53. Fernsehpreise der Erwachsenenbildung überreicht

Fernsehpreis_EB_Begruessung-Wolfgang-Katzian_w

Begrüßung zur Überreichung der 53. Fernsehpreise der Erwachsenenbildung durch Wolfgang Katzian, Kurator des Berufsförderungsinstituts.
Foto: ORF

Die Fernsehpreise der Erwachsenenbildung werden von der Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) für die besten österreichischen Sendungen verliehen, die einen hohen Bildungsgehalt besitzen. Aus 55 Einreichungen von acht Fernsehanstalten wurden 17 Sendungen für die Preisvergabe in den Kategorien „Talkformate“, „Dokumentation“, „Fernsehfilm“ und „Sendereihen“ nominiert. 

Diskussionssendungen

In dieser Kategorie ging der Fernsehpreis an: Ivana Veznikova, Thomas Lindermayer und Antina Zlatkova für die Sendung „Gebärdensprache“ von Okto-TV. 

Die Sendung „Gebärdensprache“ blickt auf die Gehörlosenkultur und ihre Sprachen. Denn Gehörlose haben viele Sprachen. Wir lernen erste Vokabeln der Gebärde und alle Folgen der Reihe sind untertitelt und in Gebärdensprache übersetzt. In der Begründung der Jury wurde dieses sehr wichtige und vielen nicht bewusste Thema hervorgehoben, das angenehm unaufgeregt umgesetzt wird. Und: Man fühlt sich auch als Hörender eingeladen und lernt sehr viel in dieser Diskussionssendung.

Ivana Veznikova ist Psychologin und arbeitet in der Behindertenhilfe. Seit ihrer Geburt lebt sie mit einer Körperbehinderung und ist Rollstuhlfahrerin. Sie will vermitteln, wie vielfältig und erfüllt das Leben mit Behinderung sein kann. Diversität sieht sie als gesellschaftliches Potenzial an und sie zeigt Gemeinsamkeiten von Menschen mit und ohne Behinderung auf. 

Thomas Lindermayer ist Historiker und Medienproduzent und widmet sich besonders der barrierefreien Videoproduktion. Untertitelung, Gebärdensprache, akustische Bildbeschreibung oder „leichte Sprache“ sind dabei die Themen. Lindermayer war sieben Jahre Produktionsleiter bei „Okto“ und unterrichtet als Lehrbeauftragter am Publizistikinstitut der Universität Wien.

Antina Zlatkova ist Kamerafrau, Cutterin und Medienpädagogin. Sie hat Publizistik an der Universität Wien sowie TransArts an der „Angewandten“ studiert. Sie gilt als der kreative Kopf von „mediengarten“, einer Okto-Einheit mit Schwerpunkt Medienpädagogik. Zlatkova leitet u.a. Foto- und Videokurse für Kinder und Erwachsene. Mit der Reihe „Perspektivenwechsel“ will sie dazu beitragen, dass Stereotypen aufgebrochen werden und Neues gelernt wird.

Fernsehpreis-Diskussionssendungen_w

In der Kategorie Diskussionssendung ging der Fernsehpreis an: Ivana Veznikova, Thomas Lindermayer und Antina Zlatkova für die Sendung „Gebärdensprache“ von Okto-TV
Foto: ORF

Kategorie Dokumentation

In dieser Kategorie wurde der Fernsehpreis an Lisa Gadenstätter vergeben für die „Dok-1“-Sendung „Sind wir Rassisten?“ 

Die „Dok-1“-Sendung „Sind wir Rassisten“ führt uns vor Augen, wie leicht wir manipulierbar sind und wie schnell wir auch selbst zum Täter oder zur Täterin werden können. Jane Elliot,1 die amerikanische Lehrerin und Aktivistin gegen Rassismus hat dieses Experiment entwickelt. „The blue eyes and brown eyes exercise“ ist nunmehr einem breiten Publikum zugänglich. Sehr erfreulich ist, dass der ORF die Kurz- und die Langversion über die TV-Thek zur Verfügung stellt.

Die Jury begründete die Auszeichnung damit, dass die Dokumentation drastisch aufzeigt, wie schnell Menschen, die glauben, dass sie über dem Thema Diskriminierung und Rassismus stehen, selbst zu Rassisten werden können. Die Dokumentation ist mutig und innovativ gestaltet und dabei auch sehr lehrreich. Sie hat das Zeug zu einem Klassiker für Aufklärung gegen Rassismus zu werden.

Lisa Gadenstätter, 1978 in Salzburg geboren, studierte Publizistik sowie Theaterwissenschaften. Nach dem Abschluss ihres Studiums absolvierte sie ein Praktikum bei „ABC New York“. Im Oktober 1998 kam sie als Nachrichten-Trainee zu Ö3 und ab April 2007 präsentierte sie in ORF 1 die „ZIB 20“ und moderierte außerdem die „ZIB 24“. Seit März 2019 ist Lisa Gadenstätter neben Hanno Settele Haupt-Host der wöchentlichen „Dok-1“-Schiene. Darüber hinaus begrüßt sie zum wöchentlichen „Talk 1“. 

Fernsehpreis_Begruendung-der-Jury_Gerhard_Bisovsky_w

Gerhard Bisovsky, Sprecher der Jury und Leiter des Büros Medienpreise, Verband Österreichischer Volkshochschulen.
Foto: ORF

Bereits zwei Mal war Gadenstätter für den Fernsehpreis nominiert, 2019 mit der Reihe „Mein Wahlometer“ und der Dokumentation „Was die Schule aus uns macht“. Sie ist Trägerin vieler Auszeichnungen, so des Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreises (2018) sowie der Gold-World-Medal „Best News Documentary“ des New York Festival. Beide Preise erhielt sie für die „Dok-1“-Sendung „Schluss mit Schuld – Was der Holocaust mit mir zu tun hat“. 2019 und 2020 wurde sie zur Journalistin des Jahres in der Kategorie Chronik gekürt, 2020 erhielt sie die Romy und den „Silver Living JournalistInnen Award“ – beide Preise für die „Dok-1“-Sendung über die „Träume der 100-Jährigen“.

Kategorie Fernsehfilm

Der Fernsehpreis wurde für den Landkrimi „Das Mädchen aus dem Bergsee“ an Eva Testor für das Drehbuch und die Kamera, an Mirjam Unger für die Regie und an Klaus Lintschinger für die ORF-Redaktion.

„Das Mädchen aus dem Bergsee“ spricht ein Thema an, das nach wie vor stark tabuisiert wird, nämlich den sexuellen Missbrauch in der Familie. Dass dieses Thema im populären Genre des Krimis bearbeitet wird, trägt zu einer verbreiterten Auseinandersetzung bei. Gestaltet wurde dieser Landkrimi von Frauen: Drehbuch, Kamera, Regie und Produzentinnen. 

Die Jury entschied sich für diesen Landkrimi, weil eine sehr aktuelle Thematik aufgegriffen wird, die in einer guten Dramaturgie und mit beeindruckenden Bildern umgesetzt wird. Mit dieser Realisierung wird ein wichtiger Beitrag für einen breiten öffentlichen Diskurs zum Thema sexueller Missbrauch in der Familie geleistet. 

Die 1967 in Hall in Tirol geborene Eva Testor studierte Bildtechnik und Kamera an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien und schloss das Studium 2001 bei Prof. Christian Berger ab. Zusammen mit Nina Kusturica gründete sie die Produktionsfirma „mobilefilm“, bei der sie ein Jahrzehnt lang als Co-Geschäftsführerin und Produzentin tätig war. Seit 2013 ist sie freie Kamerafrau und Drehbuchautorin. Sie unterrichtet angehende FilmemacherInnen. 2016 erhielt sie die Goldene Romy für die „Beste Kamera/TV“ für die Folgen 1–5 der „Vorstadtweiber“. 

Mirjam Unger, Jahrgang 1970, arbeitete nach ihrem Studium der analogen Fotografie in Brasilien beim ORF-Radio „Zickzack“ und beim Jugendfernsehen „X-Large“. Sie studierte Filmregie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst und fand mit ihren Kurzfilmen bereits während des Studiums internationale Anerkennung. Sie ist Gründungsmitglied von „Radio FM 4“ und ist dort bis 2012 fixes Mitglied der Redaktion und des Moderatorenteams. Als Filmemacherin arbeitet sie für Kino und Fernsehen und erhält dafür nationale und internationale Preise. Mit „Maikäfer flieg“, nach dem autobiografischen Kindheitsroman von Christine Nöstlinger, erhält Unger mehrere Filmpreise und auch die Hauptdarstellerin, Ursula Strauss, wird ausgezeichnet. Für den Fernsehpreis der Erwachsenenbildung war sie bereits zwei Mal nominiert. Aktuell arbeitet sie gemeinsam mit Sandra Bohle an der Literaturverfilmung „Tu so wie schlafen“ nach Michael Köhlmeier. 2023 wird Mirjam Unger den Literaturauftritt Österreichs bei der Leipziger Buchmesse in Szene setzen und kuratieren. 

Klaus Lintschinger, der für die ORF-Redaktion ausgezeichnet wird, erhielt den Fernsehpreis der Erwachsenenbildung im Jahr 2019 für den Spielfilm „Das Wunder von Wörgl“. Lintschinger ist für zahlreiche Produktionen verantwortlich, die u.a. mit dem Grimme-Preis, der Bambi, der Romy, der Fipa d’Or, dem Shanghai TV Award, der International Emmy usw. ausgezeichnet wurden. Seit 1997 ist Klaus Lintschinger Redaktionsleiter für Fernsehfilm im ORF. 

Kategorie Sendereihen

Die Jurymitglieder haben sich für „Fannys Friday“ entschieden. Der Fernsehpreis der Erwachsenenbildung geht daher an die Sendungsverantwortliche Irina ­Oberguggenberger. 

Die Wissenssendung „Fannys Friday“ richtet sich an junge Erwachsene, an die sogenannte Generation Youtube. Das junge engagierte Team versucht gestalterisch das Beste aus den beiden Welten online und lineares Fernsehen zu vereinen. Alles, was wir „noch nicht“ wissen, das läuft in Fannys Friday. Ein Fixstarter in jeder Sendung ist der Molekularbiologe Martin Moder. In „Moder Talking“ zerkleinert er die großen wissenschaftlichen Themen in kleine und verständliche Happen. Verständlich und in zeitgemäßer Form werden wissenschaftliche Themen behandelt und mit Mythen und Falschinformationen wird aufgeräumt. 

Aus der Begründung der Jury: Dieses innovative und zeitgemäße Wissensformat spricht eine Generation an, die angeblich nicht mehr das Fernsehen nutzt. Die Wissensvermittlung ist gut gelungen, und ohne peinlich zu sein, werden wissenschaftliche Themen unterhaltsam bearbeitet.

Irina Oberguggenberger startete beim Privatradiosender „Antenne Tirol“. Mit 22 Jahren kam sie über die ORF-Akademie zur damals neu gegründeten ORF1-Info unter Lisa Totzauer. Irina Oberguggenberger gestaltete Beiträge für das ZiB-Magazin und die ZiB-Sendungen auf ORF 1. An der Gründung der ORF-1-Webabteilung „Meins“  war sie maßgeblich beteiligt. Sie leitete verschiedene Online- und Fernsehformate wie zum Beispiel „Wahlfahrt“, „Settele in der Loge“, „Settele an der Kreuzung“, „Nationalraten“. 2020 wechselte sie zum ORF-1-Channelmanagement und verantwortet Sendungen wie die „ORF 1 Freistunde“ und „Fannys Friday“. 2018 erhielt Oberguggenberger den Österreichischen Journalismuspreis 2018 in der Kategorie „Digitale Medien“ für den Onlinebeitrag „Wie kann ich Müll vermeiden“ auf ORF Meins. 

53-Fernsehpreis-EB_w

Axel-Corti-Preis 2021

Für 2021 haben sich die Mitglieder der Jury nach einer ausführlichen Diskussion und einer anschließenden geheimen Abstimmung entschieden, den Axel-Corti-Preis an Lou Lorenz-Dittlbacher zu verleihen. 

Der Axel-Corti-Preis wird, so begründete die Jury ihre Entscheidung, für ihre hervorragenden Recherchen und Hintergrundberichte, die klare und präzise Sprache, vor allem aber für die hartnäckige und kritische Interviewführung zugesprochen. Ihre klugen und insistierenden Fragen sowie ihr engagiertes und authentisches Auftreten tragen maßgeblich zu einem  kurzweiligen, gehaltvollen und qualitativ hochwertigen
Nachrichtenerlebnis bei. 

Die 1974 in Wien geborene Marie-Louise Lorenz-Dittlbacher absolvierte ihre journalistische Ausbildung in einem Hochschulkurs für Europajournalismus an der Universität Wien. Zuvor hatte sie Latein als Lehramt studiert und sie spricht auch heute noch davon, wie sehr das Studium dieser Sprache zum Verständnis der eigenen Kultur und Sprache beigetragen hat. Wie wir wissen, ist sie nicht Lehrerin geworden, sondern Journalistin und Autorin. Aber beide Berufe zeichnen sich durch einige Gemeinsamkeiten aus, es geht um Vermittlung und um Verständnis. Nach Tätigkeiten bei einigen Printmedien und beim Privatsender W1 (heute: ATV) kam sie 1999 zum ORF und ist seitdem als Redakteurin der „Zeit im Bild“ tätig. Sie wirkte an der Entwicklung der „ZiB 24“ mit und seit dem Sommer 2010 moderiert sie die „ZiB 2“. Lou Lorenz-Dittlbacher moderiert seit 2014 die „ZiB 2 History“, die ein Jahr darauf mit der Romy ausgezeichnet wurde. Als sie für dieses gemeinsam mit Matthias Schmelzer entwickelte Format den Preis der Romy-Akademie übernahm, würdigte sie – 70 Jahre nach der Befreiung des KZ Dachau – ihren Großvater, der als Kommunist von den Nationalsozialisten dorthin verschleppt wurde und als politischer Häftling interniert war. 

Ein Anliegen ist es ihr auch, Frauen sichtbarer zu machen, wiewohl – so Lou Lorenz-Dittlbacher im Interview zum Weltfrauentag3 – dies eigentlich paradox ist, weil Frauen ja unglaubliche Leistungsträger sind. 

2018 erschien im Residenzverlag ihr Buch „Der Preis der Macht“, in dem acht ehemalige Spitzenpolitikerinnen, von ihrem Aufstieg, den ergriffenen aber auch verpassten Chancen, von Männernetzwerken und der Zeit nach der Spitzenpolitik berichten. Bei der Arbeit an diesem Buch hat sie sehr viel über Politik und ihre Mechanismen, durch die Frauen anders bewertet werden als Männer, gelernt. Ihre Aufgabe sieht sie darin, Sachverhalte, Vorgehensweisen und Menschen zu verstehen und Zusammenhänge zu vermitteln. Und wenn sie das nicht versteht, dann hinterfragt sie das „mit ihren Mitteln“. Wenn Sie mehr über ihre Gäste bzw. über schwierige Gäste wissen wollen, dann empfiehlt sich ein Blick in eine Februarausgabe von „Willkommen Österreich“ aus dem Vorjahr.4 Bildung ist ihr ein wichtiges Anliegen. Denn Bildung gibt Chancen und aus denen soll man im Leben etwas machen. 

Die Preisüberreichung erfolgte durch RepräsentantInnen der preisverleihenden Verbände der Konferenz der Erwachsenenbildung (KEBÖ): Erich Wagner-Walser für die ARGE Bildungshäuser, Michael Sturm für das Berufsförderungsinstitut, Markus Feigl für den Büchereiverband Österreichs, Martina Bauer für das Forum Katholischer Erwachsenenbildung, Gerald Pfabigan für das Ländliche Fortbildungsinstitut, Georg Primas für den Ring Österreichischer Bildungswerke, Daniela Schratter für den Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, Lukas Laurin Oppermann für die Volkswirtschaftliche Gesellschaft und John Evers für den Verband Österreichischer Volkshochschulen. Die Begrüßung nahm der Kurator des Berufsförderungsinstituts, Wolfgang Katzian, vor. //

1   Siehe: https://janeelliott.com/

2   Siehe: https://zukunft.orf.at/show_content.php?sid=147&pvi_id=2037&pvi_medientyp=v&oti_tag=NextGeneration

Bisovsky, Gerhard (2021): 53. Fernsehpreise der Erwachsenenbildung überreicht. Magazin für Erwachsenenbildung. Herbst 2021, Heft 274/72. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

Kommentare

Neuen Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Zurück nach oben