Waren vor der COVID-19-Pandemie 2018 noch 67 Prozent der ÖsterreicherInnen mit der Demokratie zufrieden, ist dieser Wert im Dezember 2021 auf 40 Prozent gesunken. Gleichzeitig, so die aktuelle „Europäische Wertestudie (EVS)“,1 ist auch das Vertrauen in die demokratischen Institutionen gesunken, die Bereitschaft zur politischen Partizipation in Form von Unterschriftensammlungen, Demonstrationen etc. ist jedoch gestiegen. Während es unveränderten 95 Prozent wichtig ist, in einer Demokratie zu leben, glauben nur noch 65 Prozent der Bevölkerung, dass Österreich demokratisch regiert wird. 2018 waren es noch 84 Prozent.
„Demokratie: Zukunfts- oder Auslaufmodell?“, hieß der Vortrag des Autors Anfang Oktober 2022 in der Volkshochschule Urania Hollabrunn. Untertitel: „Wie ist es in Zeiten des Ukraine-Krieges, des Klima-Wandels und der Corona-Pandemie um unsere Demokratie bestellt?“ Während die altehrwürdige Volkshochschule der Bildungsstadt im November 2022 ihren 70. Geburtstag feiert, wird gleichzeitig der Grundstein für den geplanten Schwerpunkt „Politische Erwachsenenbildung“ gelegt.
Nach der Detailausarbeitung des Projektes im Herbst und Winter 2022/23 steht voraussichtlich ab April 2023 der Besuch des Lehrganges „Politische Erwachsenenbildung“ der Österreichischen Gesellschaft für politische Bildung (ÖGPB)2 auf dem Programm. Es handelt sich dabei um das erste derartige Angebot in Österreich. Wenn alles gut geht, wird Hollabrunn bald seinen ersten zertifizierten „Politischen Erwachsenenbildner“ haben.
Im Wintersemester 2023/24 bzw. Sommersemester 2024 sind die ersten Lehrveranstaltungen in Form von Vorträgen, Workshops, Diskussionen, Werkstätten und Trainings geplant. Sie sollen sowohl im Präsenz-, als auch im Onlinemodus abgehalten werden. Hauptzielgruppe ist nicht nur der „einfache Mann“/die „einfache Frau von der Straße“, sondern – ganz im Sinne der Inklusion – Migrant*innen bzw. alle am politischen Geschehen interessierten Bürger*innen.
„Ich glaube, dass Bildung unter unseren Verhältnissen deshalb eine existenzielle Notwendigkeit hat, weil Demokratie die einzige Staatsform ist, die gelernt werden muss“, dieser vom Soziologen und „politischen Bildner“ 2004 geprägte Satz (Negt: 2004, S. 197) ist für die Volkshochschule Hollabrunn an ihrem 70. Geburtstag Motivation und Auftrag, ein umfangreiches Projekt zum Themenbereich „Politische Erwachsenenbildung“ in Angriff zu nehmen.
Durch die derzeitige Kumulation schwerer, komplexer Krisen besteht die Gefahr einer politischen Orientierungslosigkeit, die schlussendlich zu einer Erosion bzw. zu einem Zurückdrängen der Demokratien führen könnte. Im Sinne des lebenslangen Lernens sind Erwachsenbildungseinrichtungen wie die Volkshochschulen besonders gefordert, mit modernen didaktischen Methoden demokratische Grundwerte zu vermitteln und zu diskutieren. Die Demokratie- und Konfliktforscherin Daniela Ingruber bringt es auf den Punkt. „Demokratie muss man jeden Tag neu erkämpfen, ausprobieren und lernen.“3 //
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