Das Österreichische Volkshochschularchiv verfügt über den fast vollständig erhaltenen Bestand der Lichtbildervorträge der Wiener Urania. Die rund 60.000 handkolorierten Glasbilder konnten noch rechtzeitig, bevor die Urania durch zwei Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde, in die Volkshochschule Ottakring verbracht werden. Sie stellen heute ein wichtiges zeitgeschichtliches Dokument dar, in dem sie die „Welt von gestern“ in einem farbigen Licht erscheinen lassen. Die ältesten Bilder stammen aus den 1880er Jahren. Bereits 1911 verfügte die Urania über einen Bestand von 500 sogenannte Repertoirevorträge mit Glasbildern, der zusammen mit vielen Einzelvorträgen in der Ersten Republik auf 940 Vorträge anwuchs.
Nun ist eine Auswahl dieser handkolorierten Glasbilder über den APA-PictureDesk zugänglich. Dies ist im Zuge einer langjährigen Kooperation des Archivs mit der Bildagentur Imagno zustandekommen, die jüngst ihr 20-jähriges Bestehen feierte und zu brandstaetter images wurde. Der Verleger und Sammler Christian Brandstätter besitzt mit vier Millionen Fotografien die größte private Fotosammlung Österreichs. Sie dokumentiert die Zeit-, Kultur- und Kunstgeschichte seit dem Beginn der Fotografie vor 180 Jahren. Darüber hinaus werden die Nachlässe bedeutender FotografInnen verwaltet. Der komplette Bestand von brandstaetter images steht über APA-PictureDesk zur Verfügung und somit auch eine Auswahl des Glasbildersammlung des Österreichischen Volkhochschularchivs: „Ende der 19. Jahrhunderts etablierte sich die Projektion von Glasdiapositiven im Rahmen der Volksbildung um neueste Erkenntnisse in Geografie, Naturwissenschaft und Technik anschaulich zu machen oder aus fernen Ländern zu berichten. Die weitgehende Authentizität der Farbgebung bei handkolorierten Diapositiven spielt heute eine wichtige Rolle und zeigt die Farben einer versunkenen Welt.“1
In der Reihe „Die Welt von gestern in Farbe“ im Brandstätter Verlage sind bereits acht Bildbände erschienen: Wien, Niederösterreich, Salzkammergut, Venedig, Mythos Alpen, Bayern, Berlin und Steiermark.2 Einzelne handkolorierte Wien-Bilder sind als großformatige Reproduktionen in der Dauerausstellung des Leopold Museums zu sehen.
Die Lichtbildervorträge wurden mit dem sogenannten Skioptikon durchgeführt. Das Skioptikon ist ein Apparat zur Wandprojektion von Diapositiven, „gewissermaßen der analoge Vorläufer des heutigen Beamers“. 1885 wurde das Skioptikon von dem Wiener Schulreformer Johann Poruba nach einem internationalen Unterrichtskongress nach Wien gebrach (vgl. Stifter 2008).
Besonderes Aufsehen erregte die Urania 1905 durch den Lichtbildvortrag „Durch die Wiener Quartiere des Elends und Verbrechens“, der die Armut in manchen Teilen Wiens zeigte. Diese erschütternde Darstellung erregte sowohl die gesamte Presse als auch den Wiener Gemeinderat, die eine sofortige Einstellung forderten. Trotz der Proteste wurde der Vortrag weitergeführt und bis 1908 insgesamt 300 Mal gezeigt.3 //
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