Wenn wir plötzlich erkennen, dass die Welt anders ist als gedacht oder erhofft, kann sich ein Realitätsschock einstellen. Dies erklärt der Autor Sascha Lobo, ein Berliner Publizist, unterhaltsamer Diskutant im Fernsehen und aktiver Blogger im Internet.
Vor allem auf Grund von Digitalisierung und Globalisierung, urteilt der Influencer, erleben wir eine Welt, in der die Gewissheiten „wegbrechen“. Es scheint, als hätten die Wandlungen in der Welt eine Eigendynamik entwickelt, die sich von den bisher bewährten politischen Mächten nicht beeinflussen und nicht steuern lassen. Gewissheiten müssten auch deshalb aufgegeben werden, meint Lobo, weil wir mit „einer Überdosis Weltgeschehen und Komplexität“ konfrontiert seien.
Der Autor, selbst ein versierter Nutzer und Benutzer des digitalen Netzes, will auch mit seinem Buch die vernetzten Zusammenhänge, die letztlich alle auf eine vor sich gehende Metamorphose der Welt hinauslaufen, deutlich zur Kenntnis bringen. Strukturiert hat er diese Schau – oder Show – in zehn Kapiteln. Wir begegnen dem Klimawandel in Kombination mit Plastikflut und veganer Ernährung, der Migration mit ihren auf digitale Kommunikation bauenden Betroffenen, der Aufgabe und Herausforderung der Integration sowie dem Rechtsruck und der Erschütterung von Demokratien. Die Veränderung Chinas zeigt Lobo auch in den Konsequenzen für unsere Gesellschaft. Am Thema Gesundheit werden Verbindungen zur Körperlichkeit, zur Veränderung in der Arbeitswelt und nicht zuletzt zur Fähigkeit, das Lernen zu lernen hergestellt. Auf seinem Spezialgebiet, den sozialen Medien, schildert der Autor die Bandbreite, aber vor allem die negativen Aspekte, wozu Menschen im Netz fähig sind und welche psycho-soziale Schäden sie anrichten können. Auch die Themen künstliche Intelligenz, die offensichtlich unsere Realität von Arbeit verändert, und Wirtschaft, die sich in eine Emotional Economy wandelt und auf Begeisterung, Ungeduld und Bequemlichkeit baut, finden Aufmerksamkeit.
Im letzten Kapitel, über die Zukunft und die Weisheit der Jugend, erläutert Lobo seine Ansicht und seinen Optimismus, warum ältere Menschen von jüngeren lernen sollten. Er diagnostiziert einen „Realitätsschock der Jugend“ – sie begreift die Gegenwart schneller als die ältere Generation: Junge Menschen erklären ihren Eltern – am Beispiel der Rolle von Klimaschutz oder des Funktionierens des Internets – das neue Weltverständnis.
Die Jugend habe eine höhere Gegenwartskompetenz, ein aktuelles kollektives Erfahrungswissen durch die intensive Vernetzung und verfüge durch vielstimmiges Medientraining über einen professionellen Umgang mit Feedback. Lobo attestiert der Jugend der Welt eine kluge, mutige und nachhaltige Reaktion auf globale Probleme und empfiehlt den Erwachsenen, diese Jugend ernst zu nehmen.
Lobos Buch legt Erwachsenen nahe, nicht zu selbstsicher und zu selbstherrlich über Probleme mit globaler Komplexität zu urteilen. Er fordert die ältere Generation auf die Jugendlichen, um deren künftige Lebenswelt es sich handelt, mehr zu beachten und an Entscheidungen zu beteiligen.
Um den Dialog über die diversen Realitätsschocks zwischen den Generationen zu fördern, können die Lektüre des Buches aber auch kultivierte Diskussionen im Netz wichtige Beiträge leisten. //
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