Florian Klenk/Konrad Pesendorfer: Zahlen, bitte! Was Sie schon immer über Österreich wissen wollten.

Florian Klenk/Konrad Pesendorfer: Zahlen, bitte! Was Sie schon immer über Österreich wissen wollten.
Wien: Falter Verlag 2018, 120 Seiten

Zahlen, bitte! Nein, wir müssen nicht bezahlen, wir erhalten – Zahlen! Neugierige Fragen eines Journalisten, Florian Klenk vom „Falter“ und umfassende, klare Antworten vom Leiter der „Statistik Austria“, Konrad Pesendorfer, führten zu diesem Buch. Im rosa Outfit, jeweils ein Thema auf zwei Seiten – eine Seite Text, eine Seite Statistik (Tabellen, Diagramme) – präsentiert sich das Buch. In 124 Fragen entfaltet sich, soweit in Zahlen und Graphiken abbildbar, Österreichs Realität.

Ob es stimmt, dass alle Zwetschkenbäume gezählt werden? Ja, im Rahmen der Zählung aller Obstbäume – es gibt etwa 24,5 Millionen, davon 5 Prozent Steinobst und 90 Prozent Apfelbäume. Zugleich werden bei dieser Frage die Leistungen und die finanzielle Lage der Bauern, die Zahl und Ansiedlung der landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Viehbestand erörtert und angegeben: 1,9 Millionen Rinder und 2,6 Millionen Schweine leben in unserem Land, in dem wir uns mit Getreide, Milch und Wein ausreichend selbst versorgen können.

In diesem Sinn gibt es weitere Fragen zur Wirtschaft, z. B. ob der „Euro“ ein „Teuro“ war, wie Armut gemessen wird, wie lange für den Erwerb eines Autos gearbeitet werden muss, ob Frauen tatsächlich weniger verdienen als Männer, wo die meisten Pendler leben, wieso Immobilien so teuer geworden oder welche neu gegründeten Unternehmen erfolgreich sind.

Im sozialen Sektor wird u. a. gefragt, wie viele Spitalsbetten es gibt, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich leben, wie hoch die Aktivität in Vereinen ist, wohin im Urlaub gereist wird, wie es um die Lebensqualität und Gesundheit steht, wie viele Jugendliche es um 2050 in Österreich voraussichtlich geben wird.

Das Thema Bildung wird in speziellen Fragen aber auch als Querschnittsproblematik öfters angesprochen. So kann z. B. „herausgelesen“ werden: Mit Beginn des Jahres 2018 lebten bei einer Gesamtbevölkerung von 8,8 Millionen 1,545 Millionen Personen unter 18 Jahren in Österreich, ein Anteil von etwa 18 Prozent, davon besuchen über 1,1 Millionen die Schule. In den letzten Jahren wird ein leichter Anstieg der Geburten vermerkt. Im Jahr 2017 kamen in Österreich laut Statistik Austria 87.630 Kinder lebend zur Welt.

Anzumerken ist noch, dass das mittlere Alter bei Eheschließungen um 1970 bei Anfang 20 Jahren lag – heute liegt es bei Anfang 30. Bei Geburt ihres ersten Kindes sind Frauen im Durchschnitt 30 Jahre alt, um 1980 waren sie fünf Jahre jünger. Der Anteil von Frauen, die ihr Kind ab einem Alter von 35 Jahren gebären, ist in den letzten Jahren auf über 15 Prozent gestiegen.

Da seit Mitte der 1990er-Jahre die Geburtenrate zurückgegangen ist, kommen weniger Kinder in die Volksschule. Insgesamt sind es zurzeit knapp 330.000 Volksschulkinder, um etwa 64.000 Kinder weniger als um die Jahrtausendwende. (Vgl. S. 96). Durch Zuwanderung von Familien hat sich der Trend in den letzten Jahren wieder umgekehrt, gemäß Bevölkerungsprognose wird sich das fortsetzen. Österreichweit bringt dies einen Anteil von 29 Prozent der Volksschulkinder mit sich, deren Muttersprache nicht Deutsch ist (in Wien sind es im Durchschnitt 57 Prozent Im Kindergarten betreut werden 73 Prozent der Dreijährigen (vor 20 Jahren waren es etwa 30 Prozent!), 90 Prozent der Vierjährigen und etwa 96 Prozent der Fünfjährigen. Besondere Bedeutung liegt allerdings auf der Qualität des Personals m Kindergarten und am Umfang des Angebots. Letzteres ist in den Städten sehr gut, „(…) im ländlichen Bereich gibt es da und dort noch Verbesserungsbedarf“. (S. 22).

Im Hinblick auf die Grundbildung Erwachsener ist von Interesse: Nur 8,4% der erwachsenen Bevölkerung haben beim Test durch die OECD im Sektor Lesen mit „sehr gut“ oder „gut“ bestanden. Etwa 17 Prozent, knapp eine Million Menschen, davon etwa die Hälfte mit Deutsch als Muttersprache, weisen niedrige Lesekompetenz auf, d. h. sie können den Beipackzettel eines Medikaments nicht verstehen. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich beim Rechnen, das bedeutet Schwierigkeiten beim Preisvergleich im Supermarkt, oder beim Arbeiten mit dem Computer. Statistisch gesehen liegen wir mit diesen Ergebnissen – Trost oder Schreck? – im europäischen Mittelfeld.

Wer die Zahlen in Beziehung setzt, bekommt ein Bild von unserer Gesellschaft, bemerkt Zusammenhänge zwischen höherer Bildung, Einkommen, Gesundheit, Lebensdauer und Lebenszufriedenheit, und erkennt: Es kommt darauf an, die Lebensbedingungen zu verbessern! Dann kann eine neue Statistik erstellt werden, aber bitte, mit Zahlen einer sozial verantwortlichen Politik!

Das Buch mit seinen Informationen, Zahlen und Statistiken öffnet einen kritischen Blick auf gesellschaftliche Zustände. Ob wir diese beibehalten oder verändern wollen, ist eine andere Frage. Auf alle Fälle hilft das Buch, sich in Bildungsveranstaltungen und Diskussionen, in Wissensshows und an Stammtischen nicht bloß mit Vermutungen zu begnügen. Zahlen und Statistiken als Momentaufnahmen sowie als Grundlagen von Trends und Prognosen – können dazu beitragen, Zustände und Entwicklungen der Gesellschaft begründet zu beurteilen. //

Lenz, Werner (2018): Florian Klenk/Konrad Pesendorfer: Zahlen, bitte! Was Sie schon immer über Österreich wissen wollten. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2018, Heft 265/69. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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