Rudolf Egger/Gerhard Bisovsky (Hrsg.): Die Volkshochschule im 21. Jahrhundert. Gemeinsam lernend (Aus-)Wege finden.

Rudolf Egger/Gerhard Bisovsky (Hrsg.): Die Volkshochschule im 21. Jahrhundert. Gemeinsam lernend (Aus-)Wege finden.
Wiesbaden: Springer 2023, 294 Seiten.

Drei Grundkonstanten charakterisieren den Bildungsauftrag österreichischer Volkshochschulen:

  • unbeschränkter Zugang zu Wissen und Öffentlichkeit,
  • Stärkung der demokratischen Gesellschaft,
  • gesamtgesellschaftliche Überparteilichkeit.  

Dieses Selbstverständnis und die damit verbundene bildungspolitische Positionierung werden eingangs in einem Interview, das John Evers, Generalsekretär mit Heinz Fischer (Bundespräsident a. D.), Präsident des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen führte, konkretisiert. Als die großen Herausforderungen der Gegenwart apostrophiert Heinz Fischer Klima, Energie und Krieg, denen Gesellschaften mit Frieden, Demokratie und Menschenrechten begegnen sollten. Bildung ist dabei ein unterstützendes Mittel – das dafür nötige Bildungsangebot bereitzustellen, hält der Präsident für eine „Gemeinschaftsaufgabe“ von Staat, Ländern, Gemeinden und weiteren gesellschaftlichen Playern.

Dieses Selbstverständnis teilen auch die Herausgeber, Rudolf Egger, Professor für Lernweltforschung an der Universität Graz, und Gerhard Bisovsky, langjähriger Generalsekretär der Verbandes Österreichischer Volkshochschulen. Mit ihrer Publikation wollen sie zeigen, wie in krisenhafter gesellschaftlicher Situation – in einer „Zeitenwende“ – Hilfe zur Selbsthilfe mittels Bildungs- und Lernangeboten geleistet werden kann. Dabei schwingt mit: Großer Respekt vor Individualisierung und Individuum, das gegenüber Krisen der Gegenwartsgesellschaft durch ein „neues Miteinander“ – gemeinsam lernen, denken, handeln – gestärkt werden soll. 

Diese Zielsetzung wird im ersten Schwerpunkt des Bandes durchwegs thematisiert. Unter Bezug auf die Covid-19-Pandemie, die zu einer tiefgreifenden Disruption führte, werden die Auswirkungen auf das Geschehen in der Bildungspraxis und -organisation dargestellt. Das betrifft u. a. die (Nicht-)Teilnahme an Kursen, Demotivation von Lehrenden und Lernenden, finanzielle Verluste und Engpässe, notwendige Digitalisierung, allgemeine Unsicherheit bei der Bildungsplanung. Aber diese Krise war auch Anlass, Bewährtes, wie z. B. bestehende Netzwerkarbeit auszubauen, neue Lehr- und Lernformen zu entwickeln oder die Strategie- und Organisationsprozesse innovativ zu gestalten. 

Ein zweiter Schwerpunkt richtet den Blick auf europäische bildungspolitische Strategien. Dabei werden Verbindungen zwischen der Erwachsenenbildung mit dem gesamten Bildungswesen, speziell mit dem Konzept des lebenslangen Lernens diskutiert. Zusätzlich zu Modellen und Programmen der Erwachsenenbildung wird die Volkshochschule als „unverzichtbare Institution bei der Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklungen“ (Gerhard Bisovsky) präsentiert.

Der dritte Schwerpunkt bietet Beispiele gelingender Bildungsarbeit – Good Practice. Erörtert werden erfolgreiche Angebote der Basisbildung, die, im deutschen Sprachraum noch etwas weniger als in Skandinavien etablierten, „Studienzirkel“ sowie die Rolle der „Begegnung“ in Bildungsprozessen, die sich durch die Digitalisierung verändern. 

Im Buch fällt eine leichte Überzahl der Beiträge mit Bezug zur Steiermark auf. Ob dies mit der seit vier Jahrzehnten an der Universität Graz angebotenen Lehre und Forschung und der damit einhergehenden Professionalisierung für die Erwachsenenbildung zu tun hat, kann nur vermutet werden. 

Schade, dass verhältnismäßig wenige Beiträge von Frauen verfasst wurden – ist doch die Klientel der Volkshochschulen zu über 70 Prozent weiblich. Eventuell kann ein Folgeband die Vielzahl der theoretisch und praktisch qualifizierten Frauen in der Volksbildung mehr berücksichtigen, ihrer Kompetenz und ihrem Bildungsverständnis mehr Stimme geben. Damit könnte das im Buch idealisierte „Miteinander“ geschlechtergerecht konkretisiert und realisiert werden.

Fazit: Ein lesenswertes Buch. Es macht neugierig auf eine Fortsetzung, die – ergänzend und erweiternd – beiträgt, den ganzen sozialen Kosmos der österreichischen Volkshochschulen zu erhellen. //

Lenz, Werner (2024): Rudolf Egger/Gerhard Bisovsky (Hrsg.): Die Volkshochschule im 21. Jahrhundert. Gemeinsam lernend (Aus-)Wege finden. In: Die Österreichische Volkshochschule. Magazin für Erwachsenenbildung. Frühjahr/Sommer 2024, Heft 282/75. Jg., Wien. Druck-Version: Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien.

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