Wolfgang Moser: Was auf der Zunge liegt. Wissenswertes und Überraschendes aus der Welt der Sprachen.

Wolfgang Moser: Was auf der Zunge liegt. Wissenswertes und Überraschendes aus der Welt der Sprachen.
Graz: Verlag Klingenberg, 2024, 136 Seiten

Die Mehrsprachigkeitsdidaktik bemüht sich seit Jahren darum, Kindern die Beschäftigung mit Srpachen „spielerisch und lustvoll schmackhaft zu machen“, schreibt die Obfrau des Vereins Europäisches Fremdsprachenzentrum in Österreich, Hermine Penz, im Vorwort zu diesem Buch. Das Fremdsprachenzentrum (ÖSZ) hat seinen Sitz in Graz und der Autor, Wolfgang Moser, Direktor der Urania Steiermark, hat am ÖSZ mehr als sieben Jahre gearbeitet und geforscht und engagiert sich für die Verankerung von Mehrsprachigkeitsdidaktik in der Erwachsenenbildung. Dazu führt er regelmäßig Seminare zu sprachlichen Themen durch, er befasst sich mit Namen und ihren Bedeutungen, mit Schimpf und Spott in der Sprache und mit linguistischen Reisen, die beispielsweise vom Atlantik bis zum Ural führen.

Nun hat Wolfgang Moser einen „Reiseführer durch die Mannigfaltigkeit der Sprachen“ vorgelegt, bei dessen Lektüre sich einem neue Einsichten in die Welt der Sprachen und ihre Bearbeitungen erschließen. In 60, leicht verständlichen, Kurztexten befasst er sich mit Begriffen aus verschiedenen ­Sprachen und Schriften und ihren Bedeutungen für den Alltag. 

Einige wenige Kostproben aus dem Buch geben ein Zeugnis davon, mit welchen sprachlichen Bedeutungen wir auch noch heute zu tun haben. 

Die „Palatschinke“, zum Beispiel, ist ein „europäisches Wanderwort“. Cato der Ältere überlieferte etwa 150 vor unserer Zeitrechnung das Rezept für einen Kuchen aus mehreren Teigschichten, der mit Schafskäse und Honig gefüllt war. Er nannte diese Speise „placenta“. Darin steckt ein griechisches Wort, nämlich plakoeis, was „flach“ bedeutet. Die Speise verbreitete sich im Römischen Reich und der Name wurde in weiter Folge auf das Organ „Mutterkuchen“ übertragen. Über das Rumänische „plăcintă“ gelangte das Wort in das Ungarische, wo zwei Konsonanten am Wortbeginn nicht möglich sind“ (S. 53), Milch und Ei kamen hinzu und die Speise hieß sodann „palacsinta“. Über Serbien und Kroatien kam das Wort nach Österreich, ein „e“ hängte sich an und daraus wurde die Palatschinke. Bestellt man heute in Rumänien eine plăcintă, erhält man einen Auflauf, der aus mehreren Teigschichten ­besteht und Topfen, Faschiertes sowie Äpfel enthält. Die Palatschinke, wie wir sie kennen, erhält man in Rumänien als clătită.

Wer am Telefon schon einmal buchstabiert hat, weiß, dass wir dazu Vornamen verwenden, was in vielen anderen Sprachen auch der Fall ist. In Italien, Slowenien, Portugal und der Türkei werden zum Buchstabieren hingegen heimische Städtenamen verwendet. Wie politisch die Buchstabiertabelle ist, zeigt sich daran, dass die Nationalsozialisten im Jahr 1934 die Vornamen jüdischen Ursprungs entfernt und eine neue Tabelle eingeführt haben: aus David wurde Dora, aus Nathan Nordpol und aus Samuel Siegfried (S. 61). 

Die zwei angeführten und 58 andere Kurzgeschichten finden sich in diesem Buch, das übrigens ein kurzweiliges Lesevergnügen bietet. 

Dieses Buch ist Spachlehrenden wie Sprachlernenden zu empfehlen, es fördert das Verständnis für die Vielfalt von Sprachen und für die Vielfalt von Kulturen. Darüber hinaus bereitet es auf weiteres Sprachenlernen vor. Zudem eignet es sich auch vorzüglich als Geschenk. //

Bisovsky, Gerhard (2024): Wolfgang Moser: Was auf der Zunge liegt. Wissenswertes und Überraschendes aus der Welt der Sprachen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2024, Heft 283/75. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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