Guten Morgen, Zukunft!
Themenschwerpunkt des Erwachsenenbildungsforums Oberösterreich 2023–2025

Ausgangssituation

Am 25. September 2015 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) die Resolution zur Agenda 2030 als „Aktionsplan für Menschen, Planeten und Wohlstand“. Damit sollte eine „Transformation unserer Welt“ angestoßen werden. Alle UN-Mitgliedstaaten verpflichteten sich zu den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), die weltweit für alle Länder gleichermaßen gelten – ein wichtiger Schritt nach vorn. 

Anhaltende Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, zunehmende Konflikte, geopolitische Spannungen und die sich verschärfende Klimasituation schränken die zeitgerechte Erreichung der Ziele ein. Bei rund 50 Prozent der Ziele sind die Fortschritte schwach bis unzureichend; bei 30 Prozent stocken sie oder es sind sogar Rückschritte erkennbar. Besonders erschreckend ist, dass dies auch Schlüsselziele zu Armut, Hunger und Klima betrifft.¹

Wo steht Österreich?

In Österreich gibt es bei der Zielerreichung gute Ergebnisse für die Bereiche der Sicherung der Grundbedürfnisse, sauberes Wasser, Frieden und Partnerschaften und ein insgesamt recht hohes Wohlstandsniveau. Rückschritte gibt es jedoch bei rund 15% der Ziele unter anderem im Bereich Umwelt zu verzeichnen: So gibt es Nachholbedarf im Bereich Flächenverbrauch und Biodiversität. Aber auch bei den sozialen Nachhaltigkeitszielen zeigt sich ein negativer Trend. Die Armutsgefährdung steigt und die Zahl der NEETs, das sind junge Erwachsene, die weder in Aus- und Weiterbildung noch erwerbstätig sind, nimmt zu.²

Die unterschiedlichen Berichte zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zeigen, dass beim aktuellen Tempo die Ziele bis 2030 nicht erreicht werden können. Die Ziele müssten tatsächlich handlungsleitend werden. Hier sind nicht nur die Bürger*innen gefragt, sondern auch die Politik, die Zivilgesellschaft sowie die Bildungsinstitutionen. 

Beitrag der Erwachsenenbildung in Oberösterreich:

Das Erwachsenenbildungsforum Oberösterreich hat sich 2023 entschieden, den Themenschwerpunkt für die Jahre 2023–2025 den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen zu widmen und somit einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und zur Umsetzung dieser Ziele zu leisten. Der Titel des Themenschwerpunktes lautet „Guten Morgen, Zukunft! Gutes Leben gemeinsam gestalten! JETZT!“ 

Im Zentrum steht die Frage: „Wie ein gelingendes Leben in Zukunft aussehen kann?“ Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die UNESCO-Initiative „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) dienen dabei als inhaltliche und methodische Grundpfeiler. 

Folgende Zielvorgaben wurden für den Themenschwerpunkt „Guten Morgen, Zukunft!“ festgelegt: 

• ein Bewusstsein für die 17 Nachhaltigkeitsziele schaffen
• ein Verständnis für globale Zusammenhänge vermitteln 
• nicht nur Wissen vermitteln, sondern handlungsorientiertes politisches Lernen fördern
• Verantwortungsbewusstsein für die Auswirkungen des eigenen Handelns entwickeln und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen helfen
• Mut und Zuversicht für zukunftsfähiges Denken und Handeln entfalten

Für den Themenschwerpunkt des EB Forums OÖ wurden die 17 Nachhaltigkeitsziele in vier inhaltlichen Bereichen als wesentliche Leitthemen zusammengefasst: 

Inhalte: 

• Gerechtigkeit/Solidarität: Alle Menschen auf der Welt haben ein Recht auf ein Leben in Würde und Frieden, auf ausreichende Ernährung, Arbeit und Bildung.
• Klima/Ökologie: Zukünftige Generationen sollen eine Umwelt vorfinden, die ein gutes Leben ermöglicht. 
• Lebensstil/Arbeit/Wirtschaft: Wissensvermittlung und Kompetenzaufbau hinsichtlich nachhaltiger Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensweise als Beitrag zu einem gelingenden Leben.
• Soziales/Kooperation: Das Tun einzelner ist wichtig, aber nur gemeinsam werden wir etwas schaffen! Niemand darf zurückgelassen werden!

Methodischer Ansatz:

Menschen brauchen neue Perspektiven, um die komplexe und sich rasch verändernde Welt, in der sie leben, zu verstehen und an ihr teilhaben zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein neuer Bildungsansatz erforderlich. Dem Themenschwerpunkt dient als Grundlage der Ansatz der Bildung für nachhaltige Entwicklung, welcher versucht, Menschen mit Gestaltungskompetenzen auszustatten. Gestaltungskompetenz ist die Fähigkeit, Wissen über nachhaltige Entwicklung anzuwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung zu erkennen. Sie fördert vorausschauendes Denken, interdisziplinäres Wissen, selbstständiges Handeln und die Teilnahme an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen, um Lernende zu befähigen, die Zukunft aktiv mitzugestalten.³

Im Rahmen des Themenschwerpunktes wurden die Bildungseinrichtungen aufgefordert, Angebote zu entwickeln, die einen praktischen Nutzen aufweisen und Inhalte behandeln, die unmittelbar an den Lebensbedürfnissen der Menschen anschließen. Formate sollten verwendet werden, die gleichzeitig Gemeinschaften stärken und ein solidarisches Tun anstoßen.

Umsetzung:

Das Thema des Themenschwerpunktes wurde vom Vorstand des EB Forum OÖ im Dezember 2022 verabschiedet. Es wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertreter*innen der Mitgliedseinrichtungen einberufen und unter der Leitung von Iris Ratzenböck-Höllerl (Volkshochschule Linz) wurde gemeinsam ein inhaltlicher und methodischer Rahmen für den Themenschwerpunkt erarbeitet, der als Grundlage für die Programmplanung Verwendung findet. Zusätzlich wurde vereinbart, ein Angebot zur Qualifizierung der Erwachsenenbildner*innen zum Themenschwerpunkt zu planen. Auch auf Organisationsebene sollte eine Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit angeregt werden. 

Dieser inhaltliche, methodische und organisatorische Rahmen wurde in der Generalversammlung des EB Forum OÖ im März 2023 einstimmig beschlossen und somit konnte die Umsetzung starten. 

In beiden Veranstaltungsjahren wurden umfassende Angebotskataloge entwickelt, an denen sich alle Mitgliedseinrichtungen mit jährlich über 150 Angeboten beteiligten. Von ganz praktischen Angeboten wie z. B. „Do-it-yourself Abenden“ (um aus alten Dingen schönes Neues zu machen, Sachen zu reparieren statt diese wegzuwerfen), der Anleitung zum Selbstversorgergarten bis hin zu Gesprächen und Spezialführungen rund um Artenvielfalt, Biodiversität und Klimawandelanpassungen können in der Broschüre auch noch vielerlei spannende Vorträge von Expert*innen zu Zero Waste im Alltag oder wie man zum „Esserwisser“ wird, gefunden werden. Aber es werden auch Diskussionen zu Themen wie gerechte Verteilungspolitik, sozial-ökologischer Umbau der Wirtschaft, Green Jobs und Nachhaltigkeitsmanagement angeboten. 

Die Bewerbung der Veranstaltungen erfolgt jedes Jahr mittels einer gedruckten Broschüre. Diese wird auch als PDF auf der Website des EB Forum OÖ als Download zur Verfügung gestellt.⁴ Die Veranstaltungen werden auch auf Social Media beworben. Das EB Forum OÖ und das Land OÖ unterstützen die Angebote der EB-Einrichtungen im Rahmen des Themenschwerpunktes mit einem finanziellen Förderbeitrag.  

Beim Tag der Weiterbildung des EB Forum OÖ 2023 zum Thema „Bildung im Wandel“ wurden Vorträge und Workshops für die Erwachsenenbildner*innen organisiert. Der renommierte Klimaforscher Dr. Georg Kaser klärte in seinem Vortrag auf, wie hoch die Dringlichkeit ist, Maßnahmen zu setzen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und somit die Klimaziele von Paris, nämlich bis 2050 klimaneutral zu werden, zu erreichen.

V. l. n. r.: Iris Ratzenböck-Höllerl, Univ.-Prof. Georg Kaiser, LH-Stv.ⁱⁿ Christine Haberlander und Manuela Jachs-Wagner, Vorsitzende des EB-Forums.
Fotoquelle: Land / Gruber

Der zweite Vortrag des Universitätsprofessors für Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung Thomas Brudermann beinhaltete Vorschläge, wie jede*jeder Einzelne einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten kann und welche Verhaltensmaßnahmen den höchsten Wirkungsgrad für das Klima, aber auch den höchsten Schwierigkeitsgrad bei Umsetzung durch Einzelpersonen haben. Weiters präsentierte er aus seinem Buch „Die Kunst der Ausrede“ die unterschiedlichen Ausredetypen, denn wir alle haben rasch Ausreden parat, warum wir keinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten können. In den anschließenden Workshops arbeiteten die Erwachsenenbildner*innen sowie die Vortragenden zu den Themen Klimakommunikation und Nachhaltigkeitsbildung vertiefend weiter. 

2024 startete das EB Forum OÖ gemeinsam mit dem Land OÖ einen Strategieprozess, wo es unter anderem darum geht, die Erwachsenenbildung im Sinne der Nachhaltigkeit bis 2030 zukunftsfit zu gestalten. 

Resümee

Die Themenschwerpunkte des EB Forum OÖ sind auf mehreren Ebenen ein erfolgreiches Unterfangen:

1. Der Themenschwerpunkt des EB Forums OÖ ist ein bisher einzigartiges Kooperationsprojekt in ganz Österreich. Dem EB Forum OÖ, als freiwilligem Zusammenschluss der öffentlichen Erwachsenenbildungseinrichtungen und Bibliotheken, ist es gelungen, seit 2012 Jahresthemenschwerpunkte zu gesellschaftspolitisch wichtigen Themen zu setzen wie z. B. „Humanität entwickeln“, „Gemma Demokratie“, „Was hält uns gesund?“, „Zusammenleben gestalten“, an dem sich alle Mitgliedseinrichtungen des EB Forum OÖ seither regelmäßig beteiligen. Der Konkurrenzgedanke wird bei diesem Vorhaben hintangestellt und für alle Beteiligten steht die „gemeinsame Sache“ im Vordergrund.  
2. Die Erwachsenenbildung OÖ macht mit diesem Projekt die Bedeutung und Wichtigkeit der Allgemeinbildung sichtbar. Die Grundwerte der Erwachsenenbildung wie das Eintreten für Demokratie, Offenheit gegenüber Mitmenschen und anderen Kulturen, Solidarität und soziale Gerechtigkeit finden sich in den Nachhaltigkeitszielen wieder und sind seit jeher wichtige Bildungsprinzipien in den Erwachsenenbildungsinstitutionen. 
3. Das Ziel, mit dem Themenschwerpunkt die Aufmerksamkeit auf ein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema zu lenken und Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung voranzutreiben, wurde erreicht: Rund 7.000 Erwachsene haben im ersten Veranstaltungsjahr von „Guten Morgen, Zukunft!“ an den Angeboten des Themenschwerpunktes des Erwachsenenbildungsforum OÖ teilgenommen. 
4. Die Themenschwerpunkte sind eine Möglichkeit, die Erwachsenenbildung in OÖ voranzubringen. Einerseits ist es eine Öffentlichkeitsmaßnahme, um die Allgemeinbildung in OÖ sichtbarer zu machen und ihre Bedeutung zu stärken, andererseits ist es auch eine Möglichkeit, die Qualitätsentwicklung voranzutreiben, indem die Erwachsenenbildungseinrichtungen gemeinsam an ihrer inhaltlichen Ausrichtung sowie an pädagogischen Standards und Formaten weiterarbeiten. 
5. Die Zusammenarbeit im Rahmen des Themenschwerpunktes ermöglicht eine gute Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Akteur*innen in den Erwachsenenbildungseinrichtungen, aber auch mit anderen Organisationen bzw. Vereinen. Auch nach Abschluss der Themenschwerpunkte bleiben die Netzwerke aufrecht und Kooperationen werden weitergeführt. Damit bleiben die Schwerpunktthemen nachhaltig in den Programmen der Erwachsenenbildungseinrichtungen erhalten. //