1. Aufbau
Mit der wba – als einer „virtuellen“ Akademie – wurde in Österreich konzeptionelles, pädagogisches sowie bildungspolitisches Neuland betreten (Heilinger: 2012, S. 73). Sie wurde im Rahmen eines Projekts des Europäischen Sozialfonds (ESF) 2004 bis 2007 als partizipativer Prozess unter Federführung des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) und unter der Beteiligung der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich (KEBÖ), der bundesweiten Dachorganisation der geförderten EB/WB-Verbände, des Bundesinstitutes für Erwachsenenbildung (bifeb), Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen inhaltlich und strukturell entwickelt. Nach Abschluss des Projektes wurde die wba als Kernstück des Kooperativen Systems der österreichischen Erwachsenenbildung implementiert. Das Kooperative System ist eine bundesstaatlich geförderte, aus KEBÖ und bifeb bestehende Gemeinschaftsinitiative mit dem Ziel der Professionalisierung und Qualitätsentwicklung der EB/WB. Die Einbeziehung zentraler Akteure der EB/WB – sowohl in die Entwicklung als auch in die institutionelle Umsetzung der wba – ist das tragende Element der Akzeptanz und des Erfolgs dieses Modells (Heilinger: 2012, S. 73; Brünner et al.: 2012).
2007 wurde die wba offiziell eröffnet. Sie richtet sich ausschließlich an schon in der Praxis der EB/WB tätige Personen und vergibt einen zweistufigen Abschluss zu jeweils 60 ECTS: Das Zertifikat, das eine breite Basisqualifizierung in der EB/WB bescheinigt und darauf aufbauend ein fachlich differenziertes Diplom, das in den vier Schwerpunkten 1) Lehren/Gruppenleitung/Training, 2) Bildungsmanagement, 3) Beratung und 4) Bibliothekswesen und Informationsmanagement absolviert werden kann. Es zielt damit auf ein breites Professionsspektrum ab und geht weit über die – häufig ausschließlich auf die Lehrenden gerichtete – Professionalisierung hinaus (vgl. Reisinger & Steiner: 2014). Grundlage der wba bilden wba-Qualifikationsprofile (früher „Curricula“), die Kompetenzen beschreiben, die aus den beruflichen Anforderungen in der EB/WB abgeleitet wurden. Bei den Kompetenzen werden auch Inhalte vorgegeben und benannt, was die Kandidatinnen und Kandidaten wissen, können und wozu sie fähig sein müssen. Außerdem werden bei jedem Modul die möglichen Nachweisformen angegeben. Die wba-Qualifikationsprofile gliedern sich in Pflicht- und Wahlmodule – die Lernergebnisse werden mit ECTS Punkten (European Credit Transfer and Accumulation System) hinterlegt. Die folgende Abbildung zeigt das Modell im Überblick.
Abb. 1
Wba: Der Ablauf im Überblick2
Mit der wba wurde versucht, eine Klammer erwachsenenpädagogischer Professionalität zu definieren und dem Berufsfeld anzubieten, die genug Raum für die weitreichenden Differenzierungen in der Praxis und den Institutionen der EB/WB einräumt. Trotzdem soll ein gewisses Maß an einheitlichen Kompetenzen – an sogenannten „Kernkompetenzen“ – des Weiterbildungspersonals quer über die Anbieter- und Trägerlandschaft festgelegt, gestärkt und auch beispielhaft verbreitet werden. Es werden dabei Synergien mit dem 2012 eingeführten Qualitätsrahmen für die Österreichische Erwachsenenbildung (Ö-Cert) angestrebt, der im Gegensatz zur wba die Qualität der Anbieter in den Blick nimmt und nicht die Personen selbst (Gruber & Schlögl: 2011). Im Rahmen der dort festgelegten, von den ansuchenden Einrichtungen zu erfüllenden organisationsbezogenen Grundvoraussetzungen wird der Nachweis einer pädagogisch geschulten Person, die maßgeblich im pädagogischen Bereich tätig ist, gefordert. Neben diversen pädagogischen Studien- und Weiterbildungsabschlüssen gelten das wba-Zertifikat oder ein wba-Diplom als wichtige – im Gegensatz zum Schweizer EduQua-Zertifikat jedoch nicht verbindlich notwendige – Nachweise zur Erfüllung dieser Vorgabe.
Darüber hinaus ist es 2011 gelungen, über die Entwicklung und Implementierung eines weiterbildenden Studienangebots in Form des Universitätslehrganges Erwachsenenbildung/Weiterbildung (ULG), eine Möglichkeit der Anbindung an den Tertiärsektor des Bildungswesens zu schaffen. Der berufsbegleitende ULG, der sich – ebenso wie die wba – ausschließlich an Personen mit Berufserfahrung in der EB/WB richtet, findet in Kooperation von Universität Graz und bifeb statt. Das Studium erstreckt sich über fünf Semester und besteht aus sechs Modulen mit insgesamt 90 ECTS-Punkten.
2. Ablauf
Nach Anmeldung bei der wba folgt die Standortbestimmung. Hier befüllen die Kandidatinnen und Kandidaten das Online-Portfolio mit ihren Kompetenznachweisen. Alle Anforderungen finden Interessierte schnell und unbürokratisch im Internet (www.wba.or.at). Anschließend bewerten die Mitarbeiterinnen der wba die eingebrachten Nachweise und geben eine Rückmeldung, ob alle im wba-Qualifikationsprofil geforderten Kompetenzen erfüllt werden oder ob noch Inhalte ergänzt werden müssen. Generell gilt der Vertrauensgrundsatz. Die fehlenden Kompetenzen können entweder über Kurse (bei den unterschiedlichsten Anbietern von EB/WB, die im Unterschied zum SVEB-Zertifikat nicht zwingend durch die wba akkreditiert sein müssen) oder andere Kompetenznachweise erbracht werden.
Sind alle im wba-Qualifikationsprofil angeführten Kompetenzen nachgewiesen, muss als Abschluss die Zertifizierungswerkstatt (ZWS) absolviert werden. Die ZWS ist ein dreitägiges Assessment (inklusive eines Multiple-Choice-Tests), in dem die Kandidatinnen und Kandidaten ihre erwachsenenpädagogischen Kompetenzen im Rahmen eines Prüfungsmodus nachweisen müssen. Die ZWS muss von allen absolviert werden; hier ist keine Äquivalenz möglich. Nach Abschluss des wba-Zertifikats besteht – wie bereits ausgeführt – die Möglichkeit, ein wba-Diplom in einem oder mehreren der vier oben schon genannten Schwerpunkte zu erlangen. Für den Abschluss des wba-Diploms muss eine Praxis- oder Projektarbeit verfasst und im Rahmen eines Abschlusskolloquiums präsentiert werden.
Die letztlich entscheidende anerkennende Instanz ist der unabhängige, fünfköpfige Akkreditierungsrat. Seine Aufgabe ist es, die vorgelegten Bewerbungen zu prüfen und einen Beschluss über die Vergabe bzw. Nichtvergabe der Abschlüsse (Zertifikat, Diplome) herbeizuführen. Die Beschlüsse basieren auf einem mehrstufigen Prozess von Prüfung, Diskussion, Beschlussfassung und Zertifizierung. Die Geschäftsstelle der wba leistet dabei einen unabdingbaren Support, indem sie die eingereichten Unterlagen der Standortbestimmungen auf ihre Vollständigkeit, Gültigkeit und Relevanz überprüft, Auflagen – gegebenenfalls auch Anregungen – für noch nachzuweisende Kompetenzen ausspricht und diese wiederum auf ihre Erfüllung überprüft, Beratung anbietet und das Ergebnis der Beschlussfassung dokumentiert und kommuniziert. Eine Lenkungsgruppe, bestehend aus Vertretern der KEBÖ, dem bifeb und der wba, trägt die pädagogische Verantwortung und ist für die Steuerung und strategische Ausrichtung sowie für das Marketing zuständig.
In der bisherigen Arbeit des Akkreditierungsrates haben sich die der wba zugrunde liegenden Kompetenzprofile als ein brauchbares und valides Instrument zur Beurteilung von Einreichungen erwiesen. Allerdings war es notwendig, manche der in den Kompetenzprofilen ausgewiesenen Anforderungen in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und ihrem definitorischen Gehalt zu schärfen. Gleiches gilt für die Vielzahl an unterschiedlichen Nachweisen. Als Resultat liegt mittlerweile ein umfangreicher Katalog von Kriterien, Standards und Nachweisen zu den einzelnen Anforderungen vor, die teilweise auf der Homepage der wba einsehbar sind. Damit gelingt es in einem hohen Maß, Ab- und Eingrenzungen bzw. Präzisierungen im Detail vorzunehmen.
3 Ergebnisse von Evaluationen
Als Modellprojekt wurde die wba seit ihrer Implementierung evaluatorisch begleitet (u. a. Huss: 2009; Brünner: 2011; Brünner & Gruber: 2013; Brünner & Gruber: 2014). Als Hauptergebnis des mehrstufigen Verfahrens konnte aufgezeigt werden, dass die wba von Beginn an durch das Weiterbildungspersonal sehr gut angenommen und sich als Anerkennungs- und Zertifizierungsmodell für erwachsenenpädagogische Kompetenzen bewährt hat. Mit Stand vom 18. Jänner 2018 haben sich 2.387 Personen zur Standortbestimmung angemeldet, davon haben 1.835 Personen ihr Offline-Portfolio für die Standortbestimmung eingereicht; 1.130 Personen verfügen mittlerweile über ein wba-Zertifikat und 235 über ein wba-Diplom, wobei Bildungsmanagement sowie Gruppenleitung/Lehre/Training die häufigsten Abschlüsse auf Diplom-Niveau bilden.
Folgendes zugespitzte Bild des Idealtypus wurde aus dem Datenmaterial der quantitativen Untersuchung im Rahmen der Evaluation rekonstruiert (Brünner & Gruber: 2014, S. 56–57):
Der/Die ideal-typische TeilnehmerIn der wba
- ist weiblich und zwischen 41 und 50 Jahre alt;
- hat den Hauptwohnsitz in Wien und bringt die österreichische Staatsbürgerschaft mit;
- bringt einen Hochschulabschluss mit;
- ist hauptberuflich im Bereich der EB/WB tätig und hat ein Anstellungsverhältnis;
- braucht im Durchschnitt zwischen zwei und vier Jahre für den wba-Abschluss;
- bezahlt die Kosten im Rahmen des Anerkennungsverfahrens zu einem Großteil selbst, erhält aber teilweise auch finanzielle Unterstützung vom Dienstgeber;
- absolviert die wba, weil der Abschluss als wichtig für die berufliche Zukunft erachtet wird;
- absolviert die wba nicht nur, um die erworbenen Kompetenzen besser belegen zu können, sondern um sich auch persönlich (weiter) zu entwickeln;
- bringt bereits genügend Kompetenzen und Qualifikationen zur Anerkennung mit (womit sich die wba wesentlich vom Schweizer Modell unterscheidet, wo häufiger der Weg der regulären Qualifizierung über akkreditierte Angebote gewählt wird);
- erkennt durch die wba eine Professionalisierung und Qualitätssicherung im Bereich der EB/WB – nimmt den wba-Abschluss allerdings (noch) nicht als eine Notwendigkeit im beruflichen Alltag wahr.
- steigt in der Regel nicht aus dem wba-Prozess aus, sondern legt diesen still, wenn der berufliche Nutzen (bspw. Brauchbarkeit) oder die finanziellen Mittel fehlen. //
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