Richten sich die Workshops im Sinne einer Train-the-Trainer-Struktur an Studierende und Unterrichtende im pädagogischen Feld, liegt der Schwerpunkt ebenso auf der späteren Nutzergruppe (hier spezifisch: Menschen mit Fluchterfahrung, Randgruppen der Gesellschaft und Teilnehmende von Weiterbildungsveranstaltungen), welche zukünftig an den Angeboten/Seminaren/Beratungen teilnehmen werden.
Ablauf des Projekts
Anhand von vier Workshops zu je fünf Tagen an den verschiedenen Standorten der beteiligten Partnerinstitutionen (Universität Palermo, Teatro due Mondi/Faenza, VHS Vaterstetten, Evangelische Hochschule Freiburg, VHS Simmering) werden die Teilnehmenden mit diversen Ansätzen und Methoden theoretisch und praktisch vertraut gemacht.
In diesen Workshops werden die innovativen methodischen/pädagogischen Ansätze ausprobiert, analysiert und bewertet. Bisher haben diese „Methodenerprobungswochen“ in Faenza (3. bis 7. April 2017) und Wien (25. bis 29. September 2017) stattgefunden. Die Ergebnisse dieser beiden Wochen wollen wir in diesem Artikel kurz beschreiben, um neue Methoden im Unterricht vorzustellen und neue Denkansätze anzuregen.
Das Herausfordernde und Spannende an diesem Erasmus+ Projekt ist sicherlich die heterogene Zusammensetzung der beteiligten Institutionen VHS, Universität, Theater – aber umso mehr kann man voneinander lernen…
Migrationspädagogik in der Praxis Faenza 3. bis 7. April 2017
Motto: „Amore mio non piangere …“
Die Projektwoche fand in Faenza/Italien im TEATRO DUE MONDI statt. Dieses wird von der Region Emilia Romagna gefördert und kümmert sich seit über 30 Jahren um Theaterproduktion und Theaterpädagogik.
Die künstlerische Arbeit der Gruppe umfasst Straßentheater, sozial und politisch engagiertes Theater und Theater für Kinder und Jugendliche. Aufgrund seiner ausgeprägten sozialen Motivation ist das TEATRO DUE MONDI bemüht, dort Theater zu machen, wo es gebraucht wird: in Vorstädten, in Waisenhäusern, an sozial benachteiligten Orten, sowie auf Straßen und Plätzen. Deswegen hat sich die Gruppe unter anderem dem Straßentheater verschrieben, das immer auch einen kulturellen und sozialen Faktor hat und die Begegnung mit einem heterogenen Publikum sucht. In der Woche konnten die Teilnehmenden einen Einblick in die aufsuchende Theaterarbeit bekommen und lernten vor allem theaterpädagogische Methoden und Ansätze kennen.
Zusammenfassung Methodensammlung:
Bei der äußerst intensiv geführten Abschlussdiskussion konnten keine dezidierten „Methoden“ für den allgemeinen Unterricht gefunden werden. Somit blieben einigend und abschließend folgende Begriffe/Statements im Raum stehen:
- Engagement und Identifikation im Sinne einer Theaterpädagogik;1
- Vertrauen, Verantwortung und (Sprach-)vermittlung;
- Aktion, Imitation2, 3und
- Musik ist wichtig.
Migrationspädagogik in der Praxis Wien 25. bis 29. September 2017
Motto: „Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration“4.
Die Projektwoche fand in Wien an der VHS Simmering statt. Die Anzahl der Vortragenden war größer und breiter gefächert als in Faenza. Der Fokus lag laut Motto und institutionsbedingt auf dem Spracherwerb. Im Rahmen des Projektes führte die VHS Simmering die sogenannte „Kurs-im-Kurs“-Methode ein. In einem bestehenden Deutschkurs wurden wöchentlich zwei Stunden Theaterimprovisation eingebaut um spielerisch Alltagssituationen zu simulieren bzw. mit den Worten und der Sprache „zu spielen“. Als Prinzip galt insgesamt laut Montessori: „Hilf mir, es selbst zu tun“. Auch Ansätze von Comenius mit „zuverlässig, schnell und angenehm lernen“ wurden praktiziert.
Wien, Aurora Floridia
Wien, Arbeiten der TeilnehmerInnen
Wien, Josef Gibala
Die Vortragenden und Themen der Projektwoche in Wien waren:
Tatjana Šehić, MA
widmete sich dem Thema Wor(l)ding – Methode & Talk Sessions: Gesprächskulturen.5
Mag.a Irina Malakh
demonstrierte Phonetikübungen und konnte auch mit Musik im Sprachunterricht beeindrucken.
Prof. Frank Michael Weber
setzte seine „Theater Improvisation“ lernendenorientiert wirkungsvoll ein.
Hier trat deutlich der Unterschied zu Faenza auf. In der Projektwoche in Faenza wurde klar die Theaterpädagogik bevorzugt, in Wien widmete man sich vor allem der Dramapädagogik.6
Mag.a Aurora Floridia
schaffte es, dass alle Anwesenden sprachlos wurden. Eine Sprache ab der ersten Sekunde sprechen? Ja – das geht! Eindrucksvoll demonstrierte sie die „Psychodramaturgie Linguistique (PDL)“-Sprachpsychodramaturgie (das empathische Doppeln, Spiegeln, stummer Dialog, etc.).
Josef Gibala, BEd
konnte als Praktiker und Entwickler einige Neuerungen vorstellen:
- Lernbeschleunigung, Effektivität, Verdichtung und Festlegung;
- Unterricht – Erklärung: Realität, Modell, Simulation; Virtualität, VMIs (Voice Movement Icons7), Bild(er); Visuelle Sprache (Erklärende Hand);
- Scaffolding – Grammatikmanufaktur;
- „Kurs-im-Kurs“-System;
- LLI – Das Lehr- und Lerninstrument.8
Die „Visuelle Sprache“ ist eine Lingua franca für inhomogene Deutschgruppen und kann auch im „Kurs-im-Kurs“-System eingesetzt werden. Eine Unterrichtsdemonstration und eine Ausstellung mit wissenschaftlichem Hintergrund rundeten den Beitrag ab.
Zusammenfassung – Methodensammlung:
Die Abschlussdiskussion ergab: Das Wort „innovativ“ wird im Projekt gestrichen – eine Alternative wird gesucht. Statt Methoden sollte man lieber auf den Begriff „Prinzipien“ ausweichen und dementsprechend Änderungen durchführen.
Das Projekt läuft noch bis 2018. Die „Kurs-im-Kurs“-Methode (integrierte Theaterarbeit im Deutschunterricht) läuft nach wie vor mit Erfolg an unserem Standort. //
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