SAPA goes blended
Ein Erfahrungsbericht zur Überführung des Zertifikatslehrgangs für Sprachkursleitende in ein Blended Learning-Format mit Online-Vor- und -Nachphasen

Im Rahmen diverser Evaluationen der früheren Lehrgänge hatte sich gezeigt, dass der hohe Zeitaufwand (v.a. An- und Abreise und Übernachtungen) und die damit verbundenen Kosten (u. a. auch Übernachtungen) die finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten vieler TeilnehmerInnen vor Herausforderungen stellten bzw. diese überforderten. Ziel eines vom bm:bf geförderten Projekts war es daher, die Präsenzzeiten von jeweils drei Tagen pro Modul auf eineinhalb Tage zu reduzieren und in diesem Zusammenhang das Konzept des derzeit bestehenden Lehrgangs zu überarbeiten und in ein Blended Learning-Konzept zu überführen. Es sollten Selbstlernphasen angeboten und eine kooperative Interaktion der TeilnehmerInnen auf der Lernplattform Moodle initiiert werden.

Ziel des Vorhabens war es, eine möglichst kostengünstige, zeitgemäße Ausbildung zu entwickeln, die mit geringerem Zeitaufwand von möglichst vielen (neuen) Kursleitenden aus ganz Österreich besucht werden kann. Im Rahmen der Maßnahme wurde ein Blended Learning- Konzept für den bewährten Ausbildungslehrgang erstellt und auch gleich in den acht Lehrgangs-Modulen getestet.

Aufgebaut wurde, wie vorgesehen, auf dem bereits sehr erfolgreich laufenden SAPA-Zertifikatslehrgang für Sprachkursleitende des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen, der seinerzeit mit esf- und nationalen -Mitteln des bm:bf (damals noch bm:ukk) entwickelt und 2011 mit dem Europäischen Sprachensiegel ausgezeichnet wurde.

Das Ergebnis ist ein Ausbildungslehrgang im Blended Learning-Format für Unterrichtende im Sprachenbereich in der Erwachsenenbildung , der einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung der Unterrichtenden leistet. Der Pilot-Lehrgang wurde von Herbst 2015 bis Ende Sommer 2016 mit 20 Teilnehmenden aus ganz Österreich durchgeführt. Die Präsenzmodule fanden wechselweise in Wien und Salzburg statt (vier in Wien und vier in Salzburg) und die bisherigen Rückmeldungen sowohl der Teilnehmenden als auch der ReferentInnen sind äußerst positiv.

Nach Durchführung von sechs der insgesamt acht Module kann gesagt werden, dass die Präsenzeinheiten sehr erfolgreich um ein Viertel reduziert werden konnten. Sie werden nun durch Online-Vor- und -Nachphasen ersetzt, in denen Selbstlernelemente und Phasen der virtuellen Interaktion einander abwechseln.

Umsetzung

Ein erster Schritt bestand darin, die LehrgangsreferentInnen mit dem neuen Konzept bekannt zu machen bzw. sie für die neuen digitalen Herausforderungen zu schulen. So setzten sie sich in einer ebenfalls im Blended Learning-Format angesetzten Schulung mit virtuellen Lehr- und Lernprozessen, konkreten Online-Tools und den Herausforderungen der e-Moderation auseinander, um dann in einem nächsten Schritt zu überlegen, wie das erworbene Wissen konkret im eigenen Lehrgang umgesetzt werden könnte.

Da die Inhalte des bereits bestehenden Lehrgangs prinzipiell beibehalten werden sollten, musste zunächst geklärt werden, welche Inhalte sich für die Online-Vor- und -Nachphasen auf der ebenfalls zu entwickelnden Moodle-Plattform besonders eign en und welche Umstrukturierungen, Adaptierungen und Schwerpunktsetzungen sich dadurch für die Module insgesamt ergeben.

In technischer sowie pädagogischer Hinsicht musste überlegt werden, welche Online-Tools für welche Art der Inhaltsvermittlung bzw. -erarbeitung (gemeinsam/einzeln, virtuell) am besten geeignet sind und wie diese auf ansprechende Art dargestellt (Layout) bzw. eingeführt werden können (z. B. entsprechende, gut verständliche Aufgabenstellungen etc.), um einander opimal zu ergänzen. Das bedeutete, dass nicht nur die Online-Phasen konzipiert und gestaltet, sondern auch die Face-to-Face- Einheiten neu überdacht und zusammengesetzt werden mussten.

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In einer Vorphase war geklärt worden, welches Learning-Managementsystem sich für das Vorhaben am besten eignet. Als Entscheidungsgrundlage dienten hierbei bisherige eigene Erfahrungen mit Moodle bzw. Erfahrungen aus ähnlichen Vorhaben, wie etwa der Bildungsserver der PH-Burgenland, der mit Hilfe einer verwandten LMS-Technik entwickelt wurde. Aufgrund des mittlerweile hohen Bekanntheitsgrads von Moodle und der diesbezüglichen eigenen Vorerfahrungen, entschieden wir uns für dieses LMS.

Vorerfahrung der TeilnehmerInnen mit Blended Learning und Onlineplattformen

In einer Umfrage zu Lehrgangsbeginn gab etwa die Hälfte der zwanzig TeilnehmerInnen an, dass sie bereits Erfahrungen mit E-Learning hatten und bereits mit der Lernplattform Moodle vertraut sind. Befragt zu den Vorteilen des Blended Learning-Formats zu Beginn der Ausbildung nannten die TeilnehmerInnen vor allem die freie Zeiteinteilung, das Sparen von Fahrzeiten, Flexibilität und Rückschlüsse auf die Einsetzbarkeit bei Sprachkursen im Corporate Environment. Eine Teilnehmerin betonte auch den wichtigen Austausch mit Lehrenden und KollegInnen zwischen den Anwesenheitszeiten. Ein anderer unterstrich die Möglichkeit, asynchron gemeinsam an den Aufgaben zu arbeiten, wodurch das berufsbegleitende Lernen unterstützt wird.

Zufriedenheit mit dem Lehrgang

In einer Befragung nach dem zweiten Modul betonten die Teilnehmenden, dass das Blended Learning- Format u. a. den Vorteil bringt, dass Fragen, Ideen, Gedanken zur gemeinsamen Arbeit im Lehrgang jederzeit transportiert und gegebenenfalls auch bearbeitet werden können. Auch die benutzerfreundliche Aufbereitung wurde hervorgehoben, die es Lernenden erleichtert, dieses Lernformat erstmals kennenzulernen.

In Folge einige authentische Stimmen der Teilnehmenden:

„Ich denke, dass man durch das Blended Learning- Format die Inhalte der Präsenzphasen festigen und vertiefen kann und sehe es auch als großen Vorteil für das Lernen von zu Hause aus.“

„Ich kann die Online-Aufgaben zu einem Zeitpunkt erledigen, der bei mir gut passt – und lerne trotzdem KollegInnen und Vortragende persönlich kennen – das empfinde ich als großen Vorteil.“

„Die Aufgaben erledigen zu können wann Zeit ist, nicht an Zeit und Ort gebunden zu sein!“

„Mit E-L earning umzugehen und in Zukunft damit arbeiten zu können.“

„Vorteile: flexibles Lernen, freie Arbeitseinteilung, fordert andererseits auch viel Konsequenz. Hoffe auf Austauschmöglichkeiten mit den anderen KursteilnehmerI nnen“.

„(…) effektives und produktives Lernen“.

„Ich hoffe vor allem auf ein gesteigertes Selbstvertrauen in Arbeit mit Blended Learning und dass ich Vorteile kennenlerne, die ich als Leiterin für eigene Kurse nützen kann.“

„Vorteile: erleichterter Zugang zu Inhalten, Feedback von Lehrgangsleiterinnen und – leitern, Ansprüche: schnelle Funktionalität, leichte Bedienung, klare Aufteilung (Erleichterung, nicht Zusatzarbeit)“.

Vorteil: Beruf – Weiterbildung gut vereinbar, da die reinen ‚Lerninhalte‘ selbst erarbeitet werden können, daher mehr Zeit für die Inhalte, die durch Lehrpersonen bzw. in der Gruppe vermittelt werden; Fragen können kurzfristig via Plattform beantwortet werden“.

Rückmeldungen der ReferentInnen

Der Mehrwert der Online-Phasen liegt zumeist darin, dass den TeilnehmerInnen mehr Eigenverantwortung abverlangt wird und der Online-Teil auch viel stärker als Pflicht und Voraussetzung für den Präsenzteil angesehen wird. Die Lernenden erfüllen den Arbeitsauftrag viel gewissenhafter als in früheren Lehrgängen, wo es auch immer wieder Lesestoff etc. im Vorfeld gegeben hatte, diese Aufgaben aber nicht gemacht wurden, da die Teilnehmenden davon ausgingen, dass sie ohnehin alles im Präsenzmodul erfahren würden.

So können sich die Teilnehmenden jetzt schon im Vorfeld mit komplexen Themen auseinandersetzen, in ihrem individuellen Tempo und ihren Vorerfahrungen entsprechend.

Hervorgehoben wurde auch der soziale Aspekt, da sich alle durch die Online-Phase und den dortigen Austausch schon „beschnuppern“ (Foto, Kommentare etc.) und die Anfangsphase des gegenseitigen Kennenlernens beim Präsenzteil fast wegfällt. Das erleichtert das gemeinsame Lernen und Arbeiten zusätzlich.

Die geänderten bzw. gekürzten Zeiten beim Präsenzteil erwiesen sich in der jetzigen Konstellation als sehr ausgeglichen und stimmig. Die gemeinsame Arbeit wird sowohl von den Teilnehmenden als auch von den ReferentInnen als sehr kurzweilig und keineswegs ermüdend empfunden und gleichzeitig lassen sich alle Inhalte sehr gut durchbringen. Es wird allgemein als starke Erleichterung empfunden, dass das Modul am Samstagnachmittag endet.

Transfer

Das im Rahmen des Entwicklungsprojekts Gelernte und die damit verbundenen Erfahrungen, konnten auch in einem weiteren Zusammenhang genützt und umgesetzt werden.

Ende des Jahres 2014 trat der UNHCR an den VÖV mit der Anfrage heran, ein vom UNHCR in Kooperation mit der Universität Graz entwickeltes Curriculum für die Aus- und Weiterbildung von DolmetscherInnen im Aslyverfahren didaktisch umzusetzen und als Lehrgang anzubieten.

Auch in diesem Kontext entschieden wir uns für ein Blended Learning- Format, um jedes der 12 Lehrgangsmodule in einem für die TeilnehmerInnen überschaubaren Format bzw. in adäquater Länge anzubieten. Die Module wurden so gestaltet, dass ein Teil der Inhalte jeweils in einer Online-Vorphase eigenständig von den Teilnehmenden erarbeitet werden. Dadurch können wichtige Texte etc. schon im Vorfeld gelesen werden bzw. setzen sich die Teilnehmenden bereits alleine oder in Online-Foren etc. mit Fragestellungen auseinander, die dann in der Präsenzphase genauer ausgeführt werden. Da die meisten KursteilnehmerInnen auch nicht erstsprachig deutsch sind, bietet die Online-Phase ihnen auch die Möglichkeit, sich der Thematik in ihrem Tempo (auch sprachlich) anzunähern. Somit war es auch möglich, die restlichen Inhalte pro Modul auf einen Präsenztag zu reduzieren, an dem auch genügend Anreisezeit aus den Bundesländern gegeben ist.

Auch in diesem Lehrgang, der sich in erster Linie an sprachkundige DolmetscherInnen wendet, die selbst zumeist Migrationshintergrund aufweisen, hat sich das Blended Learning-Konzept als geeignet erwiesen und wurde auch von dieser Zielgruppe größtenteils positiv angenommen.1

Zusammenfassendes

In den vergangenen vier bis fünf Jahren sind die unterschiedlichsten virtuellen Tools entwickelt bzw. Learning Management Systeme wie Moodle entscheidend verbessert worden. Auch die interaktiven Optionen konnten, etwa in Form von Webinaren, Chats oder Foren mit bisher ungeahnten Möglichkeiten, ausgebaut werden.

Im Besonderen beim Sprachenlernen und -lehren wird in zunehmendem Ausmaß auf Online-Materialien, -tools und -Plattformen zurückgegriffen. Kursleitende sind zunehmend gefordert, sich auch mit IKT und den sich rasant entwickelnden technischen Möglichkeiten auseinander zu setzen.

Auch bei Sprachkursleitenden ist ein enormer Zuwachs an technischem Know-how zu erkennen, wobei sich manche interessieren, aber höhere Hemmschwellen überwinden müssen, um sich mit den neuen Gegebenheiten auseinander zu setzen. Durch die schrittweise Heranführung im Rahmen des Lehrgangs erwerben die TeilnehmerInnen nicht nur didaktisch-methodische Kenntnisse, sondern auch wertvolle IKT-Kompetenzen, die sie ebenfalls in ihrer Tätigkeit als Sprachkursleitende gezielt umsetzen können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es gelungen ist, ein pädagogisch durchdachtes Lehrgangskonzept zu entwickeln, das einerseits die modernen Kooperations- und Handlungsmöglichkeiten des Internets voll ausschöpft und andererseits die Vorzüge von Face-to-Face- Einheiten nützt, wodurch der Transfer in die Unterrichtspraxis sichergestellt ist.

Hervorzuheben ist auch nochmals der doppelte Nutzen, den Teilnehmende durch das Kennenlernen und Verwenden neuer Technologien erfahren, da sie sich diese auf diesem Weg auch gleichzeitig wichtige IKT-Kompetenzen für ihren eigenen Unterricht aneignen.

Durch die Professionalisierung der Kursleitenden in didaktischer und methodischer Hinsicht und den zusätzlichen Kompetenzerwerb im Bereich IKT kann die Qualität von Sprachkursen in der Erwachsenenbildung zunehmend gesteigert werden. Indirekt führt das zu vermehrtem Fremd- und Zweitsprachenlernen, womit wir vielleicht dem EU-Ziel der Erhöhung der Mehrsprachigkeit der BürgerInnen einen kleinen Schritt näher kommen. //

1   Näheres zum QUADA-Lehrgang siehe auch: http://www.vhs.or.at/594/ [23.11.2016]

Feigl, Elisabeth (2016): SAPA goes blended. Ein Erfahrungsbericht zur Überführung des Zertifikatslehrgangs für Sprachkursleitende in ein Blended Learning-Format mit Online-Vor- und -Nachphasen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. November 2016, Heft 259/67. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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