld, zu vielfältig die Institutionen und Handlungsfelder, oft zu prekär die Arbeitsverhältnisse. Hufer, als optimistischer Aufklärer, sieht das Positive: Merkmal der Profession politischer ErwachsenenbildnerInnen ist es Spannungsmomente in einem komplexen Beruf auszuhalten und auszugleichen (vgl. S. 118).
Hufers Plädoyer für politische Erwachsenenbildung in Buchform, ein Lehrbuch, das nicht belehrt, gibt viele Einblicke in die Situation der (deutschen) Erwachsenenbildung. Es zeigt aber auch, dass Themen und Anliegen im Bildungsbereich nicht verloren sind, wenn sie mit Energie und Sachverstand vertreten werden. //