Transdisziplinärer Dialog Erwachsenenbildung: Effekte und Wirkungen von Erwachsenenbildung – Wider Benefits des Lebenslangen Lernens (BeLL)

Erwachsenenbildung wirkt, unter diesem Motto veranstalteten die Donauuniversität Krems (Monika Kil, Filiz Keser-Aschenberger) und der Verband Österreichischer Volkshochschulen (Stefan Vater, Gerhard Bisovsky) am 9. Mai 2022 eine Abschlusstagung zum Projekt BeLL. Den „treasure within“ (Jaques Delors) nachzuweisen bildet die Herausforderung einer evidenzbasierten Weiterbildungsforschung und ist wohl auch Notwendigkeit in einer Zeit, die auf Konkurrenz setzt, vergleicht und abmisst. Im transdisziplinären Dialog wurden die Forschungsergebnisse der österreichischen Benefits-of-Lifelong-Learning-Studie – kurz BeLL – ebenso vorgestellt wie die internationale Vorgängerstudie.1 Die Studien zeigen den Beitrag der allgemeinen Erwachsenenbildung zum Kompetenzerwerb von TeilnehmerInnen auf, zu aktiver BürgerInnenschaft und aktuellen bildungspolitischen Herausforderungen und Zielen wie Up- and Reskilling, Digitalisierung, Teilhabe und Inklusion sowie Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Eröffnet wurde die von Stefan Vater und Filiz Keser-Aschenberger moderierte Tagung, an der 60 Personen online und 15 der Donauuniversität vor Ort teilnahmen, von Stefan Oppl, dem Dekan der Donauniversität Krems.

Monika Kil (DUK) präsentierte den theoretischen Rahmen, den diskursiven Kontext und einige Aspekte der österreichischen Bell Studie. Wer profitiert von Erwachsenenbildung, sind es tatsächlich nur die Einzelnen, oder profitiert auch die Allgemeinheit von allgemeiner Erwachsenenbildung? Die BeLL-Studienergebnisse zeigen eindeutig: Bildungsteilnahme an allgemeiner Erwachsenenbildung wirkt und nutzt der Allgemeinheit und der Gesellschaft. Finanziert wird sie hingegen vor allem von den Individuen und teilweise von Kommunen oder Vereinen. Kil betonte: „Die Politik muss wissen, dass allgemeine Erwachsenenbildung, nach CORONA und den Lockdowns und Einschränkungen wieder stattfinden muss“.

Bettina Thöne-Geier vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) – vergleichbar der Pädagogischen Arbeits- und Forschungsstelle des VÖV – umriss die Ziele der europäischen BeLL-Studie von 2011 bis 2014 und verwies auf ein eindeutiges Ergebnis der Studie: allgemeine Erwachsenenbildung wirkt und nutzt. Verantwortlich für die Wirkungen sind Inhalte, Methodik der Erwachsenenbildung und das soziale Zusammentreffen im Kurs. Allgemeine Erwachsenenbildung erhöht das Selbstbewusstsein und auch das Vertrauen in sich und die anderen, sie verbessert das körperliche und mentale Wohlbefinden, sie hilft, soziale Netzwerke zu knüpfen und erhöht die Lust auf mehr Bildung über die allgemeine Erwachsenenbildung hinaus. Der Bildungssoziologe würde sagen, Erwachsenenbildung erhöht die Bildungsaspiration. BELL zeigt: je mehr Kurse, desto mehr Benefits, so Thöne-Geier. In Kurzform kann festgehalten werden, dass allgemeine Erwachsenenbildung Menschen insbesondere in sozialen Transformationsprozessen unterstützt.

Gerhard Bisovsky betonte bei seinem letzten Auftritt als Generalsekretär des VÖV bei einer Podiumsdiskussion die lange Tradition der Auseinandersetzung mit den Wirkungen von Erwachsenenbildung im VÖV und in der Pädagogischen Arbeits- und Forschungsstelle. So war beispielsweise Tom Schuller (University of London, zuvor OECD) schon 2012 im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung mit dem Institut Français2 Gast im Jour Fixe Bildungstheorie und berichtete über die Wider Benefits. Bisovsky betonte, dass allgemeine Erwachsenenbildung auch angesichts der Ergebnisse von BeLL, die sie evidenzbasiert als eine Übungswerkstatt oder Schule der Demokratie ausweise, nicht die Unterstützung und Wahrnehmung findet, die ihr zustünde.

„If you think education is not important, try ignorance!“ 

„Wenn du denkst, dass Bildung nicht wichtig ist, dann versuche es mit Ignoranz/Unwissen!“

(Katharina Popovic)

Katharina Popovic (Universität Belgrad und Internationaler Rat für Erwachsenenbildung – ICAE) betonte die Notwendigkeit von Erwachsenenbildungsforschung, besonders angesichts gesellschaftlicher Transformationen und Herausforderungen wie Demokratieverfall, Krieg, Klimakrise und einer neu aufgehenden Schere der Armut.

In der anschließenden Podiumsdiskussion betonte John Evers, der designierte Generalsekretär des VÖV, die besondere Rolle der Volkshochschulen als offene Räume des Lernens, die mehr sind als Stätten der Wissensvermittlung. Sie sind ein offener Sozialraum, der besonders für weniger Bildungserfahrene und Begüterte Lernmöglichkeiten eröffnet. In Zeiten von „fakenews“ ist zudem der Anspruch, dass alle Angebote der Volkshochschulen wissenschaftsbasiert sein müssen, auch ein gesellschaftspolitisches Statement.

Therese Reinel vom Bildungs- und Heimatwerk Niederösterreich betonte die Rolle der allgemeinen Erwachsenenbildung als Bildungsnahversorger, deren Augenmerk nicht nur auf messbaren Ergebnissen liegt, sondern auch auf Bildungsprozessen.

In der nachfolgenden Diskussion wurde die Notwendigkeit einer Förderung von Erwachsenenbildung betont und ihre Rolle als verlässliche Partner der öffentlichen Hand. //

1   Vgl. http://www.bell-project.eu/cms/wp-content/uploads/2014/06/BeLL-Research-Report.pdf

2   Vgl. https://adulteducation.at/de/news/termine/jubilaeumstagung-10-semester-jour-fixe-bildungstheorie

Vater, Stefan (2022): Transdisziplinärer Dialog Erwachsenenbildung: Effekte und Wirkungen von Erwachsenenbildung – Wider Benefits des Lebenslangen Lernens (BeLL). In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Sommer 2022, Heft 276/73. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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