Die Online-Veranstaltung „E-Learning@media“ beschäftigte sich mit Trends und Entwicklungen im Bereich E-Learning – und natürlich stand das Thema KI im Bildungsbereich, wie derzeit überall, im Mittelpunkt. Es ist eine spannende Entwicklungszeit, denn die fortschreitende Integration von Künstlicher Intelligenz macht vor allem deutlich, an welchem Scheideweg sich der E-Learning-Markt und die Fort- und Weiterbildungsanbieter gegenwärtig befinden. Die Mengen an Bildungsinhalten, die durch KI-Tools entstehen werden, werden es notwendig machen, dass Learning-Professionals durch Weiterbildung für dieses neue Umfeld fit gemacht werden, damit sie in der Lage sind, die Qualität der Bildungsmaterialien zu prüfen. KI ist nicht gleich KI, wenn man vor allem zwischen starker und schwacher KI unterscheidet, somit ist eine Qualitätskluft der Lernmaterialien vorprogrammiert. Öffentliche wie wissenschaftliche Bibliotheken, die sich als Bildungseinrichtung positionieren und die Bildungslandschaft aktiv mitgestalten möchten, müssen sich mit der Thematik auseinandersetzen und sowohl den dynamischen KI-Sektor verfolgen wie auch die Möglichkeiten der Weiterqualifikation. Im Folgenden Informationen, Eindrücke und eine erste Bewertung aus meiner Sicht.
Abb. 1: Erstellung eines Avatars mit Volumetric-Capturing
Session „Vom E-Learning zum Smart Learning: Wie die transformative Kraft von XR und AI das Corporate Learning revolutioniert“
Der Vortrag von Dr. Sirkka Freigang, Global Head of Smart Learning bei der roomAG befasste sich mit den Potenzialen von Augmented Reality (X) und KI im Kontext des Corporate Learning. Dabei ging es um VR- und AR-Lösungen zur Ergänzung der physischen Realität in Verbindung mit mobilen Endgeräten zur Förderung des aktiven Lernens. Vorgestellt wurden praktische Beispiele wie das 3D-Hausskelett „Herbert“, das mit 3D-Volume-Capturing erstellt wurde, einer Technologie, mit der dreidimensionale Modelle von physischen Objekten oder Personen erstellt werden können. Im Gegensatz zu herkömmlichen 3D-Scanningmethoden, die auf Oberflächeninformationen basieren, erfasst diese Technologie die räumliche Tiefe und das Volumen des Objekts. Im Bildungsbereich kann die 3D-Volumenerfassung beispielsweise zur Erstellung realistischer dreidimensionaler Modelle für Lernzwecke eingesetzt werden. KI-Tools wie Heygen (zur Erstellung von KI-Avataren) und Elevenlabs (zur Sprachgenerierung) erleichtern die Produktion, da z.B. keine Aufnahmestudios mehr benötigt werden. Letztendlich geht es darum, „Magic Moments of Learning“ zu schaffen, wie Frau Freigang in ihrem Vortrag betonte. Die Idee lässt sich auch auf die Bibliotheken übertragen, sei es, um virtuelle Bibliotheksführungen zu machen, um Lerninhalte für die Medienbildung und Informationskompetenz zu erweitern oder um eine virtuelle Beratung (Chatbots) anzubieten.
Abb. 2: Möglichkeit der Zielgruppenbeschreibung mit generativer KI
Abb 3: Dita-Architektur am Beispiel einer Lerneinheit zum Planetensystem
Session: „Kollegin KI – wie kollaborieren wir mit ‚Generativer AI‘?“
Der Vortrag von Dr. Daniel Stoller-Schai, Geschäftsführer der Collaboration Design GmbH, widmete sich dem Einsatz von KI zur Optimierung von Lernkontexten. Dabei standen vier Aspekte im Vordergrund: die präzise Definition von Lernzielen und Zielgruppen, die maßgeschneiderte Erstellung von Lernbeschreibungen und die Förderung von Kollaboration und Automatisierung an der Schnittstelle zwischen Mensch und KI. Die Wertschöpfung in diesem Kontext basiert auf der präzisen Formulierung der „Prompts“. Die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Werkzeuge ermögliche die Erstellung differenzierter Lerninhalte und erleichtere die präzise Formulierung von Lernkonzepten, so Stoller-Schai. Der Prozess beginnt mit einer gründlichen Zielgruppenanalyse, führt über die Definition einer geeigneten Lernzieltaxonomie und endet mit der Erstellung von Lerninhalten. Die Integration von KI in Bibliotheken eröffnet Möglichkeiten, die Effizienz bei der Erstellung von (Lern-)Konzepten deutlich zu steigern. Durch die präzise Ausarbeitung von Lernzielen und die individuelle Erstellung von Inhalten können die Bibliotheken beispielsweise ihre Ressourcen effektiver nutzen und den Nutzerinnen und Nutzern qualitativ hochwertige Konzepte anbieten.
Session: „Hands-on: Wie Sie interaktive Übungen mit DITA Learning & Training erstellen und publizieren“
Andreas Hubmer, als Principal Consultant für EBCONT in Deutschland verantwortlich, behandelte in seinem Vortrag Themen rund um die Erstellung und Veröffentlichung von E-Learning-Inhalten unter Verwendung des Dokumentenformates DITA (Darwin Information Typing Architecture). Besonderes Augenmerk legte er auf die effiziente Verwaltung von Metadaten, um eine klare Strukturierung und dynamische Pfadsteuerung zu ermöglichen. Die Integration von XML und Metadaten eröffnet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten nicht nur im E-Learning, sondern auch in den Publikationsformen. Durch die Möglichkeit der individuellen Anpassung dynamischer Pfade würden u. a. personalisierte Lernerfahrungen für die Nutzerinnen und Nutzer entstehen, so Hubmer. Das Metadatenmanagement gewährleiste die Bereitstellung von Inhalten, die nicht nur qualitativ hochwertig sind, sondern auch leicht aktualisiert und wiederverwendet werden könnten. Dies trage wesentlich zur Steigerung der Effizienz und Effektivität von Lerninhalten bei. Der Vortrag zeigte anschaulich, wie der gezielte Einsatz von XML und Metadaten innovative Gestaltungsmöglichkeiten und die Bereitstellung interaktiver Lerninhalte in unterschiedlichen Kontexten ermöglichen kann.
Abb. 4: Systemaufbau des Microlearning-Kurses mit Micromate.ai
Session: „Micromate – Betriebliches Lernen mit einem digitalen Lernassistenten“
Den letzten Vortrag hielt Stefan Schöb, Mitgründer der Firma Micromate.ai, da der vorgesehene Vortrag des Praxisexperten von Jan Hause ausfiel. Micromate.ai bietet fünfminütige Microlearning-Einheiten an, die über mobile Endgeräte abgerufen werden können. Die Einheiten enthalten Multiple-Choice-Fragen und Freitexte und sollen eine flexible und effiziente Wissensvermittlung ermöglichen. Eine Besonderheit ist die Integration von Feedbackschleifen durch einen eigenen Chatbot. Im Gegensatz zu Modellen wie ChatGPT wird der Micromate-Chatbot mit spezifischen Lerndaten gefüttert. Die Plattform erlaubt die individuelle Anpassung von Lernpaketen und Lernwegen, wobei ein auf die Lerninhalte abgestimmter Chatbot die Interaktion optimiert. Die schnelle Integration von Lerndaten ermögliche die effiziente Einbindung umfangreicher Fachbücher in kurzer Zeit, erklärte Schöb. Die innovativen Ansätze von Micromate.ai im Bereich Microlearning und individueller Wissensvermittlung könnten auch für Bibliotheken interessant sein. Durch die gezielte Einbindung kleiner Lerneinheiten und den effizienten Einsatz von Chatbots könnte die Wissensvermittlung in Bibliotheken optimiert werden. Bibliotheken könnten so maßgeschneiderte Lernmöglichkeiten anbieten. Die Konferenzvorträge machten erneut deutlich, wie wichtig es ist, die aktuellen Entwicklungen auf dem Bildungsmarkt aufmerksam zu verfolgen. Künstliche Intelligenz sollte als Bereicherung der Lernmaterialien und als Werkzeug gesehen werden. Es wurde aber auch deutlich, dass trotz der vielversprechenden Möglichkeiten eine gründliche Risikoabschätzung notwendig ist. Besonderes Augenmerk sollte auf die Balance zwischen finanzieller Zugänglichkeit und Qualität der Lernmaterialien gelegt werden. Mit der zunehmenden Nutzung von KI-Tools für die Produktion von Lerninhalten wird die Einhaltung von Qualitätsstandards unerlässlich. Die Qualität der generierten Inhalte, die finanzielle Zugänglichkeit, die effektive Integration von Technologien und die kontinuierliche Weiterbildung sind entscheidende Elemente für nachhaltige und qualitativ hochwertige Lerninhalte durch KI – eine Perspektive, die auch für Bibliotheken relevant ist. //
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