Schlechte Nachrichten – schon seit längerer Zeit. Die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt. Besonders davon betroffen sind Personen, die über 50 Jahre alt sind – ihr Anteil beträgt mehr als ein Viertel. Details gibt das AMS monatlich bekannt. Für April 2015 lauten die Kennzahlen aus der „Übersicht für den Arbeitsmarkt“: 419.875 Personen, knapp 70.000 davon in Schulungen, sind ohne Beschäftigung.2 Fast 100.000 davon waren 50 Jahre und älter.
Im Auftrag des AMS haben sich Sabine Putz und Petra Tamler mit altersspezifischer Personalpolitik, speziell mit der Problematik der Generation 50+, beschäftigt. Zunächst geben die Autorinnen eine demographische Erklärung. In der erwerbstätigen Bevölkerung ist ein zunehmend höheres Alter festzustellen. Die „Baby-Boomer“, ab Anfang der 1960er-Jahre geboren, rücken in die Generation 50+ vor. Diese starken Geburtsjahrgänge werden noch etwa zwei Jahrzehnte bleiben. Zugleich werden die Wege zur Frühpensionierung enger, ältere ArbeitnehmerInnen gehen später in Pension und bleiben länger im Erwerbsleben. Dadurch ergeben sich in dieser Altersgruppe im Gegensatz zu früher: mehr Erwerbstätige – die Zahl der nicht selbständig Beschäftigten ist 2014 auf 3,5 Millionen, davon gehören etwa 816.000 zur Generation 50+, gestiegen – und mehr Arbeitslose.
Ältere Arbeitskräfte, die nicht stabil beschäftigt sind, haben nach Verlust ihres Arbeitsplatzes Schwierigkeiten, wieder beschäftigt zu werden. Statistisch zeigt sich das in der längeren Verweildauer als Arbeitslose – im Schnitt bis zu 131 Tagen, bei Personen zwischen 25 und 49 Jahren beträgt sie 104 Tage. Personen über 50 Jahre sind auch häufiger langzeitarbeitslos – über ein Drittel sind mehr als ein Jahr ohne Beschäftigung.
Die vorliegende Studie stellt fest, dass nur ein knappes Drittel der österreichischen Unternehmen MitarbeiterInnen über 55 Jahre beschäftigt. Mit Hilfe von Literaturanalyse, Befragung von Betrieben sowie mit Fallanalysen von vier Unternehmen, die ein Beratungsmodell des AMS bezüglich „Productive Ageing“ einsetzten, kommt die Studie zu differenzierten Einsichten und konkreten Handlungsempfehlungen.
Dazu gehören die „strategische Förderung von Älteren durch Weiterbildung, die eher mittlere und größere Unternehmen erwarten“ aber auch arbeitsmarktpolitische Unterstützung wie z.B. finanzielle Anreize und Betriebsberatung. Die Einstellung Älterer soll nicht als Belastung oder Herausforderung angesehen oder erfahren werden. Generell ist Sensibilisierung für das Thema „Beschäftigung älterer MitarbeiterInnen“ angebracht. Das beinhaltet Ältere bei der betrieblichen Weiterbildung stärker zu berücksichtigen und einen ressourcen- statt defizitorientierten Blick auf sie zu richten. Die Autorinnen empfehlen eine „alterssensible Personalentwicklung“ und den Einsatz altersgemischter Teams. Die Arbeits- und Leistungsfähigkeit solle „lebenszyklusorientiert“, also für alle Lebensphasen berücksichtigt werden, Konzepte der Antidiskriminierung, ähnlich wie beim Gender Mainstreaming oder bei der Gleichstellung der Geschlechter, sollen zum Einsatz kommen.
Kann Erwachsenenbildung – jenseits fachlicher Qualifikation – etwas bewirken? Ich denke schon. Die Autorinnen bemerken, dass sich Betriebe eher wenig mit der Problematik auseinandersetzen. Man meint diesbezüglich genug zu wissen, allerdings widerspricht dies den Aussagen der Personalisten in den Fallstudien: Erwachsenenbildung könnte dem Thema „Alter“ mehr Aufmerksamkeit, weniger mit Blickrichtung auf „Lernen und Weiterlernen“, sondern im Hinblick auf die allgemein steigende Lebenserwartung geben. Pro Jahr nimmt diese auch für uns um drei Monate zu. Menschen, die ab 2000 geboren wurden, haben gute Chancen durchschnittlich etwa 100 Jahre alt zu werden.
Wir leben gesünder und länger, wir werden älter als frühere Generationen. Defizitorientierte Altersbilder sollten aufgegeben werden. Die Bevölkerungsstruktur verändert sich. Neue Lebenskonzepte, neue Lebensplanungen – individuell und gesellschaftlich – bezogen auf das Verhältnis von Aufwachsen, Berufstätigkeit, Bildung, Fortbildung und Ruhestand werden notwendig. Oder anders: Was tun in dieser neu gewonnenen Lebenszeit von durchschnittlich bis zu 30 Jahren? Vielleicht wollen Einrichtungen der Erwachsenenbildung sich zusammen mit ihrer potenziellen Langzeitklientel intensiv für dieses Thema engagieren? //
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