Bernhard Schmidt-Hertha: Kompetenzerwerb und Lernen im Alter.
Studientexte für Erwachsenenbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2014, 129 Seiten

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Die Bevölkerungsstatistik verweist auf den wachsenden Anteil älter werdender Menschen und eine weiterhin zunehmende Lebenserwartung. Tourismus, Freizeit- und Lebensmittelindustrie aber auch politische Parteien haben ältere Menschen, Menschen in Pension, schon länger als Zielgruppe wahrgenommen.

Nun „entdeckt“ auch die Erwachsenenbildung diese Zielgruppe. Natürlich gab es schon zuvor Studien, Reflexionen und Angebote, die sich dem Altern und den Älteren widmeten. Doch immer unter dem Vorzeichen, dass die Beteiligung älterer Menschen an Weiterbildung gering sei. Bildungsökonomische Überlegungen, aber sicherlich auch gesellschaftliche Verantwortung scheinen nun das Interesse für dieses Klientel stärker hervorzurufen – zumindest ist dies aus einschlägigen, sich häufenden Publikationen zu folgern. Debatten über Pensionsantrittsalter und Berufstätigkeit im Alter wecken das öffentliche Interesse.

Detailliertes Know-how über Kompetenzerwerb und Lernen im Alter ist in dem vorliegenden „Studientext für Erwachsenenbildung“ aufbereitet. Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht stellt der Tübinger Professor Bernhard Schmidt-Hertha Wissenswertes aus der Bildungsforschung bezüglich älterer Menschen übersichtlich lesbar vor. Einem Studientext entsprechend werden klare Definitionen, Literaturverweise, Reflexionsfragen und Lernmaterialien im Internet geboten.

Charakteristisch bei der Beschäftigung mit Altern und Alter ist die Heterogenität. Der Autor definiert: „(…) dass Alternsprozesse verschiedener Individuen sehr unterschiedlich verlaufen und stark von genetischen Dispositionen, vorangegangenen Lernphasen sowie von der aktuellen Lebenssituation beeinflusst sind.“ (S. 10). Für die Weiterbildung gilt als empirisch gesichert: Personen mit höherem erstem Bildungsabschluss nehmen im Laufe ihres Lebens intensiver an Fortbildung teil. Heterogenität zeigt sich auch als soziale Spaltung beim Erwerb von Wissen und Bildung im Lebenslauf.

Zu Beginn seines Buches beschreibt der Autor demografische Veränderungen und Alterskonstruktionen. Er führt, im Rahmen des Konzepts des lebenslangen Lernens, in bildungstheoretische und bildungspolitische Perspektiven der Erwachsenenbildung ein. Dabei werden in einem eigenen Abschnitt die kognitiven und sozialen Bedingungen sowie das Thema Lernbiografie berücksichtigt. Alterssensible Didaktik, Bildungsbedarf von älteren Menschen und wachsende Nachfrage, z.B. auch für hochbetagte Personen, werden dargestellt. Im Hinblick auf den Kompetenzerwerb im Alter bringt der Autor neben begrifflichen Klarstellungen als Beispiele Literarität und Medienkompetenz.

Schmidt-Hertha zeigt aber auch den Zusammenhang mit informellem Lernen im Hinblick auf Kompetenzanforderungen, die sich aus Alltag, in Familie und Freundeskreis, durch Arbeitsplatz, Hobbys und Reisen sowie aufgrund allfälliger ehrenamtlicher Tätigkeit oder bürgerschaftlichen Engagements ergeben.

Übersichtlich resümiert der Autor zum Abschluss die wesentlichen Erkenntnisse aus fünfzig Jahren Forschung zum Thema Bildung und Lernen im höheren Lebensalter. Er urteilt: Bildung ist keine Altersfrage, sondern eine Frage, die kontinuierlich in jeder Lebensphase zu stellen und zu beantworten ist. Der Autor empfiehlt für künftige Forschungen einen höheren Grad an Interdisziplinarität sowie Längsschnittuntersuchungen, um der komplexen Thematik „Bildung im Alter“ gerecht zu werden.

Der Studientext bündelt komplexes Wissen und bietet klare Definitionen einschlägiger Begriffe. Es liegt aber an Leserin und Leser, die Klarheiten nicht nur hinzunehmen, sondern sie miteinander in Beziehung zu setzen, sie zu interpretieren und zu problematisieren. Aus der Publikation können Verantwortliche und Lehrende sicher-lich Konsequenzen für die Praxis der Erwachsenenbildung ziehen. //

Lenz, Werner  (2015): Bernhard Schmidt-Hertha: Kompetenzerwerb und Lernen im Alter. Studientexte für Erwachsenenbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2014, 129 Seiten. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Juli 2015, Heft 256/66. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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