Barbara Prainsack: Vom Wert des Menschen. Warum wir ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen.

Barbara Prainsack: Vom Wert des Menschen. Warum wir ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen.
Wien: Brandstätter Verlag, 2020, 191 Seiten.

Wie schnell sich der Erwerbsstatus und die davon abhängige Lebenssituation ändern können, hat die Pandemie zu spüren gegeben. Der Wille zu einem sozialen Auffangnetz ist zwar bei allen europäischen politischen Parteien vorhanden. Uneinig sind sie aber, wie es gestaltet sein soll. Grundeinkommen ist auf alle Fälle ein Signalbegriff in dieser aktuellen Diskussion. 

Die Politikwissenschafterin an der Universität Wien, Barbara Prainsack, legt zu dieser Thematik ein erklärendes Buch vor. Es ist aber kein direktes Plädoyer für ein Grundeinkommen. Das Buch will über die komplexe Diskussion informieren. Die Autorin schildert ihre anlassbezogenen Gespräche, die sie auf internationalen Reiserouten führte, bietet sachkundige begriffliche Erklärungen und erhellende theoretische Hintergrundinformation. 

Wie bleibt die Würde von Menschen in unterschiedlichen Lebensbedingungen geschützt? Wie kann verlässliche Solidarität gewährt werden? Solche und ähnliche Fragen leiten die Autorin. Am Beispiel des 2019 zur Einführung eines Grundeinkommens abgehaltenen Volksbegehrens in Österreich äußert sie sich etwas skeptisch. Nur 70.00 gaben ihre Unterschrift – im eklatanten Unterschied zum Volksbegehren „Rauchen“, das rund 900.000 Stimmen erhielt.

Prainsack zeigt die Vorbehalte gegen ein Grundeinkommen auf: „Wird damit eine Kultur der Arbeitslosigkeit eingeführt?“ „Werden Menschen fürs Nichtstun bezahlt?“ „Werden dann die Menschen faul und gegen produktive Arbeit voreingenommen, wenn sie ohnedies vom Staat Geld bekommen?“ Allerdings, argumentiert die Autorin, gibt es bislang keine Studien, die solche Annahmen bestätigen. Bisherige, eher zaghafte Versuche in Finnland und Kanada belegen eher das Gegenteil.

Kenntnisreich werden die unterschiedlichen Formen, in denen Grundeinkommen schon auftritt oder soziale Sicherung angestrebt wird, vorgestellt: Grundrente, Hartz IV (für erwerbsfähige Hilfsbedürftige), Andrew Youngs Vorschlag „Geld für alle“, eine Einkommenssteuergutschrift für wenig Verdienende in den USA oder die Nutzung von Gewinnanteilen aus Öl-Einnahmen in Norwegen zur Sicherung des Staatshaushalts und anderes mehr. 

Außerdem werden der Zusammenhang von Armut und Migration, die Bedeutung von Angeboten zum „Upskilling“, dem Erlernen neuer Fähigkeiten in Aus- und Fortbildung sowie der sich ändernde Stellenwert von Arbeit mit seinen ökonomischen, sozialen und individuellen Aspekten diskutiert.

Insgesamt registriert die Autorin aufgrund bisheriger Erfahrungen Vorteile bei Geldzahlungen gegenüber Sachwerten. Letztere beeinträchtigen die Autonomie und Freiheit der EmpfängerInnen und verhindern langfristige Planungen und Investitionen. Wie Grundeinkommen als ein System von Geldleistungen überhaupt finanziert werden könnte, zeigt die Autorin für Österreich anhand einer konkreten Modell-Rechnung. 

Mit ihrem Buch will die Autorin verdeutlichen, dass ein Grundeinkommen nicht mit der Investition von Geldmengen zu erreichen ist. Ein umfassender Systemwandel, der ökonomische und soziale Veränderungen erfordert, wäre notwendig. Die bisherigen Bemühungen, meint die Autorin, öffnen auf alle Fälle einen Weg, der weiterhin analysiert, erprobt und beschritten werden sollte. Denn er betrifft die psychische und physische Gesundheit vieler Menschen. Die Vorteile eines Grundeinkommens aus Sicht der Autorin sind: Es entlastet viele Menschen in erschwerten Lebensbedingungen und gibt Gelegenheit, innezuhalten und nachzudenken, was sie tatsächlich wollen. Die Chance auf einen Systemwandel steht dann offen.

Wird ein Grundeinkommen eingeführt, erhofft sich Barbara Prainsack, dass mehr Menschen die damit verbundenen Möglichkeiten wahrnehmen, alternative Denkweisen zu erproben, umzudenken, innezuhalten und zu reflektieren. Das Buch empfiehlt sich für Leserinnen und Leser, die sich solchen Intentionen, generell im Bildungswesen und besonders in der Erwachsenenbildung, verpflichtet wissen. //

Lenz, Werner (2021): Barbara Prainsack: Vom Wert des Menschen. Warum wir ein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Frühjahr/Sommer 2021, Heft 273/72. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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