Seit Mitte der 1980er Jahre erheben die österreichischen Volkshochschulen detaillierte Daten zu ihrer Struktur. Dabei handelt es sich um Daten zur Anzahl von Volkshochschulen, zur Zahl der MitarbeiterInnen, zur Zahl der genutzten Räume sowie Angaben zu Öffnungszeiten und anderen infrastrukturellen Aspekten. (Vgl. Knowledgebase Erwachsenenbildung https://adulteducation.at/de/struktur/strukturanalyse). Im Sinne einer transparenten Unternehmenskultur gibt die Strukturanalyse Auskunft über Größe, Ausstattung, Einzugsgebiet und Kursvolumen der österreichischen Volkshochschulen. Die aktuellste Strukturanalyse wurde 2018 abgeschlossen. Wichtige Entwicklungen sind die zunehmende Professionalisierung und Verberuflichung der Volkshochschul-MitarbeiterInnen, allerdings auch eine Erhöhung der Teilzeit-Quote der Beschäftigten. Das Führungspersonal der Volkshochschulen wird zunehmend „weiblicher“. Auf der Ebene der Lehrenden, des administrativen Personals und der Teilnehmenden waren Frauen schon lange in der Überzahl. Mit der aktuell vorliegenden Strukturanalyse setzt sich die Tendenz des Aufrückens von Frauen auch in Führungspositionen fort.
Durch eine vergleichende Auswertung werden in der Strukturanalyse die wichtigsten Entwicklungstendenzen bezogen auf die Anzahl der Volkshochschulen (definiert als Standorte mit pädagogischem Personal und mehr als drei angebotenen Fachbereichen) deutlich: Seit der ersten Erhebung 1985 blieb die Zahl der Volkshochschulen mit damals 259 und heute 256 relativ unverändert. Die Anzahl der Volkshochschulen, VHS-Kursorte oder VHS-Nebenstellen, der Orte mit Kurs- oder Projektaktivitäten von Volkshochschulen ist hingegen auf beeindruckende 824 gewachsen.1
Abbildung 1: Volkshochschulen und Volkshochschulstandorte in Österreich und EinwohnerInnen von Gemeinden (Quelle: Statistik Österreich 2019. EinwohnerInnen 2018. Erstellung der Tabelle: P. Zwielehner)
»Eine ist immer in ihrer Nähe«
Die Volkshochschule als eine der ältesten Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Österreich (vgl. Knowledgebase Erwachsenenbildung Historiografie: https://adulteducation.at/de/historiografie/) zeichnet sich durch eine besondere organisatorische Vielfalt aus. Detailliertes und verlässliches Wissen über diese Entwicklung stellen eine unabdingbare Säule für jede geplante organisatorische Weiterentwicklung dar. Insbesondere dann, wenn sich die Organisation wie im Fall der Volkshochschulen durch ein hohes Maß an Föderalismus, Selbstständigkeit und eine demokratische Kultur auszeichnet. In ganz Österreich gibt es 824 Orte, an denen VHS-Kurse und Bildungsangebote wahrgenommen werden können. Die Volkshochschulen sind in 787 von 2098 Gemeinden tätig. In 38 Prozent aller österreichischen Gemeinden findet sich eine Volkshochschule oder ein Kursort. Es sind zudem die bevölkerungsreichsten Gemeinden, in Ihnen leben 73 Prozent der österreichischen Bevölkerung!
Abb. 2: Die Volkshochschulen in den Gemeinden
Von den 787 Gemeinden mit VHS-Aktivität ist/sind in 238 Gemeinden eine oder mehrere „Volkshochschulen“ aktiv. In den restlichen 549 Gemeinden sind die Volkshochschulen mit Nebenstellen bzw. Kursorten vertreten.
Abb. 3: Die Verteilung der Volkshochschulen oder Volkshochschulstandorte über das Bundesgebiet. Gemeinden mit VHS-Standort
Die Nähe zum Bildungsort als ein gewichtiger Faktor der Bildungsbeteiligung
Die Ermöglichung und Wirksamkeit von Bildung hängt von verschiedensten Faktoren ab, von zeitlichen und finanziellen Ressourcen, vom Geschlecht und von der sozialen Herkunft. Sie hängt aber auch stark von der regionalen, geographischen Nähe des Bildungsangebots ab sowie von der Bildungsnähe (d.h. der Erfahrung mit dem formalen Bildungssystem und den erworbenen Abschlüssen) der potenziellen TeilnehmerInnen. Gerade für weniger im formalen Bildungssystem Gebildete mit geringeren Abschlüssen ist die Nähe zum Bildungsort von besonderer Wichtigkeit. Die soziale Lage oder soziale Herkunft der AkteurInnen ist also nicht immer der entscheidende Faktor, wenn es um die Entscheidung für oder gegen die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen geht. Faktoren wie die räumliche Nähe, die Erreichbarkeit oder die gefühlte Zugehörigkeit zu einem bestimmten Raum spielen hierbei eine wichtige Rolle. (Vgl. Feldmann: 2007).
Grundsätzlich bewirken Faktoren wie Geburtsland und Wohnort große Unterschiede im Hinblick auf die Chancen, höhere Qualifikationen zu erwerben, aber ebenso hinsichtlich des allgemeinen Zugangs zu Bildung.
Beispielsweise sind Standortdichte und Vielfalt der Bildungsangebote in städtischen Zentralräumen wesentlich größer als in ländlich-peripheren Regionen. Gleichzeitig sorgt in vielen zentralen Orten ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz für eine gute Erreichbarkeit der Bildungseinrichtungen, während die Bildungsinteressierten aus ländlichen Siedlungen meist auf die einzige, selten verkehrende Buslinie oder den privaten PKW angewiesen sind. Die ungleiche Ausstattung der Regionen mit Bildungseinrichtungen und Verkehrsinfrastrukturen führt in weiterer Folge zu ungleichen Bildungschancen.
Über den Wohnort erfolgt also eine nicht zu unterschätzende bildungsspezifische Selektion, die in weiterer Folge auch erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsmarktchancen, die berufliche Positionierung, die soziale Stellung und das Einkommen hat. (Vgl. Wisbauer: 2007).
Die spricht für ein möglichst dichtes Netz an Standorten besonders in der Erwachsenenbildung. Ein Prinzip dem die Volkshochschulen immer schon – analog zu ihren Ressourcen – gefolgt sind. //
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